15:00 KOMMUNAL

Onlineplattform zur Kreditaufnahme: Auch Darlehen gibt es digital

Teaserbild-Quelle: chompoo/Shutterstock

Die Aufnahme von Fremdkapital ist einer der mühsamsten Verwaltungsprozesse: Angebote einholen, vergleichen und verstehen kostet viel Zeit. Die junge Firma Loanboox vereinfacht die Kreditaufnahme mit einer Onlineplattform radikal, reduziert die Kapitalkosten für Gemeinden massiv und mischt den Markt auf.

Digitale Darlehen

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Digitalisierung sei Dank: So einfach wie heute, kamen Gemeinden noch nie zu einem Kredit.

Auf die Idee kam er in den Ferien. Stefan Mühlemann, erfolgreicher Unternehmer in Sachen Fremdkapitalberatung, wunderte sich seit längerem, wieso die Finanzierung der öffentlichen Hand so kompliziert ist. «Alle anderen Finanzgeschäfte, die dermassen standardisiert sind, werden schon längst über Online-Plattformen abgewickelt», dachte er sich.

Kantonen und Gemeinden Geld zu leihen, sei im Grunde ein sehr einfaches Geschäft, denn die Bonität der Kreditnehmer ist hoch und das Risiko tief. In Zeiten von Negativzinsen sind solche Anlagen zudem erst noch höchst lukrativ. Also wollte Mühlemann ein Portal entwickeln, das öffentlich-rechtliche Kreditnehmer mit institutionellen Anlegern zusammenbringt.

Mühsame Prozesse zur Kreditaufnahme

Er kontaktierte 30 Kantone und Gemeinden sowie institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionskassen und fand heraus, dass fast alle den Prozess der Kreditaufnahme respektive -vergabe als mühsam empfanden: Aufwendig, intransparent, teuer und nicht sicher seien solche Geschäfte, so das Fazit.

Risiko von versteckten Kosten

Seitens der Gemeinden würden jeweils viele Abklärungen gemacht, Formulare ausgefüllt und Verträge geprüft. Wichtige Dokumente gingen während des Versands verloren oder treffen so spät ein, dass ein kurzfristiges Angebot beim Eintreffen der Alternative schon nicht mehr gültig sei.

Oft würden Gemeinden bei einem Angebot eines Brokers lange gar nicht wissen, wer überhaupt der Kreditgeber sei. Und die Verträge seien so kompliziert, dass oft versteckte Kosten lauern. «Da realisierte ich, dass der Markt auf eine solche Plattform gewartet hat», sagt Mühlemann.

Über 100 Kapitalgeber

Im September 2016 ging Loanboox online und mischte den Markt ordentlich auf. «Rund 300 Kreditnehmer haben bis Ende April Anfragen mit einem Volumen von über 2,5 Milliarden Franken gemacht. Mehr als 100 Kapitalgeber sind auf der Plattform aktiv», sagt Mühlemann. Über 40 Prozent der Bevölkerung lebe in einem Kanton, einer Stadt oder einer Gemeinde, die bereits auf Loanboox aktiv ist.

Tiefere Gebühren

Die Ziele sind hochgesteckt: Langfristig will Mühlemann 80Prozent der Finanzierungen auf kantonaler und kommunaler Ebene über Loanboox abwickeln. Das ist eine hohe Zahl, aber für sein Start-up essenziell. Denn nur mit einem grossen vermittelten Kreditvolumen können die markant tieferen Gebühren im Vergleich zu einer herkömmlichen Kreditvergabe auch längerfristig tief bleiben. Ein Kredit über Loanboox kostet den Kreditnehmer lediglich 1 Basispunkt pro Laufzeitjahr, also 0,01 Prozent der Kreditsumme. Für den Kreditgeber ist die Vermittlung gratis.

Millionen könnten gespart werden

«Für das Beschaffen von Fremdkapital geben Kreditnehmer jährlich über 900 Millionen Franken aus, Zinsen sind dabei nicht eingerechnet. Würden alle Kredite über unsere Plattform vergeben, könnten 90 Prozent dieser Kosten gespart werden», so Mühlemann.

Sollte er mit dem Portal wider Erwarten scheitern, droht den Gemeinden kein Verlust: Alle Verträge werden direkt zwischen Kreditnehmer und Kapitalgeber abgeschlossen. Loanboox fungiert lediglich als Kommunikationsplattform.

Kurzfristig Angebote einsehen

Doch nicht nur 90 Prozent der Kosten, auch 90 Prozent der Zeit könne man mit Loanboox einsparen, ist CEO Mühlemann überzeugt. «Man füllt über unsere Plattform die Anfrage einmal aus und die Angebote kommen zum gewünschten Zeitpunkt automatisch.»

Da Angebote mit einem attraktiven Zinssatz oft nur maximal zwei Tage gültig sind, könnte sich eine Gemeinde dann einfach 15 Minuten vor der entscheidenden Gemeinderatssitzung die Angebote bestellen, stellt sich Mühlemann den Idealfall vor. Innert weniger Minuten kann das Geschäft so abgewickelt werden. Und ist man nicht sicher, welche Laufzeit man für das Darlehen wünscht, stellt man einfach mehrere Anfragen. «Das lässt sich mit wenigen Klicks bewerkstelligen», so Mühlemann.

Kleingemeinden könnten besonders profitieren

Bisher sind es vor allem grössere Kantone und Städte, welche die Plattform nutzen. «Die kleineren Gemeinden sind bei einer Innovation berechtigterweise meist etwas zurückhaltender und warten die Erfahrungen der grösseren ab.» Aber gerade Kleingemeinden können laut Mühlemann überproportional von Vereinfachungen im Finanzierungswesen profitieren. Denn ihnen fehle oft das Know-how, um sich im Vertragsdschungel schnell einen Überblick verschaffen zu können.

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