Gegner der Umfahrung Aarwangen blasen zum Abstimmungskampf
Im Hinblick auf die kantonalen Abstimmungen über Umfahrungsstrassen im Emmental und Oberaargau im kommenden März lancieren die Gegner dieser Tage den Abstimmungskampf. Besonders umstritten ist die geplante Umfahrung in Aarwangen.
Quelle: Swiss Interactive AG
Bei der Verkehrssanierung Aarwangen soll unter anderem eine 480 Meter lange Brücke über der Aare gebaut werden (Visualisierung).
Die 3,6 Kilometer lange Strasse soll mitten durch eine bislang intakte Landschaft führen und hat den Verlust von Kulturland zur Folge. Mit dem Projekt will der Kanton die Oberaargauer Gemeinde künftig vom Durchgangsverkehr entlasten.
Gegner wie Befürworter sind sich zwar einig, dass die Verkehrssituation in Aarwangen nicht tragbar ist. Durch den Ortskern zwängen sich zu Spitzenzeiten 1500 Fahrzeuge pro Stunde – darunter viele Lastwagen. Doch zur Frage, wie das Problem zu lösen ist, gehen die Positionen auseinander.
Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten
Der Kanton plane seit über dreissig Jahren eine millionenteure Umfahrung. Nun liege ein Projekt vor, das «völlig aus der Zeit fällt», kritisieren die Gegner, die sich unter anderem in der Interessengemeinschaft «Natur statt Beton» zusammengefunden haben.
Neue Strassen fördern ihrer Ansicht nach nur den Mehrverkehr und verlagern die Probleme an einen anderen Ort, statt sie dauerhaft zu lösen. Der Kanton habe sich einzig auf Lösungen für den motorisierten Individualverkehr beschränkt, anstatt das Problem ganzheitlich anzugehen.
Für die Interessengemeinschaft ist klar, dass das Problem vor allem durch die strassengebundene Führung der Regionalbahn der Aare Seeland Mobil entsteht. Im Volksmund wird das Bähnchen «Bipperlisi» genannt. Unfälle zwischen ihm und Autos sind in Aarwangen nicht selten.
Die Bahn soll mit dem Tunnel von der Strasse getrennt werden, so dass die Bahnübergänge in Aarwangen wegfallen. Damit könne auch die Verkehrssicherheit verbessert werden, ist die Vereinigung der Ansicht.
Die Interessengemeinschaft ist nach eigenen Angaben eine Koalition aus Bauern, Anwohnern, Verbänden und Parteien. Unterstützt wird die Gruppierung unter anderem vom VCS und vom WWF. Für Freitagabend wurde in der Region zum Auftakt des Abstimmungskampfs die Entzündung eines Mahnfeuers geplant.
Strasse fehlt seit 20 Jahren
Die Befürworter betonen ihrerseits, dass die Massnahmen in enger Zusammenarbeit mit der Region und auch mit Umweltverbänden erarbeitet wurden. Die Umfahrung sei ein grosses Bedürfnis der Bevölkerung.
Im Mai 2017 genehmigten die Stimmberechtigten des Kantons Bern mit über 60 Prozent Ja-Stimmen den Projektierungskredit. In der betroffenen Region Oberaargau lag der Ja-Stimmen-Anteil bei fast 69 Prozent.
Im Berner Kantonsparlament, dem Grossen Rat, sagte der Oberaargauer Grossrat Reto Müller (SP), der Leidensdruck in der Region sei gross. «Diese Strasse fehlt uns seit 20 Jahren». Auch die lokale Wirtschaft brauche diesen Zubringer.
Referendum gegen Umfahrungsprojekte
Auch der kantonale Baudirektor Christoph Neuhaus (SVP) verteidigte die geplante Verkehrssanierung als angemessen. Weitere Abklärungen führten einzig zu Verzögerungen, gefährdeten bereits zugesicherte Bundesgelder und lösten die Verkehrsprobleme nicht.
Im Grossen Rat stellten sich SP, Grüne, Grünliberalen und EVP gegen das Projekt. Für die Umfahrungsprojekte im Oberaargau und im Emmental sprach der Grosse Rat in der vergangenen Junisession Kredite im Umfang von total 412 Millionen Franken.
Gegen beide Strassenprojekte wurde mit über 23'000 Unterschriften erfolgreich das Referendum ergriffen. Die Projekte kommen daher im März vors Volk. Der Kanton Bern will die Öffentlichkeit am 13. Februar über seine Argumente für die Verkehrsprojekte informieren.
3,6 Kilometer Umfahrungsstrasse
Die Umfahrung Aarwangen will den Durchgangsverkehr über eine 3,6 Kilometer lange, zweispurige Umfahrungsstrasse an Aarwangen vorbei lenken. Die neue Strasse zweigt nordwestlich von Aarwangen von der Kantonsstrasse ab, quert die Aare auf einer 480 Meter langen Brücke, führt beim Spichigwald in einen rund 500 Meter langen Tunnel und mündet östlich von Bützberg in die Bern-Zürich-Strasse.
Auch im Emmental will der Kanton den Raum Burgdorf/Oberburg/Hasle vom Verkehr entlasten. Dort soll ein Zusammenspiel von 19 Massnahmen Abhilfe schaffen. Als Hauptmassnahmen umfasst das Projekt mit dem Namen «Emmentalwärts» Umfahrungen für Oberburg und Hasle sowie zwei neue Bahnunterführungen in Burgdorf.