Bauwirtschaft Espace Mittelland: Dynamik auf hohem Niveau gebremst
In der Berichtsperiode korrigierten die meisten Segmente. Die geplante Summe Hochbausumme blieb überdurchschnittlich. Freiburg und Bern ragten heraus. Der Bürobau wirkt wieder als Treiber, während die Auftragslage gesamthaft zuversichtlich stimmt.
Die Bauregion Espace Mittelland konnte bei den geplanten Hochbauinvestitionen den Stand der Vorperiode nicht annähernd erreichen. Damals schossen die Hochbauinvestitionen auch dank eines Grossprojekts um 25,3 Prozent oder weit mehr als zwei Milliarden Franken auf einen Rekordwert in die Höhe. Entsprechend korrigierte in der aktuellen Berichtsperiode die auf Basis von Gesuchen ermittelte Hochbausumme um 11,9 Prozent. Unter dem Strich lagen in der Region die Investitionen in Hochbauten gesamthaft aber immer noch über dem Fünfjahresdurchschnitt, was auf eine stabile Entwicklung hindeuten dürfte. Alle Kantone trugen zum überdurchschnittlichen Ergebnis bei mit dem Jura als Ausnahme.
Freiburg strotzt vor Kraft
Im Freiburgischen dürfte sich das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe dynamisch entwickeln, denn der Kanton konnte trotz der absehbaren Korrektur wegen des Grossprojekts in Bulle (FR) den Fünfjahresdurchschnitt egalisieren. Der Wert geplanter Hochbauprojekte könnte auch ohne das Milliardenprojekt den kantonsweiten Durchschnittswert weit übertreffen. Ohnehin spielte die Musik in den letzten Jahren im Kanton Freiburg, der es dieses Mal als einziger der fünf Kantone schaffte, die eigene Position innerhalb der Bauregion zu stärken, wie Zahlen der Infopro Digital Schweiz GmbH zeigen. Über die letzten fünf Jahre weitete der Kanton seine Stellung stetig aus. Mittlerweile entfällt auf Freiburg im Mittel deutlich mehr als ein Fünftel der in der Bauregion Espace Mittelland geplanten Summe.
Quelle: Marti AG Bern
Dem Bau der Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg (KUB) vor 120 Jahren folgten über die Zeit Um- und Ausbauten. Mit dem Projekt «Jardins cultivés» wird das Ensemble den Nutzungsbedürfnissen angepasst. Bild: Beim Anbau aus den 1970er-Jahren befindet sich die zusätzlich vertiefte Baugrube für den Erweiterungsbau.
In ähnlicher Weise den Verlauf der Baukonjunktur prägen dürfte der Wohnbau. Nach dem guten Ergebnis in der vorangegangenen Berichtsperiode fiel die Wohnbausumme um 8,3 Prozent oder um mehr als eine halbe Milliarde zurück, wobei sich die Investitionen in Wohnbauten durchs Band in allen Kantonen abschwächte (Zahlen per Ende August). Augenfällig ist der Rückgang im Kanton Neuenburg, wo sie einen Einbruch von einer Viertelmilliarde Franken verzeichnete, was vor allem auf das Untersegment Mehrfamilienhäuser (MFH) zurückzuführen ist. Der Basiseffekt wurde durch den Umstand verstärkt, dass mehr als drei Viertel der Investitionen in Wohnbauprojekte dieses Untersegments fliessen, so viel wie in keinem der Kantone.
Entsprechend summierte sich der Fehlbetrag des MFH-Segments auf über 200 Millionen Franken, was im Vergleich zur Vorperiode einem Minus von 47,0 Prozent entsprach. Den Fünfjahresmittelwert verfehlten die Kantone Jura und Neuenburg um rund ein Viertel. Gesamthaft bewegte sich die geplante Wohnbausumme in der Region aber auf dem Durchschnitt.
Solider Boden für Wohnbau in Bern
Der Kanton Bern, auf den im Schnitt 50 Prozent aller in der Bauregion geplanten Wohnbauinvestitionen entfallen, wird seiner Führungsrolle im Espace Mittelland durchaus gerecht, aber erst auf den zweiten Blick. Im Vergleich zur Vorperiode schwächte sich die Wohnbausumme zwar ab (-5,5%), doch blieb die Bausumme im überdurchschnittlichen Bereich. Dabei dürfte der Wohnbau im Kanton noch vom Spitzenwert bei den Investitionen in der Vorperiode zehren. Die Marke von drei Milliarden Franken wurde auch in der aktuellen Berichtsperiode übertroffen, was die Auftragslage stimulieren wird.
Das Ergebnis in Bern getrübt hat das MFH-Segment, denn die geplanten Investitionen reduzierten sich zur Vorperiode um 8,2 Prozent oder um rund 200 Millionen Franken. Doch nahm der Gesamtwert geplanter Wohnbauprojekte trotz der Korrektur gleichwohl ein überdurchschnittliches Ausmass an. Hinzu kommt, dass einzig im Kanton Bern eine höhere Summe in den Bau von Einfamilienhäusern (EFH) fliessen wird als zum Vorjahresstichtag (+2,6%), wobei das Ergebnis in Reichweite des Fünfjahresmittels lag. Die Fehlbeträge der anderen Kantone in diesem Segment dürfte Bern allerdings bei Weitem nicht kompensieren können.
Dämpfer in Neuenburg und Jura
Im Kanton Freiburg, der mit einem Anteil von durchschnittlich 23,5 Prozent an den Wohnbauinvestitionen zu den Treibern der Bauwirtschaft in der Region zählt, zeichnet sich ein ähnlicher Verlauf ab wie in Bern. Die Investitionen für die Realisierung von mehrgeschossigen Wohnbauten gingen zwar um 3,2 Prozent zurück. Doch im Üechtland befand sich die Summe des MFH-Segments 11,1 Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt. Und der Projektwert des Segments übertraf im Kanton die Milliardenmarke – wie bereits in der Vorperiode. Beides sind klare Anzeichen für die anhaltende Dynamik beim Wohnbau im Kanton.
Davon kann beim EFH-Segment keine Rede sein. Nach vier Jahren mit reger Gesuchstellung für den Bau von Einfamilienhäusern blieb die Bausumme mit einem Minus von 12,8 Prozent unter den Erwartungen zurück und in ähnlichem Umfang unterdurchschnittlich. In den Kantonen Neuenburg und Jura dagegen fielen die Ergebnisse im Vergleich zur Vorperiode ausserordentlich schwach aus, wobei sich der Anteil an den Hoch- und Wohnbauinvestitionen der Bauregion über die letzten Jahre im Schnitt im hohen (NE) und im tiefen (JU) einstelligen Prozentbereich bewegte. Die geplanten Investitionen in Wohnbauten befanden sich in beiden Kantonen weit unter dem Durchschnitt.
Obwohl die Bausummen des MFH-Segments aufgrund der jeweils getätigten Investitionsvolumina höhere Volatilitäten aufweisen als jene des EFH-Segments, überraschte das Ausmass im Kanton Neuenburg dennoch. Im Vergleich zur Vorperiode büsste der Wohnbau im Kanton 42,0 Prozent des Projektwerts ein, auch lag die Summe ein Viertel unter dem Fünfjahresmittel. Zurückzuführen ist der Einbruch insbesondere auf das MFH-Segment, das in den beiden Vorperioden bei den Investitionen jeweils Spitzenwerte erreichte. Entsprechend markant fiel der Rückgang aus. Verstärkt wird die Malaise durch das Resultat im EFH-Segment. Um 19,3 Prozent schrumpften die Investitionen zur Vorperiode – bei gesamthaft unterdurchschnittlichem Projektwert.
Bei beiden Segmenten in ähnliches Fahrwasser geriet der Kanton Jura. Auffallend ist im ländlich geprägten Kanton der steile Abwärtstrend bei den Einfamilienhäusern, der sich auch mittelfristig zeigte. Trotz einer Stabilisierung in den beiden Vorperioden sind kantonsweit die Investitionen für den Bau von Einfamilienhäusern seit 2020 um 45,2 Prozent gesunken.
Solothurn als Abbild der Bauregion
Eine beachtliche Wohnbausumme ausweisen konnte Solothurn. Im Mittel werden auf dem Kantonsgebiet über 15 Prozent der Wohnbauinvestitionen der Region geplant. Der Kanton behauptete sich eindrücklich und kann die hohe Wohnbausumme der Vorperiode egalisieren. Vor allem das MFH-Segment dürfte eine überdurchschnittliche Dynamik auslösen. Beim EFH-Segment hielt sich das Minus mit 5,4 Prozent zwar in Grenzen, doch liess sich der Negativtrend über die letzten fünf Jahre nicht aufhalten, zumal die Marke von 300 Millionen Franken erstmals verfehlt wurde. Mit der Entwicklung bei den Einfamilienhäusern steht der Kanton allerdings nicht alleine da.
In der Region Espace Mittelland ist der mittelfristige Trend bei der Bausumme eindeutig negativ, was übrigens seit der Pandemie schweizweit zu beobachten war. Seit Jahren gehen die Investitionen in dieses Untersegment zurück. Mit einem Minus von 19,3 Prozent erreichte die EFH-Bausumme schliesslich einen neuen Tiefpunkt
Zwischenfazit: Im Gebiet von Espace Mittelland resultierten gesamthaft beim Hoch- und Wohnbau überdurchschnittliche Niveaus der Bausumme. Beim Vergleich mit der Vorperiode ist das Grossprojekt in Freiburg zu berücksichtigen.
Der übrige Hochbau verzeichnete eine ähnliche Entwicklung. Ein positives Zeichen setzten in Solothurn Industrie und Gewerbe, dem wichtigsten Segment des übrigen Hochbaus. Im bedeutenden Produktionsstandort mit langer Industrietradition planten Unternehmen wieder höhere Investitionen in den Ausbau des Gebäudeparks (+9,0%). Im Vergleich zur Vorperiode zu wachsen, gelang nur Solothurn. Trotz des vermeintlichen Erfolgs bewegten sich die Investitionen weit unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre, wobei die auffallend hohe Volatilität der Zahlen des Kantons in diesem Zeitraum durch mehrere Grossprojekte erklärt werden kann.
Quelle: zvg
Das Fabrikgebäude liess die Uhrenmanufaktur «Tavannes Watch» 1918 erstellen. Bis 2028 wird der emblematische Bau für 75 bis 80 Millionen Franken vollständig renoviert für die künftige Nutzung als regionales Verwaltungsgebäude.
In Bern und Neuenburg lagen die Investitionen von Industrie und Gewerbe immerhin über dem Fünfjahresmittel, obwohl sich die Bauinvestitionen von Gesellschaften im Vergleich zur Vorperiode abschwächten.
Jura spielt Vorteil aus
Trotz der Korrektur kann der Kanton Freiburg beim Industriesegment nachdoppeln. Die in den ersten drei Jahren der Dekade durchschnittlich geplante Bausumme (ohne Grossprojekt) übertrafen die Hochbauinvestitionen um über 70 Prozent. Zusammen mit der Realisierung des Grossprojekts ist damit neben Bulle auch kantonsweit die Basis für eine prosperierende Bauwirtschaft für die nächsten Jahre gelegt.
Überdurchschnittlich hohe Summen planen Industrie und Gewerbe für den Bau von Produktionsgebäude auch im Kanton Neuenburg, wenn auch der Wert der Vorperiode nicht erreicht wurde. Die Investitionsrechnung der Pôle Lux SA mit Sitz in Les Hauts-Geneveys betrifft den Bau eines Industriegebäudes in La Chaux-de-Fonds NE. Im Kanton mit einem guten Ruf als Standort für die mikroelektronische Forschung plant das Unternehmen für 16 Millionen Franken den Bau eines Produktionsgebäudes zur Herstellung von Mess- und Kontrollinstrumenten.
Doch die Jurahöhen sind auch bekannt für qualitativ hochstehende landwirtschaftliche Produkte. Der Gruyère AOP der Käserei in La Côte-aux-Fées NE wurde vor kurzem an der «Mondial du fromage et des produits laitiers» zum «Besten Käse der Welt» gewählt. Auch im Kanton Jura soll deshalb die günstige geografische Lage dazu genutzt werden, um die Produktion von Käse zu erweitern. In Le Noirmont JU plant die Miba Genossenschaft für 30 Millionen Franken die Vergrösserung eines Kellers zur Reifung von Bergkäse. Das Projekt konnte allerdings nicht verhindern, dass die Bausumme im Kanton Jura einen Einbruch erlitt – auf den tiefsten Wert der Zeitreihe. Mit Blick auf die künftige Bautätigkeit dürfte der ausserordentlich hohe Wert in der Vorperiode aber über die Jahresfrist hinaus positive Impulse auf die Auftragslage auslösen.
Vor einem Investitionsschub wird der Bau von Büroflächen stehen. Zur Vorperiode legte die Segmentsumme um 45,6 Prozent auf einen Spitzenwert in der Fünfjahresbetrachtung zu. Investitionen geplant sind vor allem in den umsatzmässig herausragenden Kantonen Bern, Freiburg und Solothurn, die allesamt auch überdurchschnittliche Werte ausgewiesen haben.
Bildung mit konstantem Ausbau
Im Bildungssektor deutet das Investitionsgebaren auf Kontinuität hin, und zwar auf hohem Niveau wie schon in den beiden Vorperioden. In Bern, wo im Schnitt rund zwei Drittel der Investitionen in Bildungs- und Forschungsinstitutionen der Region Espace Mittelland geplant werden, war die entsprechende Bausumme zwar rückläufig, aber nach wie vor überdurchschnittlich. Annähernd eine halbe Milliarde Franken wurde in der Berichtsperiode in Bern für Bildungsbauten geplant.
Quelle: SBB CFF FFS
Die SBB bauen den Bürostandort im Raum Bern aus. Der Baubeginn für das neue Bürogebäude im Stadtteil Wankdorf ist für Mitte 2026 geplant. ¬Die Investitionskosten belaufen sich auf rund 86 Millionen Franken.
Volatiler war die Summe für den Bau von Schulen in Freiburg. Zur Vorperiode erhöhte sich die Bausumme fast um ein Viertel, was gleichwohl einen unterdurchschnittlichen Wert darstellt. Völlig entgegengesetzt ist die Entwicklung in Neuenburg, dem dritten Universitätsstandort. Im Kanton sind weit höhere Investitionen in Schulen geplant als gesamthaft in den vier Perioden davor. Dagegen enttäuscht das Ergebnis in Solothurn. Im Kanton mit Standorten bedeutender Fachhochschulen wurden die Investitionen in Schulbauten auf einen Bruchteil zusammengestrichen.
Mirchel überrascht mit Hotelbau
Bei Bauten des Gesundheitswesens, einer weiteren Domäne der öffentlichen Hand, fällt der Einbruch im Kanton Bern ins Auge. Die geplanten Investitionen lagen etwa auf der Hälfte der Vorperiode und weit unter dem Fünfjahresdurchschnitt. In Freiburg blieb die Summe trotz einer Abschwächung zur Vorperiode dagegen weit überdurchschnittlich. Neuenburg, Solothurn und Jura konnten das Segmentergebnis gesamthaft jedoch ins Positive drehen (+12,6%).
Die Investitionen im Tourismussegment waren im Kanton Bern überdurchschnittlich und legten zur Vorperiode auf einen Spitzenwert zu. Für zwei Hotelprojekte werden je 30 Millionen Franken aufgeworfen. Eines ist in Grindelwald geplant, das andere in der kleinen Emmentaler Gemeinde Mirchel. Die Kantone Neuenburg und Solothurn wiesen ähnliche hohe Wachstumsraten auf bei überdurchschnittlichen Investitionen, während Freiburg und Jura diesbezüglich nicht mithalten konnten.
Im Segment «Gesellschaft, Kultur und Freizeit» knickte der Wert der geplanten Bausumme im Vergleich zur Vorperiode um rund ein Viertel ein. Die Wachstumsrate in den vier Perioden davor waren solide, sodass der Fünfjahresdurchschnitt fast erreicht wurde. Die Bautätigkeit stützen dürften auch Hochbauten, die im Zusammenhang mit Infrastrukturprojekten erstellt werden. Das Segment konnte die Delle vom Vorjahr mit einem Spitzenwert ausbügeln. Mit Ausnahme von Neuenburg dürften alle Kantone hohe Wachstumsbeiträge leisten.
Gut gefüllte Auftragsbücher
Die effektive Bautätigkeit generierte in den ersten beiden Quartalen einen Wert von deutlich über zwei Milliarden Franken, was dem Vorjahresniveau in der Region Espace Mittelland entsprach. Das Ergebnis war überdurchschnittlich, insbesondere was den Tiefbau betrifft. Die Wohnbautätigkeit entwickelte sich dagegen rückläufig, und das Ergebnis war im Halbjahr unterdurchschnittlich, wie aus Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) hervorgeht. Unternehmen des Bauhauptgewerbes konnten im Vergleich zum Vorjahressemester beim übrigen und öffentlichen Hochbau den Wert getätigter Aufträge jedoch erhöhen (+16,3%).
Der Auftragseingang befand sich im ersten Semester gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode gesamthaft im positiven Bereich (+9,4%). Der Tiefbau, der wertmässig im Mittel rund 60 Prozent des Auftragseingangs ausmacht, stagnierte auf hohem Niveau (-1,8%). Im Wohnbausegment haben die Investitionen nach einer mässigen Vorperiode massiv Auftrieb erhalten hat (+19,2%). Das Ergebnis wurde jedoch vom übrigen und öffentlichen Hochbau in den Schatten gestellt (+64,1%).
Per Ende Juni erreichte der Arbeitsvorrat in der Zeitreihe einen Spitzenwert – mit dem Tiefbau als Treiber (+45,2%). Wachstumsimpulse dürften sowohl vom Wohnbau (+10,8%) als auch vom übrigen und öffentlichen Hochbau ausgehen (+28,9%).