14:40 BAUPROJEKTE

Bauen in der Antarktis: Neues Gebäude für «Rothera»-Forschungsstation

Geschrieben von: Pascale Boschung (pb)
Teaserbild-Quelle: Screenshot, Youtube

Mit dem «Discovery Building» entsteht in der Antarktis eine neue wissenschaftliche Einrichtung für die «Rothera»-Forschungsstation der British Antarctic Survey (BAS). Pünktlich vor dem Einbruch des antarktischen Winters ist das Gebäude nun wetterfest. 

Visualisierung Forschungsgebäude Rothera Antarktis

Quelle: Hugh Broughton Architects

Visualisierung: So soll das neue Gebäude in der «Rothera»-Forschungsstation dereinst aussehen.

Die Antarktis ist ein Ort der Extreme; tiefe Temperaturen, starke Eisbedeckung, wenig Licht, trockene und sehr salzhaltige Böden und extrem kurze Vegetationsperioden zählen zu den dort herrschenden Bedingungen. Wissenschaftler trotzen dieser rauen Umwelt aber seit Jahren und überwintern in zahlreichen Forschungsstationen, die in der Antarktis verteilt liegen. 

Eine davon ist die «Rothera»-Forschungsstation der British Antarctic Survey (BAS), die auf der der Antarktischen Halbinsel vorgelagerten Adelaide-Insel an der Marguerite Bay liegt. Die Einrichtung dient den hier stationierten Wissenschaftlern zur biologischen, geologischen und glazialen Erforschung der umliegenden Region. Im Sommer sind bis zu 130 Forscher vor Ort, im Winter sinkt die Zahl jeweils auf rund 20 Personen. 

«Rothera» bildet daneben aber auch das logistische «Rückgrat» der britischen Antarktisstationen, die im Innern des Festlandes liegen. Entsprechend verfügt die Forschungsstation auch über eine Anlegestelle für Versorgungsschiffe und eine rund 900 Meter lange Landebahn für den Flugtransport. Weiter zählen eine Tankanlage und ein Hangar zur Anlage, die in den Sommermonaten den Flugbetrieb zwischen der Station und den Falklandinseln ermöglichen. 

Neues Gebäude Rothera Antarktis Betriebsturm Einhub

Quelle: Screenshot, Youtube

Einhub der Spitze des Betriebturms durch einen Kran am neuen Forschungsgebäude.

Neue Einrichtung in Antarktis 

Um die Polarforschung auch für die nächsten 50 Jahre zu gewährleisten, wird an der britischen Station seit rund vier Jahren das «Discovery Building» gebaut – dieses soll, nach seiner Fertigstellung, mehrere ältere Gebäude auf der «Rothera»-Station ersetzen und künftig sowohl betriebliche als auch wissenschaftliche Bereiche unter einem Dach vereinen. 

Der zweistöckige, einem Hangar ähnelnde Neubau verfügt über eine Fläche von rund 4500 Quadratmetern. Ebenfalls Teil des Gebäudes ist ausserdem ein Betriebsturm, von dem aus das Personal in einem 360-Grad-Panorama die Werft, den Betrieb der Basis und den Flugplatz überwachen kann. 

Wie die BAS unlängst mitteilte, konnte bei den Bauarbeiten kürzlich ein Meilenstein erreicht werden. Ein Team von rund 54 Bauarbeitern des britischen Bauunternehmens BAM habe vor Ort den rauen Wetterbedingungen getrotzt, um das diesjährige Bauprogramm abschliessen zu können; das Gebäude ist durch eine blaue Metallverkleidung nun wetterfest. 

Dies pünktlich vor dem antarktischen Winter, vor dessen Einbruch auch die Arbeiter Ende April wieder abreisen müssen. Denn Im Winter liegen die Temperaturen im Landesinneren bei durchschnittlich -60 bis -70 Grad, bei den Küsten bei -20 bis -30 Grad. 

Ein Zeitraffer-Video zeigt die Bauarbeiten am neuen Gebäude. (Quelle: British Antarctic Survey)

Blockheizkraftwerk und Windabweiser 

Der Neubau soll aber nicht nur den polaren Bedingungen standhalten, sondern auch energieeffizient sein. Durch ein grosses Volumen-Oberflächen-Verhältnis bietet das «Discovery Building» etwa eine bessere Energieeffizienz. Die Station soll zudem ihre CO2-Emissionen durch ein modernes Blockheizkraftwerk um bis zu 25 Prozent senken können. Dies in Kombination mit Photovoltaik- und Solarthermiemodulen, einer thermisch effizienten Gebäudehülle und einer Dreifachverglasung der Fenster. 

Anders als etwa die deutsche Forschungsstation Neumayer-III steht «Rothera» nicht auf Stelzen, sondern ist auf Fels gegründet. Dies ist auch beim neuen Gebäude der Fall. Stelzen bieten den Vorteil, dass Tonnen von Schnee, die der Wind an Hindernisse ablegt, keine Eingänge versperren. Bei der britischen Station wollte man aber ebenerdige Ein- und Ausgänge, weil das Ein- und Aussteigen von Personen und Fahrzeugen schneller und sicherer wäre, ohne auf eisige Rampen angewiesen zu sein. 

Um hierbei Schneeverwehungen entgegenzuwirken, wurde ein «innovatives Windschott» entwickelt, wie es in der Mitteilung von BAS weiter heisst. Dabei halfen Schnee-Ingenieure von RWDI. Diese konzipierten einen gebogenen Windabweiser, der sich über die gesamte Länge des Dachs erstreckt und intern verstärkt wurde, um dem Wind zu widerstehen. Die Konstruktion soll den Schnee einige Meter vor dem Gebäude ablegen, so dass dieser einfach von einem Schneepflug abtransportiert werden kann. 

Neues Gebäude Rothera Antarktis Dach

Quelle: Screenshot, Youtube

Durch eine blaue Metallverkleidung ist der Neubau pünktlich vor Einbruch des antarktischen Winters wetterfest. Schnee-Ingenieure von RWDI entwickelten für das Dach ausserdem einen gebogenen Windabweiser.

Bauarbeiter kehren im November zurück 

Die «Rothera»-Forschungsstation ist das grösste antarktische Forschungs- und Betriebszentrum des Vereinigten Königreichs. Die Arbeiten für den Neubau sind Teil eines Modernisierungsprogrammes für die antarktische Infrastruktur, einer langfristigen staatlichen Investition für die Polarforschung, die vom britischen «Natural Environment Research Council» in Auftrag gegeben wurde.

Zu den beteiligten Unternehmen hinter dem neuen «Rothera»-Gebäude zählen neben dem Bauunternehmen BAM, das Planungsbüro Sweco und das Architekturbüro Hugh Broughton Architects, welches den Entwurf lieferte. Im kommenden November werden die Bauarbeiter für die nächste Bauphase wieder zurückkehren. Das Gebäude soll 2025 fertiggestellt sein. 

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