08:13 BAUPRAXIS

Baustellenspektakel von 1930: Einen 10‘000-Tonnen-Bau um 90 Grad drehen

Teaserbild-Quelle: William H. Bass Photo Company - Ray Hinz Collection, Public Domain

Um Platz für einen Neubau zu schaffen, liess die Indiana Bell Telephone Company im Jahr 1930 ihren Sitz in Indianapolis im US-Bundesstaat Indiana bei laufendem Betrieb um 90 Grad drehen. Das Unterfangen mutet auch über 90 Jahre danach spektakulär an.

Baustelle in Indianapolis

Quelle: William H. Bass Photo Company - Ray Hinz Collection, Public Domain

Der Zugang zum Gebäude wanderte über die Rampe mit der Bewegung des Baus mit.

Ende der 1920er-Jahre hatte das 1907 in Betrieb genommene Bürogebäude der Central Union Telephone Company in Indianapolis seine Kapazitätsgrenzen erreicht. Dies, nachdem die Indiana Bell Telephone Company die Central Union samt dem Gebäude übernommen hatte. Ein neues Gebäude für Büros und Telefonzentrale musste her. Die Herausforderung dabei: Bei einem Abbruch des achtstöckigen Stahl und Backsteinbaus hätte die Arbeit der Telefongesellschaft zumindest zeitweise eingestellt werden müssen, was wiederum den Telefonverkehr in der Stadt stark beeinträchtigt hätte.

Die Lösung, die das mit dem Projekt beauftragte Büro Vonnegut, Bohn & Mueller fand – es hatte schon für den alten Bau verantwortlich gezeichnet - war für damalige Verhältnisse äusserst spektakulär: Um den Betrieb über die gesamte Bauzeit sicherzustellen, schlugen die Architekten vor, das alte Gebäude zu erhalten und es aber um etwa 90 Grad zu drehen, sodass auf dem angrenzenden Grundstück Platz für einen etwa gleich grossen Ergänzungsbau geschaffen werden konnte.

40 Zentimeter pro Stunde

https://youtu.be/zW-QGtOAVEg

Die Arbeiten starteten im Oktober 1930. Dazu wurde das Gebäude mittels handbetriebenen Hebeböcken angehoben. Danach wurde es über hydraulische Rollen Zentimeter um Zentimeter in seine neue Position geschoben, pro Stunde bewegte es sich auf diese Weise 40 Zentimeter. Nach 34 Tagen, am 14. November, standen die 11‘000 Tonnen Stahl und Backstein schliesslich an ihrem neuen Platz.

Während der „Reise“ des Gebäudes gelangten die Angestellten über eine Rampe an ihren Arbeitsplatz. Zudem hatten die Ingenieure so genau geplant und auf der Baustelle war so präzise gearbeitet worden, dass weder auf Wasser- noch Strom- oder Gas verzichtet werden musste. Die Leitungen wurden vor dem Bau entsprechend verlängert und bei Bedarf während der Verschiebung an den neuen Stand des Gebäudes angepasst. - Die Indiana Bell Telephone Company musste in dieser Zeit den Betrieb kein einziges Mal unterbrechen.

Allerdings hat die aufwendige Aktion das Gebäude langfristig nicht vor seinem Ende gerettet. 1963 ist es abgebrochen worden. (mai)

Dieser Artikel ist die erste Folge einer losen Serie über historische Baustellen.


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