Schnee wird in der Schweiz immer weniger
Ein neues, am WSL Instituts für Schnee und Lawinenforschung entwickelte s Modell zeigt erstmals Schneetrends für die ganze Schweiz: Die durchschnittlichen Schneehöhen nehmen seit Jahrzehnten ab. Besonders betroffen ist das Mittelland.

Quelle: Carmen Keuper, Unsplash
Bald eine Rarität, zumindest im Mittelland? Schneeflocken.
In manchen Höhenlagen der Schweizer Alpen ist die durchschnittliche Schneehöhe zwischen November und April in den vergangenen Jahrzehnten deutlich kleiner geworden, bis zu Minus acht Zentimeter pro Jahrzehnt. Das belegen neue Resultate aus dem Projekt «SPatial Snow climatology for Switzerland» («SPASS»): Anhand eines Modells hat ein Team des WSL Instituts für Schnee und Lawinenforschung (SLF) die zeitliche und räumliche Entwicklung der Schneedecke in der Schweiz seit 1962 simuliert. «Es ist das erste Mal, dass wir Trends flächig und für verschiedene Höhenstufen zeigen können», sagt Christoph Marty, Klimatologe am SLF in Davos. Wie das Institut mitteilt basieren die Modellresultate für die letzten sechs Jahrzehnte auf einer erfolgreichen Zusammenarbeit von SLF und MeteoSchweiz, sie sind auch durch diese zwei Institutionen finanziert worden. «Wir sehen hier ganz klar die Folgen des Klimawandels», erklärt Marty.
Wenn weniger als ein Zentimeter Schnee dennoch viel ist
In absoluten Zahlen steht das Mittelland gemäss «SPASS» vergleichsweise gut da: Hier ist die mittlere Schneehöhe weniger als einen Zentimeter pro Jahrzehnt dünner geworden. Das überrascht Marty nicht: «Dort liegt ohnehin nur sehr wenig Schnee, es kann also nicht mehrere Zentimeter zurückgehen. In den Bergen hingegen, wo die Schneehöhe am grössten ist, gingen am meisten Zentimeter verloren.» Die Dramatik zeigt sich erst, wenn man die gesunkene Schneehöhe aus einem relativen Ansatz heraus betrachtet: «Prozentual gesehen, hat das Mittelland am meisten verloren», erklärt Marty. Die Abnahme beträgt dort vielfach zwischen zehn und zwanzig Prozent pro Jahrzehnt. Zum Vergleich: Auf 2000 Metern über Meer beträgt der Rückgang zirka vier Prozent pro Dekade. Marty dazu: «Noch weiter oben ist die Abnahme der Winterschneedecke noch kleiner und teilweise nicht signifikant.»

Quelle: Christoph Marty / SLF
Absolute Änderung der durchschnittlichen Schneehöhe von November bis April zwischen 1962 und 2023 in Zentimeter pro Dekade: In den hohen Berglagen ist das Minus deutlich höher als im ohnehin schneearmen Mittelland. Gelände über 3000 m.ü.M. ist dunkelgrau markiert. In gestreiften Gebieten ist die Veränderung statistisch nicht signifikant.
Für das Modell wurde die Schweiz in ein Raster aus Quadraten mit
einer Kantenlänge von jeweils einem Kilometer eingeteilt. Hinzu kamen
Höhenbänder von jeweils 500 Höhenmetern, beginnend auf 250 Metern über
dem Meeresspiegel. «Darunter liegen nur wenige, kleine Regionen der
Schweiz», sagt Marty. Bergregionen oberhalb von 3000 Metern hat er
ausgeklammert, da für diese zu wenige langjährige Vergleichsmessungen
vorliegen.
Forschung, Wirtschaft und Öffentlichkeit soll von «SPASS» profitieren
Um bessere Resultate zu erzielen, haben Marty und sein Team Messdaten von 350 Stationen aus den vergangenen 25 Jahren berücksichtigt. «Dadurch konnten wir die ‘SPASS’-Simulation möglichst gut an die Realität anpassen», beschreibt er die Vorgehensweise. Am besten gelang dies in Höhelagen oberhalb von 800 Metern über Meer. «SPASS» liefert damit für jeden Kilometer und die jeweils zugehörige Höhestufe laut SLF detaillierte Ergebnisse.
Die Ergebnisse fliessen dienen nicht nur verschiedenen Bereichen der Forschung sondern auch des öffentlichen Lebens, zum Beispiel dem Projekt «Kompass Schnee»: Hierbei beschäftigt sich eine Allianz aus Schweiz Tourismus und Seilbahnen Schweiz mit Strategien im Zusammenhang mit dem Umgang von Winterdestinationen mit der Klimaerwärmung. Zudem sollen aktelle Ergebnisse von «SPASS» mittelfristig auch in die White-Risk-App des SLF einfliessen, um Wintersportlerinnen und -sportlern die Informationen ebenfalls zugänglich zu machen. Daneben hinaus plant Meteoschweiz, klimatologische Schneeinformationen aus SPASS öffentlich zu machen.
Das «SPASS»
Modell wird vom operationellen Schneehydrologischen Dienst (OSHD) am SLF
betrieben, der ebenfalls zur dessen Entwicklung beigetragen hat. (mgt/mai)