07:09 BAUPRAXIS

Neues Produktionsverfahren: Backsteine in Serie individuell gestaltet

Geschrieben von: Karin Stei
Teaserbild-Quelle: HSLU

Fassaden aus Backstein bestehen meist aus einheitlichen Steinreihen und bieten dem Auge wenig Abwechslung. Eine spannende Erweiterung des Sortiments sind individualisierbare Sichtflächen, die Architekten und Bauherrn neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Die Hochschule Luzern (HSLU) und Keller Unternehmungen in Pfungen haben in einem gemeinsamen Forschungsprojekt dafür ein innovatives Produktionsverfahren entwickelt.

Backsteine im Streiflicht

Quelle: HSLU

Cornelia Gassler mit Forschungskollege Martin Huwiler vor den Musterfassaden kelesto Signa in der Ofenhalle von Keller-Unternehmungen.

Einst mühsam von Hand hergestellt, werden Backsteine heute industriell gefertigt und weisen im Gegensatz zu ihren historischen Vorgängern heute deutlich weniger Unregelmässigkeiten auf. Klinkerfassaden können durch sehr viele Faktoren gestaltet werden, jedoch ist eines nicht möglich: die serienmässige Oberflächengestaltung durch Strukturen und Texturen. 

«In der industriellen Produktion ist das Immergleiche als ästhetisches Ideal entstanden und kultiviert worden. Dabei sind wir Menschen wahrnehmungspsychologisch gar nicht für Gleichförmigkeit gemacht. Im Gegenteil, wir brauchen mehr Informationen für die Augen, es ist wertvoll, wenn wir Spuren der Produktion zeigen», betont die Material- und Produktdesignerin Cornelia Gassler. Ihre Idee: Statt also viele Ressourcen in die Perfektion der Fassaden-Oberflächen zu investieren, warum nicht ein neues Ideal etablieren, das von Lebendigkeit durch Mikrostrukturen und Unregelmässigkeiten geprägt ist? Und durch eine reproduzierbare Ästhetik überzeugt?

Diese Fragen greift sie 2018 in ihrer Master-Arbeit «Klinker-Spiel - Designgetriebene Experimente mit Material» im Bereich Design & Kunst der HSLU auf, mentoriert von Martin Huwiler und Professorin Isabel Rosa Müggler Zumstein. «Meine Masterarbeit bestand nicht im Designen der Fassade, sondern ich habe ein Werkzeugsystem im Labor skizziert, das als neues Veredelungswerkzeug im Produktionsprozess zum Einsatz kommt. Mehrere Phasen der Produktion und Anwendung wurden modifiziert, sodass die Oberfläche des Klinkers gezielt gesteuert werden konnte», erklärt Cornelia Gassler. Oder anders ausgedrückt: Aus der Perspektive des Designs dachte sie die Gestaltung der Oberfläche von Klinkerfassaden komplett neu.

Dreiklang von Produktion, Technik und Forschung

Als Glücksfall sollte sich dabei die praktische Zusammenarbeit mit Keller AG Ziegeleien erweisen, dessen Fachstelle für Technik und Entwicklung, heute integriert in den Engineering-Bereich, Innovationen und Entwicklungen aufnimmt, oft in Kooperation mit Forschungsinstitutionen. Denn die 2018 mit dem Förderpreis des «Master of Arts in Design» ausgezeichnete Master-Arbeit Gasslers erweckte das Interesse von Max Wassmer, bis Sommer 2021 Leiter der Abteilung Technik & Entwicklung (heute Engineering) bei Keller Unternehmungen. Er sah das Potenzial, die Arbeit auf der Stufe Werkproduktion weiterzuentwickeln. Gemeinsam mit der HSLU wurde ein Projekt unter dem Namen «ExxE - Extended Extrusion - Farbe und Bewegung an der Strangpresse» konzipiert und 2019 erfolgreich als Innosuisse-Projekt eingegeben.

Serielle und trotzdem individuelle Produktion

Die zentrale Frage von «ExxE»: Lassen sich modulare Werkzeugaufsätze entwickeln, die im industriellen Massstab hergestellten Steinen kostengünstig einen individuellen Touch verleihen? Und so eine neue Ästhetik von Sichtfassaden ermöglichen, mit denen Architektinnen und Architekten die Stadtlandschaft beleben können? Bis dato war es nicht möglich gewesen, die Oberfläche der serienmässig hergestellten Backsteine zusätzlich im industriellen Massstab zu verändern. «Die Backsteinproduktion ist auf die Herstellung grosser Mengen uniformer Backsteine ausgerichtet», sagt Susanne Mühlhaus, Bereichsleiterin Engineering bei Keller Unternehmungen, und Nachfolgerin Max Wassmers. «Um die Gestaltung der einzelnen Steine zu verändern, brauchte es einen neuen Ansatz.»

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