08:21 BAUPRAXIS

Erdgasleitungen: Tool hilft Brände und Explosionen zu vermeiden

Teaserbild-Quelle: IFF Fraunhofer

Bei der Wartung und Instandhaltung von Leitungen in Erdgasversorgungsnetzen wird das Erdgas mit Entlastungsfackeln abgelassen. Ein Team des Fraunhofer Instituts hat ein Tool entwickelt,  das den korrekten Abstand der Fackeln zu Häusern und Bäumen berechnet und so Brände oder Explosionen verhindern hilft.

Visualisierung Temperaturfeld Längsschnitt.

Quelle: Fraunhofer IFF

Visualisierung des Temperaturfelds im Längsschnitt.

Erdgas ist gilt als sicherer Energieträger, Unfälle sind selten. Dies auch weil Erdgasleitungen regelmässig gewartet werden. Bei Instandhaltungsmassnahmen wird zuerst das Gas abgepumpt und gespeichert, während allerdings immer eine Restmenge in den Rohren verbleibt, die aus dem betroffenen Leitungsabschnitt abgelassen werden muss.

Weil das Erdgas aus klima- und explosionstechnischen Gründen nicht direkt in die Umwelt gelangen darf, werden Erdgasfackeln für das Entlasten oder vielmehr das Entleeren der Leitungen eingesetzt. Diese mobilen Entlastungsfackeln werden sowohl in Wohngebieten als auch im freien Feld aufgestellt. Die Temperaturausbreitung der Erdgasflamme auf dem Fackelkopf mit dem Zündmodul ist von der aktuellen Feuerungswärmeleistung und der Windgeschwindigkeit abhängig und kann stark variieren. Dabei gilt es, einen ausreichenden und sicheren Mindestabstand zu umgebenden Objekten wie Bäumen, Stromleitungen, Windrädern oder Gebäuden einzuhalten. Gleichzeitig sollten aber auch unnötig grosse Sicherheitsabstände vermieden werden.

Software berechnet optimale Standortauswahl

Grafik

Quelle: IFF Fraunhofer

Mit "FlareSimulator" können die Faktoren Konvektion und Strahlung kombiniert werden, so lässt sich exakt berechnen, wie sich ein Objekt aufheizen wird.

Ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) in Magdeburg (D) hat mit „FlareSimulator“ ein Assistenz-Tool mit grafischer Bedienoberfläche und Reportingfunktionen entwickelt, das bei der Festlegung der Mindestabstände unterstützt. Auf der Grundlage bestimmter Eingabeparameter wie Heizwert des Gases, Volumenstrom, Durchmesser und Höhe der Fackel, Windgeschwindigkeit und Umgebungstemperatur berechnet die Software ein dreidimensionales Temperaturprofil der Fackelflamme.

Die Berechnungsergebnisse werden grafisch dargestellt, sodass der Nutzer eine visuelle Vorstellung von der zu erwartenden Flammengeometrie und deren Temperaturverteilung erhält. Somit fällt die Standortauswahl der Entlastungsfackel leichter. „Der Abstand der Fackel zu den umgebenden Objekten darf weder zu gross noch zu klein ausfallen. Mit unserem Assistenztool lässt sich der optimale Standort nach klar nachvollziehbaren Kriterien vornehmen“, sagt Marcus Kögler, Wissenschaftler am Fraunhofer IFF. „Auf freiem Feld bei extremen Windverhältnissen kann das Temperaturprofil stark verzerrt sein. In solchen Szenarien ist die Abstandsermittlung mit unserer Software besonders hilfreich“.

Wolfram Heineken, Kollege von Kögler am Fraunhofer IFF, ergänzt: „Es gibt drei Mechanismen der Wärmeübertragung: die Wärmeleitung, die Konvektion, also die Strömung des Gases über einen Körper und die Strahlung.“ Mit „Flare Simulator“ könne man die hierbei relevanten Faktoren Konvektion und Strahlung kombinieren und exakt berechnen, wie sich Körper im Raum aufheizen werde.  

Neben den Mindestabständen lässt sich zudem die Entlastungsleistung mit der Software auslegen. Sie definiert, wie lange eine Fackel in Abhängigkeit eines bestimmten Fackeltyps in Betrieb sein muss. Die Entlastungszeit berechnet das Tool automatisch.

Laut Medienmitteilung ist „FlareSimulator“ bereits bei einem Industrieunternehmen im Einsatz und entspreche in der aktuellen Version den Anforderungen der Erdgasbranche. Der Anwendungsbereich des Tools ist breit gefächert – überall dort, wo brennbare Gase aus Rohrleitungen abgelassen werden müssen, kann es genutzt werden, auch in der chemischen Industrie oder in Industrieanlagen. (mgt/mai)

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