11:00 BAUPRAXIS

Ein Iglu aus Pilzen: Studierende erproben Bauen mit Myzel

Teaserbild-Quelle: Florian Mähl

Ein Haus aus Pilzen? Architekturstudierende der Frankfurt University of Applied Sciences haben den Einsatz von Myzel als Rohstoff für Baumaterialien erprobt. Daraus ist das sogenannte «MyGlu» entstanden – ein kuppelförmiger Bau aus Pilzgeflecht.

MyGlu von Studenten der Frankfurt UAS

Quelle: Florian Mähl

Das «MyGlu»: ein kuppelförmiger Bau aus Myzel.

Wie lässt sich selbst in Regionen mit extremer Trockenheit in Zukunft günstig und klimaneutral bauen? Mit dieser Frage befasste sich ein ungewöhnliches Lehrprojekt an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Zehn Studierende des Masterstudiengangs Architektur entwickelten unter Leitung von Professor Florian Mähl vom Fachbereich Architektur, Bauingenieurwesen und Geomatik das «MyGlu».

Dabei handelt es sich um einen kuppelförmigen Bau aus Myzel, dem Hauptbestandteil von Pilzen, der in der Natur oft eher unsichtbar bleibt. Das Material bildet lange, fadenartige Strukturen, die ähnlich zu Baumwurzeln grosse Geflechte bilden – und könnte künftig als nachhaltiger Baustoff dienen, der zugleich günstig und kompostierbar ist. Mit dem Lehrprojekt erprobten die Studierenden das Bauen mit dem nachwachsenden Rohstoff.

Die Pilz-Kuppel hat einen Durchmesser von rund zwei Metern und ist einen Meter hoch. Die Studierenden fertigten für den Bau zunächst ein parametrisches 3D-Modell aus Bauteilen weniger Einzelformate. Danach liess das Team Myzelien einer Baumpilzart auf Substrat in selbst erstellten Schalungskörpern in die passende Form wachsen. Aus diesen geometrischen Elementen wurde dann die Iglu-Struktur zusammengesetzt. 

Myzel-Fenster des MyGlu

Quelle: Florian Mähl

Das Team liess Myzelien in Schalungskörpern in die passende Form wachsen. Auch die Verbindungselemente sowie die Tür- und Fensterrahmen bestehen aus Myzel. Im Bild: Fenster des Iglus, ein mit Myzel bewachsendes Jutegewebe.

Baustoff für extreme Trockenregionen

Wie die Frankfurt UAS kürzlich mitteilte, ist das Material auf Basis von Myzel kostengünstig, da die Pilzsporen für das Wachstum lediglich Holzabfälle, Wärme und Feuchtigkeit benötigen. Ist das Wachstum vollendet, respektive die gewünschte Form erreicht, wird der Prozess mit Wärme gestoppt und das Material härtet aus. Darüber hinaus bietet Myzel weitere Vorteile: Der natürliche Baustoff ist wasserabweisend, dämmend und kann letztlich in eine beliebige Form wachsen.

Die Studierenden belegten im Zuge des Lehrprojekts mit eigenen Messungen auch die dämmende und raumakustische Wirksamkeit des Materials. Mit dem «MyGlu» – eine Wortschöpfung aus «Myzel» und «Iglu» – wurde ein «nachhaltiges Baukonzept in Zeiten des Klimawandels erprobt», heisst es in der Pressemitteilung der Universität. Mit dem Prototyp sei eine günstige und schützende Behausung umgesetzt worden, die sich für warme Regionen mit langen Trockenphasen eigne.  

Sustain Award für Pilz-Kuppel

Das Team hinter der Pilz-Kuppel wurde für das Lehrprojekt kürzlich mit dem Sustain Award der Frankfurter Stiftung für Forschung und Bildung ausgezeichnet.

Der Bau überzeugte die Jury unter anderem, da dieser «sowohl die ökonomische und soziale als auch die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit» adressiere. Das «MyGlu» bestehe aus biobasierten Werkstoffen und sei für den Einsatz in Gebieten mit sozialen und klimabedingten Krisen gedacht sowie ohne grosse Kosten nachahmbar.

Das Preisgeld von 4000 Euro soll gemäss der Pressemitteilung nun in ähnliche Lehrprojekte an der Frankfurt UAS fliessen. «Wir wollen insbesondere das Thema Bauen mit Myzel an unserer Hochschule etablieren und die Forschung in diesem Bereich ausbauen», so Mähl. (pb)

Architekturstudenten der Frankfurt UAS

Quelle: Frankfurt UAS

Studentisches «MyGlu»-Projektteam unter Leitung von Professor Florian Mähl (r.) und Kay Saßmannshausen (hint. Reihe, 3. v. l.) mit Astrid Schulte (l.), Frankfurter Stiftung für Forschung und Bildung, und Gabriele Hässig (2. v. r.), Procter & Gamble.

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