09:09 BAUPRAXIS

Baustellenkipper: Test auf Herz und Nieren

Geschrieben von: Claudia Bertoldi (cb)
Teaserbild-Quelle: Claudia Bertoldi

Moderne Trucks verfügen über Ausstattungen, von denen Autofahrer nur träumen können. Dennoch ist das Fahren beladener Schwergewichtler alles andere als ein Kinderspiel. Wir haben drei Renault-Baustellenfahrzeuge im Steinbruch der Jura-Cement-Fabriken AG getestet.

Hochsommer im Aargau. Beste Beding­ungen, um die Strecke im Steinbruch Wildegg für die Testfahrten mit den drei Schwergewichtlern zu präparieren. Doch wer auf dem Bau tätig ist weiss, dass die Arbeiten auf den Baustellen bei Wind und Wetter weiterlaufen. Deshalb ist es auch kein Problem, dass es vor dem Event die ganze Nacht wie aus Kübeln geschüttet hat. Kleine Seen haben sich im Steinbruch gebildet, der Boden ist an vielen Stellen total aufgeweicht. Schlamm und Matsch überall. Für Fahrsicherheitstrainer Hugo Solothurnmann geradezu ideale Bedingungen. Er leitet heute die Probefahrten. Und nur unter authentischen Arbeitsbedingungen werden die drei modernen Trucks beim heutigen Test wahrlich gefordert sein.

Nach einer kurzen Produktübersicht mit technischen Details durch Sales Engineer Ralf Bär und anschliessenden Sicherheitsanweisungen für den voll in Betrieb befindlichen Steinbruch geht’s an den Start. Getestet werden Fahrzeuge der C- und K-Serie, darunter der robuste FünfachserC 520, der ausschliesslich zur Baustellen-Zulieferung dient. Die beiden Vierachser sind hingegen für den Einsatz auf der Baustelle geeignet. Gestartet wird mit dem Vierachser K 480, der für den Test extra aus Frankreich angereist ist.

Durch schwieriges Gelände

Alle drei Testfahrzeuge sind mit einen Rückwärtskipper-Aufbau ausgestattet. Mit Hugo Solothurnmann geht’s nun auf den Rundkurs durch die Grube. Der Parcours ist der Realität von Baustellen angepasst: steile Auf- und Abfahrten, enge Kurven, viele Unebenheiten sowie unterschiedliches Bodenmaterial.

Der maximal auf 32 Tonnen zugelassene Truck lässt sich problemlos steuern. Sanft setzt er sich in Bewegung und selbst im Gelände sowie an kleinen Steigungen läuft der 6-Zylinder-Reihen-Dieselmotor mit Hochdruck-Direkteinspritzung sehr ruhig. Das serienmässige automatisierte Getriebe verfügt über zwölf Gänge und drei Rückwärtsgänge. Die Sensoren der Automatik, unter anderem ein Neigungswinkelmesser überwachen alle Fahrparameter. Im Gelände, bei höheren Drehzahlen, wird per Taste in den Off-Road-Modus umgeschaltet. Die erste Testrunde verläuft optimal. Danach geht es hinauf zu den oberen Etagen des Steinbruchs.

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Hier sind die Bedingungen schon schwieriger. Beim Einfahren graben sich die Reifen tief in den aufgeweichten Boden ein. Problemlos verläuft die Fahrt, leicht lässt sich das Fahrzeug mit geringstem Kraftaufwand steuern. Dazu verhilft einehydraulische Unterstützung mit jeweils zwei unabhängigen Kreisläufen und Pumpen. Absolut kontrolliert hält der K 480 die gewünschte Fahrspur. Bei der Steuerung wird der Fahrer von elektronischen Steuerungssystemen unterstützt: Das ASR (Anti-Slip Regulation) ist eine Anti-Schlupf-Regulierung und Anfahrhilfe, zusätzlich unterstützt das HSA (Hill Start Aid) bei Steigungen.

Den Berg hinab und in den Kurven schaltet sich das elektronische Bremssystem zu. Über das TPMS (Tire Pressure Monitoring System) wird dabei kontinuierlich der Reifendruck überwacht. «Die moderne Technik erleichtert das Fahren enorm. Doch sie muss auch perfekt beherrscht werden. Dafür braucht es eine regelmässige Weiterbildung», betont Hugo Solothurnmann, der unter anderem im Campus Sursee Sicherheitsfahrtrainings und fahrzeugbezogene Weiter­bildungen für verschiedene LKW-Modelle von Renault abhält. Denn am Fahrer liegt es dann auch, die Situation richtig einzuschätzen und den sichersten Weg zu wählen. Das kann der Truck trotz integrierter Elektronik und Technik nicht selbst entscheiden.

Signale warnen rechtzeitig

Nach der nun anstehenden steilen Abfahrt soll anschliessend rechts abgebogen werden. Bei trockenem Boden ist die enge Kurve nach Solothurnmanns Meinung gar kein Problem. Doch nun graben sich die Räder tief in den Schlamm, schon kurz nach dem Einschlagen kommen die ersten akustischen Warnsignale. Es besteht das Risiko, dass der Truck seine stabile Lage undBodenhaftung verliert. Also wird er langsam zurückgesetzt, anschliessend auf die Grubensohle ab- und dann mit Power erneut bergauf gefahren. Das Manöver gelingt perfekt, ebenso die anschliessende Wende im morastischen Gelände. Unterstützung für das Anfahren auf Steigungen kommt von der HSA.

Neben dem Antiblockiersystem (ABS) sind die Trucks zudem durch eine Notbremsunterstützung abgesichert, bei nachlassender Bremsleistung erfolgt automatisch eine Warnung.

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Bequem und übersichtlich

Der Fahrer eines Baustellenfahrzeugs verbringt täglich viele Stunden in seiner Kabine. Bequem sitzt man in den Renault-Trucks auf einem luftgefederten Fahrersitz mit integriertem, rotemSicherheitsgurt, verstellbarer Lendenwirbelstütze und Sitzpolsterverlängerung sowie einer Sitzheizung. Alle Armaturen und Bedienelemente sind gut erreichbar und übersichtlich angeordnet. Die Komfort-Klimaanlage sorgt für die ideale Arbeitstemperatur.

Auch Zutritt und Wartung des trapezförmigen Fahrerhauses wurde optimiert. An der Vorderseite erleichtern Trittstufen die Reinigung der um 12 Grad geneigten Windschutzscheibe. Seitlich von der Fahrerkabine angebrachte Trittstufen dienen der Überprüfung der Ladung. Zudem sind die Trittstufen der Fahrerkabine flexibel und die vordere, serienmässige Stahlstossstange mit einem Böschungswinkel bis 32 Grad versehen, sodass eine geringere Beschädigungsgefahr besteht. DieKabine des K-Modells steht höher als jene der C-Baureihe und ist somit geländegängiger. Im verstellbaren Lenkrad sind Geschwindigkeitsregler und Telefonbedienelemente integriert. Einenguten Überblick über alle aktuellen Betriebs­daten erhält der Fahrer auf der 7-Zoll-Farbanzeige.Optional können Kamerasysteme zur Video­überwachung nachgerüstet werden.

Nun geht es zum Test der beiden Fahrzeuge der C-Serie, die zur Baustellen-Zulieferung dienen. Der C 440 P8X4 Optitrack ist aber auch ideal für den Baustelleneinsatz geeignet.

Perfekt für schwere Lasten

Die Renault-Trucks der C-Serie haben dank ihres optimierten Leergewichts eine hervorragende Nutzlast. Der C 440 P8X4 Optitrack kann im Vergleich zum Allradantrieb 660 Kilogramm mehr Nutzlast aufnehmen. Mit einer hohen Bodenfreiheit und dem beim automatisierten Getriebe
serienmässigen Offroad-Modus bieten diese Fahrzeuge eine hervorragende Durchzugskraftfür das Befahren aller Geländetypen. Auch das Anfahren aus schwierigen Positionen oder am Hang ist kein Problem. Das Fahrzeug verfügt übereinen 6-Zylinder-Reihen-Dieselmotor mit Hochdruck-Direkteinspritzung und ein Optidriver-Getriebe mit automatisierter Kupplung. Am Lenkrad können der Bedienmodus – automatisch oder manuell – und der Gang gewählt werden.

Der fünfachsige C 520 P10X4 Optidriver Xtended eignet sich aufgrund seiner Länge speziell für den Baustellentransport. Er ist zwölf Meter lang und mit dem gleichen Motor ausgerüstet wie der kürzere C 440 P8X4. Dieser spezielle Schweizer 40-Tonner verfügt über ein Crowler-Getriebe und hat zu den zwölf Gängen zusätzlich einen Kriechgang zum Anfahren. Er zeichnet sich durch eine sehr hohe Nutzlast und sparsamen Verbrauch aus. Der 13-Liter-Motor hat 520 PS und ein maximales Drehmoment von 2550 Nm imBereich von 100 bis 1450 Umdrehungen pro Minute. Die beiden Vorderachsen und die gelenkte Vorlaufliftachse sind für neun Tonnen zugelassen. Der dreigeteilte Stahlstossfänger hält Erschütterungen und leichte Bodenberührungen ab.

Trotz seiner Länge und mit Maximalbeladung lässt sich der C 520 P10X4 leicht im Gelände fahren. Hugo Solothurnmann steuert ihn ruhig und wendig durch dicke Schlammschichten bis zur Brechanlage. Die oberen Bereiche des Steinbruchs werden allerdings nicht befahren, die Kurven sind hier für ein so langes Gefährt zu eng. Da der Fünfachser auch für Langstrecken geeignet ist, kann mit einer komfortablen Day & Night-Kabine ausgestattet werden.

Beim Test waren alle Trucks mit einem Rückwärtskipper-Aufbau ausgestattet. Zahlreiche Vorrüstungen dienen zur individuellen Gestaltung, unter anderem für Kranaufbauen, als Betonmischfahrzeug sowie für flexible, semiflexible oder starre Aufbauten. Die Tests haben gezeigt, dass sich die drei Modelle optimal für Baustelleneinsätze und -transporte eignen und die Robustheit der Renault-Fahrzeuge bestätigen.

Geschrieben von

Ehemalige Redaktorin Baublatt

Claudia Bertoldi war von April 2015 bis April 2022 als Redaktorin beim Baublatt tätig. Ihre Spezialgebiete waren Architektur- und Technikthemen.

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