14:20 BAUBRANCHE

Gerichtsurteil: Keine Verwirkungsfristen ausserhalb der Bauzonen

Teaserbild-Quelle: Capri23auto

Wer ausserhalb der Bauzonen eine unbewilligte Baute erstellt, kann sich nach 30 Jahren nicht darauf berufen, dass die Behörden nicht eingeschritten sind. Es gibt im Gegensatz zur Bauzone keine Verwirkungsfrist. Dies hat das Bundesgericht in einem wegweisenden Urteil entschieden. 

Der am Mittwoch in einer öffentlichen Beratung gefällte Entscheid bedeutet, dass eine Behörde auch nach Ablauf von 30 Jahren verlangen kann, dass illegal erstellte Gebäude oder Anlagen ausserhalb der Bauzone zurückgebaut und der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird. Bisher war offen, ob es für Bauten ausserhalb der Bauzone eine Verwirkungsfrist gibt oder nicht. 

Im konkreten Fall ging es um eine Parzelle in der Landwirtschaftszone der Gemeinde Neuenkirch LU. Ein Bauunternehmen betreibt dort seit langem einen Werkhof mit verschiedenen Anbauten. Diese wurden mehrheitlich nie bewilligt. 

Nach einem juristischen Verfahren ordnete die Gemeinde die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes an. Lediglich das Hauptgebäude, dessen Anbauten und der Lagerplatz sollten weiter genutzt werden können. Der Gemeinderat begründete dies damit, dass sich das Bauunternehmen für diese Teile auf die 30-jährige Verwirkungsfrist berufen könne. 

Zunächst abgewiesen 

Zwei private Beschwerdeführer gelangten gegen diesen Entscheid ans Kantonsgericht Luzern. Sie verlangten den vollumfänglichen Rückbau und ein Verbot zur Nutzung des Lagerplatzes. Das Kantonsgericht wies die Beschwerde im Juli 2019 jedoch ab. 

Das Bundesgericht hat die Beschwerden der beiden Parteien nun gutgeheissen. Die Richter begründeten ihren Entscheid mit verschiedenen Argumenten. Als einen wichtigen Grundsatz nannten sie die 1972 eingeführte Trennung von Bauzonen und Nicht-Bauzonen. Damit sei die rechtliche Situation auch für Bauten klar, die vor langer Zeit erstellt worden seien. 

Die Lausanner Richter sehen einen Unterschied zu Fällen in der Bauzone, wo es nach längerer Zeit schwierig sei, die rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu rekonstruieren. Innerhalb der Bauzonen besteht deshalb wegen der Rechtssicherheit eine Verwirkungsfrist von 30 Jahren. 

Diese wurde von der ausserordentlichen Ersitzung abgeleitet, wie sie im Zivilgesetzbuch festgehalten ist. So kann jemand als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden, wenn er ein Grundstück ununterbrochen und unangefochten während 30 Jahren besitzt. 

Trennung der Zonen 

Die Bundesrichter betonten in der Sitzung den fundamentalen raumplanerischen Grundsatz der Trennung von Bauzonen und Nicht-Bauzonen. Dieser zeige sich auch in den unterschiedlichen Zuständigkeiten. Während für die Bauzonen Gemeinden und Kantone zuständig seien, gelte für die Nicht-Bauzonen die Bundesgesetzgebung.

In ihren Ausführungen nahmen die Richter auch Bezug auf Konzessionen, die von Behörden erteilt werden, wie zum Beispiel Wasserkonzessionen. Diese würden jeweils auf Jahrzehnte hinaus vergeben. Es sei den Behörden aber trotzdem immer möglich, sie zu überprüfen und allenfalls aufzuheben. 

Es wäre gemäss Bundesgericht stossend, wenn eine Behörde auf eine von ihr vergebene Konzession zurückkommen könnte, den Rückbau von einer nicht bewilligen Baute hingegen nicht verlangen dürfte. (sda)

(Urteile 1C_469/2019 und 1C_483/2019 vom 28.4.2021)

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