Brutalismus in Osteuropa: «Die Antihelden der modernen Architektur»
In den letzten zehn Jahren haben David Navarro und Martyna
Sobecka diverse Bücher über modernistische und brutalistische
Nachkriegs-Architektur im Ostblock veröffentlicht. Die beiden Köpfe hinter dem
polnischen Studio «Zupagrafika» wollen damit für Verständnis sorgen und
gleichzeitig verhindern, dass dieser doch eher kontroverse Architekturstil
ausstirbt.

Quelle: Zupagrafika
Ob diese futuristisch anmutenden Wohntürme in Kiew, die im Buch «Brutal East Vol. 2» präsentiert werden, immer noch so aussehen, weiss zurzeit wohl niemand.
Wie kamen Sie auf die Idee, diverse Bücher über modernistische und brutalistische Architektur im östlichen Europa zu publizieren?
Martyna Sobecka & David Navarro: Seit unserem Start im Jahr 2012 sind wir viel gereist und haben, hauptsächlich im ehemaligen Ostblock, modernistische und brutalistische Nachkriegs-Architektur fotografiert und illustriert. Die Dokumen-tation der Distrikte und Gebäude, die wir während der letzten Dekade besucht haben, war die Hauptinspiration für die Bücher. Wir leben und arbeiten in Polen. Die Architektur der sozialistischen Ära, auch Volksrepublik Polen genannt, ist immer noch sehr präsent in unserem alltäglichen Leben. Die Städte in Polen sind umgeben von riesigen Plattenbausiedlungen, die bis heute Heim für Hunderttausende Stadtbewohner sind. Martyna wurde Mitte der 80er-Jahre geboren und wuchs, wie viele Menschen dieser Generation, in einer «Wielka Plyta» Siedlung auf, wie man Plattenbauten auf Polnisch nennt. In unseren Büchern finden sich deshalb viele verschiedene Beispiele dieser vorfabrizierten Konstruktionen. Wir bewundern die Komposition und das Design dieser Gebäude und die Architekten dahinter und empfinden diese als eigene Kunst.
Was genau fasziniert Sie an der brutalistischen Architektur?
Für uns sind die Gebäude und Komplexe, welche wir in unseren Büchern vorstellen, die Antihelden der modernen Architektur. Obwohl diese Siedlungen das Zuhause der Mehrheit der Stadtbevölkerung sind, waren diese Nachkriegs-Vororte, die Mikrorajons und Distrikte von Zentral- und Osteuropa während Jahrzehnten unsichtbar. Viele wünschten sich gar, sie existierten nicht, oder halten sie für selbstverständlich. Viele dieser Strukturen reflektieren die Träume und Ideale einer kontroversen Ära. Zupagrafika versucht deshalb, sie zu porträtieren und somit für ein besseres Verständnis des Nachkriegs-Ostblock mit seinen Träumen, Utopien, Fehlern und Erfolgen zu sorgen.
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