14:47 BAUBRANCHE

Bauwirtschaft Ostschweiz: Wohnbau bleibt konstant – Gewerbe erlebt kleinen Boom

Teaserbild-Quelle: PD

Die Ostschweiz steht vor einer stabilen Entwicklung im Wohnbau. Auch der Bürobau verzeichnet in einigen Kantonen einen Boom. Dagegen stagniert der Trend bei Industriebauten. Die Bautätigkeit hat sich jedoch in der ganzen Region etwas abgeschwächt.

Visualisierung der Wohn- und Gewerbeüberbauung Rheincity in Buc

Quelle: PD

Visualisierung der Wohn- und Gewerbeüberbauung «Rheincity» in Buchs. Mit dem Projekt entstehen dereinst 143 Mietwohnungen sowie 78 Wohnungen im Stockwerkeigentum.


Die Aussichten fürs Ostschweizer Baugewerbe bleiben weiterhin gut. Die auf Basis von Gesuchen ermittelte Hochbausumme aller sechs Kantone verblieb praktisch auf gleichem Niveau wie in der Vorjahresperiode (-0,5 Prozent) und übertrifft erneut die Marke von sieben Milliarden Franken, was dem zweithöchsten Wert der letzten fünf Jahre entspricht. Eine Ausnahme bilden hierbei jedoch die beiden Kantone Glarus (-17,0%) und St. Gallen (-8,0%), die im Hochbausegment jeweils Rückgänge verzeichneten.

Leicht gebremst werden dürfte das Wachstum in der Ostschweiz ausserdem vom Industriebau, der im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von 26,7 Prozent aufweist. Eine starke Zunahme verzeichnete dem gegenüber der Bürobau mit 91,0 Prozent. Dies zeigen die Zahlen zu den Baueingaben in den Kantonen St. Gallen, Thurgau, Graubünden, Glarus, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden, welche die Docu Media Schweiz GmbH zwischen dem 1. September 2021 und dem 31. August 2022 erhoben hat (blau-graue Grafiken).

Stabiler Wohnbau

Gesamthaft stieg die Summe geplanter Wohnbauten im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent, womit ein neuer Höchstwert der letzten fünf Jahre erreicht wurde. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren insbesondere die Kantone Graubünden (+20,0%), Appenzell Innerrhoden (+11,0%) und Appenzell Ausserrhoden (+22,2%). Dem gegenüber steht der Kanton Glarus, wo die für Wohnbauten geplante Summe um rund 39,7 Prozent einbrach und damit ein vergleichbares Niveau wie zuletzt in der Periode 2018/2017 erreicht wurde.

Im Segment Mehrfamilienhäuser sticht Glarus mit einem starken Rückgang von 54,3 Prozent heraus, nachdem der Kanton im Vorjahr noch eine positive Veränderungsrate aufwies. Ähnlich sieht es in St. Gallen aus, wo die für mehrstöckige Wohnbauten geplante Summe um rund 9,5 Prozent zurückging und damit auf einen neuen Tiefstwert rutschte. 

Dennoch wird im flächenmässig zweitgrössten Kanton der Bauregion Ostschweiz gemessen an der Bausumme am meisten in den Wohnraum investiert. Ein Beispiel dafür ist die Wohn- und Gewerbeüberbauung «Rheincity» in Buchs, mit der die Immobilienentwicklerin Mettler2Invest 143 Mietwohnungen sowie 78 Wohnungen im Stockwerkeigentum realisiert. 

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Gesamthaft verzeichnete das Segment Mehrfamilienhäuser eine stabile Entwicklung (+1,4%). Ausschlaggebend dafür dürften auch die beiden Appenzell sein (AI: +37,4% und AR: +87.9%). In Appenzell Ausserrhoden verdoppelte sich die geplante Bausumme im Vergleich zum Vorjahr praktisch; allein in Teufen sind zwei MFH-Projekte für zusammen über 40 Millionen Franken geplant. 

Im Kanton Graubünden verzeichnete das Segment eine Zunahme von rund 25,3 Prozent, wobei hier das millionenschwere Projekt «Serletta Süd» in St. Moritz, das unter anderem den Bau eines Grandhotels beinhaltet, zur positiven Entwicklung beitragen dürfte.

Leichte Zunahme bei Einfamilienhäusern

Das EFH-Segment verzeichnet in den sechs Ostschweizer Kantonen im Vergleich zum Vorjahr insgesamt eine Zunahme von 4,9 Prozent. Das Wachstum dürfte hierbei jedoch etwas durch Appenzell Innerrhoden (-7,4%), Appenzell Ausserrhoden (-22,1%) sowie Glarus (-21,1%) gebremst werden. Im Vorjahr konnte beim Bau von Einfamilienhäusern in Appenzell Ausserrhoden und Glarus noch eine starke Zunahme beobachtet werden.

Wachstumstreiber im EFH-Segment waren dagegen Graubünden (+13,8%) sowie St. Gallen (+5,2%) und Thurgau (+6,3%). Ausschlaggebend für die Zunahme im Bündnerland dürfte unter anderem eine Überbauung in Chur sein, mit der aktuell in mehreren Bauetappen insgesamt zwölf Einfamilienhäuser mit Einliegerwohnungen realisiert werden.

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Quelle: Bearth & Deplazes Architekten

Visualisierung Serletta Süd: Klinik Gut (links) und das neue Gesundheitshotel (Mitte).

Industriebau stagniert

Nachdem der Produktionsstandort Ostschweiz im vergangenen Jahr durch hohe Investitionen von Industrieunternehmen weiter gestärkt wurde, haben sich die Bautätigkeiten in diesem Jahr wieder etwas beruhigt. Mit Appenzell-Ausserrhoden (-80,6 Prozent), Graubünden (-58,2 Prozent) und St. Gallen (-31,9 Prozent) haben sich die Summen gleich in drei der sechs Kantone klar verringert.

Gewerbe-Boom im Appenzell

Dagegen verzeichnet der Bürobau in der Ostschweiz eine starke Zunahme (+90,9 Prozent). Dazu beigetragen haben vor allem die beiden Appenzeller Kantone, in welchen der Gewerbebau einen regelrechten Boom erleben dürfte. In Appenzell Innerrhoden wurden Baugesuche in der Höhe von 52,5 Millionen Franken eingereicht (Vorjahr: 0,6 Millionen Franken), und in Appenzell Ausserrhoden beträgt die Summe eingereichter Baugesuche gesamthaft 27,7 Millionen Franken (Vorjahr: 1,5 Millionen). Die grössten Projekte dabei sind die Erweiterung eines Geschäftsgebäudes der Bischofberger AG in Weissbad für 16 Millionen Franken, und in Herisau wird für knapp 18 Millionen Franken ein neues Verwaltungsgebäude erstellt.

Auch die Kantone Graubünden (+77,9 Prozent) und Thurgau (+91,3 Prozent) legen beim Bürobau zu. Die grössten Projekte sind hierbei der Neubau eines Bürogebäudes in Landquart für 14 Millionen Franken sowie der Ergänzungsbau beim Regierungsgebäude in Frauenfeld (40 Millionen Franken).

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Wohnbautätigkeit überzeugt

In der Ostschweiz hat sich die Bautätigkeit im ersten Semester gesamthaft abgeschwächt (-4,4%). Ins Gewicht fällt dabei die Entwicklung des Tiefbaus (-7,1%). Den Rückgang konnte der Wohnbau trotz positiver Zahlen (+4,3%) aber nicht aufwiegen. Den Vergleich mit dem Erstsemesterdurchschnitt der letzten fünf Jahre konnten aber beide Segmente bestehen, lag der Tiefbau doch 9,4 und der Wohnbau 3,4 Prozent über dem Durchschnitt, wie die Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) zeigen.

Die beiden Hauptsegmente sind Treiber der Bautätigkeit in der Ostschweiz. Auf sie entfielen in den letzten Jahren über Vierfünftel des investierten Bauvolumens. Nicht auf Touren kam in den ersten sechs Monaten jedoch die Bautätigkeit des übrigen Hochbaus (-15,8%). Der Stand der verbauten Summe war unterdurchschnittlich wie beim öffentlichen Hochbau, der immerhin in den ersten Semester positive Akzente setzen konnte (+7,1%).

Tiefbau mau, Hochbau konstant

Der Auftragseingang entwickelte sich im ersten Semester verhalten (-2,3%), wobei sich die Abschwächung auf vergleichsweise hohem Niveau vollzog. Gegenüber dem entsprechenden Vorjahressemester hat dabei insbesondere der Tiefbau die Bausumme ins Minus gedrückt (-9,7%). Im Vergleich mit dem Fünfjahresdurchschnitt ist das Ergebnis allerdings nicht allzu schlecht (+5,9%).

Die Zahlen des Wohnbaus vermitteln einen klaren Wachstumstrend bei der künftigen Bautätigkeit, und zwar sowohl im Vergleich zum Vorjahressemester (+9,5%) als auch zum langjährigen Durchschnitt (+13,0%).

Bautätigkeit Bauregion Ostschweiz

Quelle: SBV (Bauhauptgewerbe)


Wenige Impulse kommen dürfte vom übrigen Hochbau, dessen Summe im Vergleich zur Vorjahresperiode stark rückläufig war (-9,6%) und sich zudem unterdurchschnittlich entwickelte (-3,9%). Ein ausserordentlich hohes Volumen beim Auftragseingang resultierte in den ersten sechs Monaten beim öffentlichen Hochbau – bei einem durchschnittlichen Wachstum allerdings (+2,6%).

Arbeitsvorrat überdurchschnittlich

Im Vergleich zum Vorjahressemester kann die Bauregion insgesamt einen erfreulich hohen Arbeitsvorrat ausweisen (+12,6%), was insbesondere auf die hohen Zuwachsraten beim Tief- (+14,6%) und Wohnbau (+15,6%) zurückzuführen ist. Auch konnten beide Segmente per Stichtag 30. Juni den langjährigen Durchschnitt weit überbieten (Tiefbau: +22,0%; Wohnbau: +19,9%).

Ein geringeres Auftragsvolumen vorrätig hat dagegen der übrige Hochbau (-14,7%), was sich auch beim Durchschnittsvergleich niederschlug (-4,8%). Der öffentliche Hochbau wiederum kann zwar im Vergleich zum Vorjahressemester den Arbeitsvorrat markant ausweiten (+51,0%), der Durchschnitt blieb aber ausser Reichweite. 

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