08:03 BAUBRANCHE

Baurecht: Revision des Obligationenrechts bringt wichtige Veränderungen

Teaserbild-Quelle: Kai Felmy

Der Bundesrat erachtet das geltende Bauvertragsrecht grundsätzlich als zweckmässig und ausgewogen. Eine systematische Benachteiligung der Bauherren würde nicht vorliegen, so der Bundesrat. Nichtsdestotrotz gibt es in gewissen Bereichen Handlungsbedarf. Mit den Neuregelungen soll die Situation von Bauherren sowie Käufern von Grundstücken mit neu erstellten Bauten punktuell verbessert werden. Die wichtigste geplante Änderung betrifft die Verlängerung der Rügefrist für Mängel. Zudem soll das Recht auf Nachbesserung in gewissen Fällen nicht mehr vertraglich ausgeschlossen werden dürfen. Schliesslich soll die Situation der Bauherrschaft beim Bauhandwerkerpfandrecht verbessert werden.

Recht Paragraphen Comic

Quelle: Kai Felmy


Von Claudia Schnüriger*

Soweit zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart wurde, muss nach geltendem Recht ein Mangel «sofort» gerügt werden. Unterbleibt die Mängelrüge, so gilt das Werk oder die Kaufsache als genehmigt und sämtliche Mängelrechte gehen verloren. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bedeutet die sofortige Rügefrist, dass Mängel innert sieben Tagen ab Entdeckung gerügt werden müssen.

Wenn es sich um einen Mangel handelt, bei dem die Gefahr besteht, dass ein Zuwarten zu einem grösseren Schaden führen kann, kann auch eine kürzere Frist geboten sein.[1] Diese äusserst kurze Rügefrist mit der Rechtsfolge der vollständigen Verwirkung sämtlicher Mängelrechte bei verspäteter Mängelrüge ist problematisch. 

Aus diesem Grund soll mit der geplanten Revision die Rügefrist verlängert werden. Beim Grundstückkaufvertrag und für unbewegliche Werke soll neu eine Rügefrist von 60 Tagen gelten.[2] Die Parteien haben allerdings weiterhin die Möglichkeit, eine andere Frist zu vereinbaren.

Nachbesserungsrecht an Bauten für persönliche oder familiäre Zwecke

In der Praxis ist es üblich, dass der Bauunternehmer oder der Verkäufer einer Immobilie die Haftung für Mängel wegbedingt und im Gegenzug dem Bauherrn oder Käufer die Gewährleistungsrechte gegenüber seinen Subunternehmern abtritt. 

Die geplante Gesetzesrevision sieht deshalb vor, dass das bestehende Nachbesserungsrecht für Baumängel zukünftig von Gesetzes wegen nicht mehr ausgeschlossen werden kann, wenn der Bau persönlichen oder familiären Zwecken dient. Mit der Formulierung «persönlicher oder familiärer Zweck» wird sichergestellt, dass nur Bauten erfasst werden, welche unmittelbar privaten Zwecken dienen.

Beim Kaufvertrag soll das Nachbesserungsrecht nur beim Kauf eines Grundstücks mit einer neu erstellten oder noch zu erstellenden Baute bestehen. Um eine Neubaute handelt es sich nur bei Bauten, die weniger als ein Jahr vor dem Erwerb neu errichtet wurden. Mängel an Bauten, die zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken erworben werden sowie andere bewegliche und unbewegliche Werke sind von dieser Regel nicht erfasst.

Anpassungen beim Bauhandwerker-pfandrecht (Art. 839 Abs. 3 ZGB)

Mit der dritten Neuregelung will der Bundesrat die Situation der Bauherrschaft beim Bauhandwerkerpfandrecht verbessern. Ein Bauhandwerkerpfandrecht steht dem Bauunternehmen am Grundstück der Bauherrschaft zu, wenn Forderungen unbefriedigt bleiben. Das Gesetz sieht vor, dass der Eigentümer die Eintragung des Pfandrechts im Grundbuch abwenden kann, indem er für die Forderung «hinreichende Sicherheit leistet» (Art. 839 Abs. 3 ZGB). Der Bundesrat schlägt vor, dass die Ersatzsicherheit zur Abwendung der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts zukünftig die Verzugszinsen für zehn Jahre decken muss und nicht wie bisher für unbeschränkte Zeit. 

[1] Urteil des Bundesgerichts 4A_53/2012 vom 31. Juli 2012, E. 6.2.; Urteil des Bundesgerichts 4A_399/2018 vom 8. Februar 2019, E. 3.2. [2] Art. 219a Abs. 1, Art. 367 Abs. 1 zweiter Satz und Art. 370 Abs. 3 zweiter Satz E-OR.

*Zur Person

Claudia Schnüriger ist Rechtsanwältin bei der Baur Hürlimann AG, Baden /Zürich. Sie ist auf folgende Fach-gebiete spezialisiert: Beratungs- und Prozessmandate, Bau- und Immobilienrecht sowie Staats- und Verwaltungsrecht. Ihr Studium absolvierte Claudia Schnüriger an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur und der Universität Luzern. Im Jahr 2020 erlangte sie ihr Anwaltspatent. Bevor sie im Jahr 2021 ihre Anwaltstätigkeit bei der Baur Hürlimann AG aufnahm, arbeitete sie in einer Anwaltskanzlei im Kanton Zug.

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