11:46 BAUBRANCHE

Zürich: Flughafenregion auf Höhenflug

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: Richi, Pixabay-Lizenz

Innovation, Transformation und Kollaboration in der Immobilienbranche - darum ging es am fünften Immobilien-Summit der Flughafenregion Zürich. Es war spannend zu sehen, welche Ansätze umgesetzt und wie dabei die Mitarbeiter einbezogen werden.

Quelle: Stefan Schmid

«Schönheit ist eine vernachlässigte Strategie der Nachhaltigkeit», Stefan Sagmeister, Grafikdesigner und Typograf.

Die Immobilienbranche nutzt technische Neuerungen bereits intensiv. Doch um neue Bedürfnisse befriedigen und Kostensenkungen realisieren zu können, gibt es bei der Transformation noch Nachholbedarf. Erfolgsfaktoren für neue Geschäftsmodelle sind KoIlaborationen. Und beim Werterhalt von Immobilien könnte die Ästhetik künftig wieder mehr Raum bekommen.

«Wir sind überzeugt davon, dass es im Kerngeschäft Evolution braucht, aber dass auch eine Beschäftigung mit der Revolution notwendig ist», sagt Christoph Meili, CEO und Mitgründer der Company Factory AG. Der Name ist Programm, sie stellt ihre Kompetenz zur Verfügung, um in Zusammenarbeit mit Unternehmen Innovationen auf den Boden zu bringen und neue Bereiche aufzubauen.

Dazu testen Meili und sein Team erfolgsversprechende Geschäftsmodelle am Markt. Auftraggeber erhalten auf diese Weise Erkenntnisse, was auf dem Markt auch tatsächlich funktioniert und wo künftig Wachstumsfelder liegen könnten. In der Regel entsteht ausserhalb der Organisation eine komplett neue Einheit mit eigenem Team. Danach heisst es: «Test and learn». Im Fokus: Das Ertragspotenzial. «Innovation sollten der absoluten Maxime folgen und neue sowie messbare Erträge generieren», sagt der Digital Native Meili. Die losgelöste Form biete den Vorteil, aus der klassischen, vergangenheitsgeprägten Denkhaltung auszubrechen, wie er beim 5. Immobilien-Summit der Flughafenregion Zürich ausführt. Es ging um die Themen Innovation, Transformation und Kollaboration.

«Fail fast and learn fast»

Bei einem Kunden der Company Factory hatte der Transformationsmanager den Auftrag, jährlich ein neues Startup auf die Beine zustellen, um langfristig das Kerngeschäft zu stärken. Der 70-jährige Unternehmer mit 1000 Angestellten wollte ein völlig neues Geschäft mit einer Sensorlösung zur Sturzprävention aufzubauen. Innerhalb von vier Monaten sollte Klarheit herrschen bezüglich des Erfolgspotenzials und der Finanzierung.

Meili schätzt, dass nur rund fünf Prozent der Projekte erfolgreich umgesetzt werden. Doch auch wenn Projekte das Ziel verfehlen, lassen sich gleichwohl wertvolle Rückschlüsse fürs Kerngeschäft ziehen. «Fail fast and learn fast», nennt er das. Doch begegnet er einer gewissen Zurückhaltung, einem Projekt den Stecker zu ziehen, wenn sich keine positive Entwicklung abzeichnet, was für Meili aus psychologischer Sicht wegen bereits getätigter Investitionen erklärbar ist. Bis sich Projekte wie erwartet in Erträge ummünzen lassen, braucht es Zeit. Drei bis fünf Jahre können vergehen, schätzt Meili, manchmal nur anderthalb oder zwei Jahre, mitunter reicht ein Jahr.

«Unser Weg muss nicht unbedingt der richtige sein», sagt Meili selbstkritisch. Doch die «Kraft des Losgelösten» habe positive Effekte auf die Kernorganisation. «Schnelle, erkennbare Erfolge fördern auch die Transformationsbereitschaft bei den bestehenden Mitarbeitern», ist Meili überzeugt. Bei grösseren Firmen stösst Meilis Prinzip auch auf Skepsis. Der Payback, die Renditen oder die Governance werden moniert, Detailpläne gefordert, bis die Konkurrenz schneller ist. «Heute sind es viele Firmen nicht mehr gewohnt, auszuprobieren», stellt er fest.

Innovationen im Haus

René Zahnd kann den Ansatz nicht ganz teilen. Er ist CEO der Swiss Prime Site AG, die über ein Portfolio von mehr als 11,2 Milliarden Franken verfügt. Die «Kraft des Losgelösten» hält Zahnd zwar für einen gangbaren Weg, doch er schränkt ein: «Innovation kann man nicht machen, wenn man die Regeln des Managements zu wenig beachtet.» Das Unternehmen verfolgt selbstverpflichtend fünf Werte, einer davon ist die Innovation. Vertrauen, Offenheit, Zeit, Mut und Geld sind die Ingredienzen der Innovationskultur, wie eine Kaderumfrage zeigte. Um neue Ideen und Geschäftsmodelle kümmert sich innerhalb des Unternehmens konkret eine Gruppe, bestehend aus Vertretungen aller Bereiche. Im engen Kontakt zu einem Venture Lab verfolgt man das Marktgeschehen intensiv. 500 Firmen aus den Bereichen Proptech und Healthtech werden pro Jahr unter die Lupe genommen. 80 bis 100 Firmen können sich jeweils für zweitägige Workshops bewerben, wovon schliesslich vier der Konzernleitung das Geschäftsmodell präsentieren. Die Umsetzung liegt dann bei den einzelnen Gruppengesellschaften.

Plätze als Angelpunkt der Planung

Projekt- und Arealentwicklungen sowie Nutzungskonzepte erfordern gemäss Zahnd neue Herangehensweisen, etwa indem man früh mit dem Umfeld den Kontakt sucht und diesen laufend pflegt. «Eine Projektentwicklung ist nur dann erfolgreich, wenn sie am Ende von den neuen Nutzern und dem Umfeld akzeptiert wird.» Vorab sei abzuklären, was vor Ort künftig passieren solle und wie mit der Community umzugehen sei. Und es brauche umfassendere Sichtweisen, weil etwa bei grossen Projektentwicklungen eine Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft bestehe. Plätze und Strassen sollten vermehrt als Ausgangspunkt der Planung dienen. Erst danach sollte man an die Gebäude denken. «Wir schenken dem öffentlichen Raum viel zu wenig Bedeutung.» Es brauche aber dieses Primat der Plätze.

Im Umbruch ist auch der Retailsektor. Geprägt ist der Handel momentan vom sogenannten Ropo-Effekt (Research offline und purchase online oder umgekehrt), der die Unternehmen vor die Aufgabe stellt, im Geschäft mit e-Shops und stationären Läden eine Balance zu finden. Auch das Residenzgeschäft befindet sich wegen der demographischen Entwicklungen laufend im Wandel. Möglichkeiten gesehen werden bei der Robotik in der Pflege und der Sensorik oder bei neuen Materialien wie sensorbestückte Böden mit Alarmfunktion. Raum für Innovationen sieht man ebenso beim Tracking, etwa dementer Personen, oder der Spracherkennung.

Schnelle Effizienzsteigerung als Ziel

Frühe Phasen technologischer Umwälzungen sind oft mit hohen Erwartungen verbunden, die langfristigen Auswirkungen für Gesellschaft und Nutzer lassen sich oft erst im Ansatz erahnen. Es muss sich erst noch erweisen, welche Ideen und Produkte sich schliesslich durchsetzen. Die Erwartungshaltung folgt oft einem ähnlichen, in der Regel fünf bis sieben Jahre dauernden Zyklus, auf die hohen Erwartungen folgen Enttäuschungen. Erst wenn das «Tal der Enttäuschungen» durchschritten ist, setzen sich Geschäftsmodelle durch – mit positiven Impulse auf die Produktivität. Anwendungen in den Bereichen Virtual und Augmented Realitiy sieht Jürg Stöckli, unabhängiger Berater sowie Verwaltungsrat verschiedener Unternehmen der Bauindustrie, auf dem Weg in Richtung Produktivitätssteigerung, auch BIM. Skeptischer beurteilt er das Potenzial einer breiten Anwendung der Blockchain-Technik im Immobilienbereich.

Bei Fragen der Innovation können laut Stöckli kleinere Unternehmen trotz geringerer Ressourcen durchaus ihre Stärken ausspielen wie flache Hierarchien und schnelle Entscheidungswege. Eigentümer könnten für innovative Projekt schnell Finanzmittel sprechen. Damit sich KMU nicht verzetteln, brauchen sie laut Stöckli bei der Transformation einen klaren Fokus und einen Manager, der diese begleitet. Doch oft müssen zuerst die technischen Rahmenbedingungen geschaffen oder Eintrittsbarrieren minimiert werden, damit überhaupt neue Unternehmen gegründet oder Angebote ausgeweitet werden können. Dann heisst es, den richtigen Zeitpunkt erwischen.

Big-Data mit neuem Methoden-Set

Möglich gemacht haben das Geschäftsmodell der PriceHubble AG die sinkenden Grenzkosten für cloudbasierte und serverbasierte Arbeiten, wie Gründer Stefan A. Heitmann sagt. Er will mit dem Unternehmen, das bereits in mehrere Länder expandierte, die Immobilienmärkte liquider und transparenter machen. «Die Lebensgewohnheiten haben sich massiv verändern und mit ihnen die Ansprüche bei Mietern und Eigentümern an die Transparenz. Man will wissen, warum man wieviel für eine bestimmte Leistung zahlt oder was im Umfeld los ist», sagt Heitmann. In Mitteleuropa ortet er intransparente Märkte mit einer zu geringen Dynamik.

Das Big-Data-Unternehmen liefert digitale Produkte in die gesamte Wertschöpfungskette der Immobilienwirtschaft unter Anwendung statistischer und mathematischer Methoden. Neu sind die massiv breitere Datenbasis und das umfangreiche Methoden-Set, was neue Auswertungen und Visualisierungen erlaubt. Doch die Entwicklung geht noch weiter. «Bei der Methodik und der Technologie stehen wir erst am Anfang.» Bewährtes solle aber nicht um jeden Preis ersetzt werden. Kunden nutzen die Produkte von PriceHubble, um Akquisitionskosten zu reduzieren, Retailbanken für die Kundenberatung oder Projektentwickler, um Baugestaltungen zu oder Renovationen zu planen. Auch lassen sich Leerstandquoten minimieren oder Mietplanungsprozesse optimieren. Intelligente Algorithmen helfen Kunden, über lange Perioden die attraktivsten Portfoliowerte zu ermitteln und grosse Prädiktionszyklen abzubilden. Letztlich getragen werden Transformationen in Gesellschaft und Unternehmen von den Menschen.

«BIM-Modell kann viel heissen»

Die Akquisitions- und Arbeitsprozesse stark verändern wird BIM, wobei die Impulse auch von aussen kommen. «Unternehmen müssen sich vertraut machen mit BIM, sonst kommen sie irgendwann nicht mehr an Aufträge heran», warnt David Schwaninger. Er ist als Anwalt bei Blum & Grob Rechtsanwälte und auf Bau- und Immobilienrecht sowie IT-Recht spezialisiert. Länder und Unternehmen setzen bei Projektausschreibungen und Planungen immer mehr BIM voraus. Doch Schwaninger stellt fest: «BIM-Modell kann viel heissen». Wie Pläne sind Modelle urheberrechtlich geschützt. Weil aber unter Umständen viele Planer am Modell arbeiten, haben alle ein Recht daran. Keiner darf etwas machen ohne die Zustimmung der anderen. Steigt beispielsweise ein Planer aus, besteht das Problem, dass das Modell ohne seine Zustimmung von den anderen Planern nicht ohne weiteres weiterentwickelt werden kann. Der Beitrag des Planers, der aussteigen will, muss allenfalls separat betrachtet und entschädigt werden, was laut Schwaninger die Sache kompliziert macht. Bauherrschaften dürfen auch nicht darauf hoffen, dass der Generalplaner über alle Rechte verfügt und diese dann abtreten muss.

Wenn der Generalplaner die Rechtslage mit dem Subplaner nicht im Vertrag verbindlich geregelt hat, kann laut Schwaninger Letzterer trotzdem gegen allfällige Ansprüche oder Forderungen vorgehen und den Gebrauch des Modells untersagen. Deswegen sei es wichtig, dass man auch in den unteren Vertragsebenen die nötigen Rechte abtreten lässt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass Bauherrschaften selber Verträge mit den Subplanern abschliessen, sondern sie müssen nur sicherstellen, dass der Generalplaner das wirklich macht. Weil mit dem BIM-Manager und BIM-Administrator zwei zusätzliche Parteien involviert sind und den Betrieb vermutlich ein anderes Unternehmen übernimmt, wird es zusätzlich kompliziert. Abzuklären sind laut Schwaninger, welche Daten es für das BIM-Projekt braucht und wofür diese genutzt werden sollen. Denn je nach Verwendungszweck, ob für Planung, Realisierung oder Betrieb, sei ein anderes Set von Daten notwendig. Vertraglich zu regeln seien auch das Format und die Verfügbarkeit der Daten. «Wenn klar ist, was man will, lassen sich Risiken minimieren», sagt Schwaninger.

Abklärungen für schlimmsten Fall

Zum Risk Management zählt er auch den Konkursfall, den viele oft nicht für sehr wahrscheinlich halten. Gleichwohl stellten sich vorab Fragen zur Infrastruktur und Datenmigration. «Wenn nicht geregelt ist, welche Daten in welchen Formaten übergeben werden, damit man diese nachher auch brauchen kann, wird es Diskussionen geben», warnt Schwaninger. Bauherrschaften hätten auch die Möglichkeit, sich regelmässig die Daten in Form von Backups liefern zu lassen.

Im Konkursfall besteht zudem kein gesetzlicher Anspruch auf Herausgabe von Daten. Grund: Daten sind keine Sachen. Hoffen könne man dann allenfalls auf eine Konkursdividende, falls noch Substanz vorhanden sei, oder auf die Kulanz des Konkursverwalters, das Modell gegen Entschädigung herausgeben. Werden bei Verkäufen Personendaten übergeben, ist laut Schwaninger auch das Datenschutzrecht tangiert, was einen entsprechenden Passus in Mietverträgen erfordert.

Transformation der Organisation

Eine stärkere Marktausrichtung erreichen wollte die Firma Schibli. «Transformation ist für uns als Gebäudetechniker und Elektrotechniker ein gutes und wichtiges Stichwort», sagt Jan Schibli, der in dritter Generation das auf Elektro- und Gebäudetechnik sowie Informatik spezialisierte Unternehmen leitet. Der Wandel vom Management getriebenen zum Markt getriebenen Unternehmen hatte organisatorisch zur Folge, dass vermehrt auf Könnerschaft basierende Teams gebildet werden sollen. «Es geht darum, die Besten am besten Ort zu platzieren», beschreibt Schibli die Idee. Ausgangspunkt waren sogenannte Inside-Profile mit Stärken und Schwächen der 550 Mitarbeiter, die auch ihre künftige Rolle innerhalb der Organisation beschreiben sollten.

Veränderungsprozesse laufen laut Lehrmeinung oft ähnlich ab, in der Regel in vier Phasen. In einem ersten Schritt sollen angestammte Denkweisen hinterfragt werden. Verlassen werden sollte die «Komfortzone», in der scheinbar alles rund läuft. Das löst in einem zweiten Schritt Verunsicherung aus und soll im dritten Schritt zur Akzeptanz der neuen Rolle führen bis die Transformation in Schritt vier abgeschlossen ist.

Es sei nicht immer angenehm gewesen, weil sich Mitarbeiter nicht in einer bestimmte Rolle gesehen hätten. Und es brauche für die Integration der Transformationsprozesse Geduld, da es keine organisatorische Pyramide mehr gebe. Denn Informationsfluss hat man mittels einer App optimiert. «Die Angst, im Prozess stecken zu bleiben oder etwas zu verlieren, ist unbegründet. Die Mitarbeiter werden mitgehen und sogar zeigen, wohin es mit dem Unternehmen geht.» Von diesen erhält Schibli durchwegs gute Rückmeldungen. Die Werthaltung wird immer noch als die gleiche empfunden. Das habe sich nicht verändert. «Der Prozess war extrem spannend», sagt Schibli rückblickend. «Transformation findet dauernd statt. Aber es stellt sich die Frage, ob sich der Mensch gewandelt oder nur angepasst hat.»

Kollaboration bestimmt den Erfolg

Den Markt hält auch Meili genau im Auge, um bei Projekten jeweils mit spezialisierten Partnern zusammenzuarbeiten. Auch mit potenziellen Kunden wird das Gespräch gesucht. «Die Kunden lieben es. Sie wollen dabei sein, wenn wir etwas Neues entwickeln.» Kooperationen sind für ihn entscheidend für den Erfolg. Grundsätzlich plädiert Zahnd für mehr Offenheit, was Kollaborationen zwischen den Unternehmen betrifft. Doch sei man dazu oft noch zu wenig bereit, obwohl aufgrund von Veränderungen in den Umweltsphären die Situation für alle ähnlich sei. Das Ziel, mit tieferen Kosten am Markt zu sein, liesse sich gemeinsam schneller realisieren.

Ein Hindernis für Kooperationen sieht Stöckli beim Silodenken von Abteilungen. Auch seien Ängsten vorhanden, den Gebietsschutz zu verlieren oder zusätzlicher Konkurrenz ausgesetzt zu sein. Doch dies sei unbegründet und er plädiert dafür, strategische Allianzen mit Partnern zu suchen, mit denen man wiederkehrend zu tun hat und konstatiert: «In der heutigen Zeit kann man nicht überall der Beste sein.» Gleichwohl seien Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken abzuwägen. Der Nukleus der unternehmerischen Tätigkeit bleibe die eigene Kernkompetenz. Denn für Stöckli ist klar: «Die Arbeitsumgebung wird sich massiv verändern müssen.» Häufig entwickelt auch PriceHubble zusammen mit Partnern und Kunden offene und interaktive Lösungen für die Wertschöpfungskette. «Das alte klassische Modell, bei dem jedes Unternehmen alles selber macht, ist sowas von überholt», sagt Heitmann.

Bauhaus und die Folgen

«Eine schöne Umgebung wird nicht nur Einfluss auf unser Fühlen haben, sondern auch auf unser Benehmen», sagt Grafikdesigner Stefan Sagmeister zur elementaren Bedeutung der Schönheit in der Architektur. Angesichts so mancher gebauter Tristesse gelte es, über die Rolle des Funktionalismus nachzudenken, der ästhetischen Kriterien nicht umfassend Rechnung trage. Vor allem die zweite und dritte Generation von Architekten und Planern nach den Gründern hätten die Ideen von Bauhaus missverstanden und zu einem «ökonomischen Funktionalismus» reduziert. Anfang des letzten Jahrhunderts habe bereits Adolf Loos, der grossen Einfluss auf die Bauhausideen hatte, die Ornamentik zum Verbrechen erklärt. 1930 sah er die Entwicklung kritisch, wie Sagmeister ausführt. Das Bauhaus habe das Ornamentlose selber zum Ornament erhoben. Entstanden sei eine Art «International Style» mit ähnlichen Gebäuden überall auf der Welt. Der Modernismus habe durchaus auch schöne Gebäude hervorgebracht, wie das Seagram-Building in New York von Mies van der Rohe.

Ästhetik als nachhaltige Strategie

Dabei folgt der Begriff von Schönheit universellen Gesetzmässigkeiten, wenn wir Kombinationen aus Umriss, Form, Farbe, Komposition, Materialität oder Struktur beurteilen, wobei die Wahrnehmung hälftig individuell geprägt ist, abhängig von Kenntnissen, Kontext und Stimmung des Betrachters, sowie vom allgemeinem Konsens. Das Empfinden von Schönheit ist für Sagmeister etwas zutiefst Menschliches und eine Voraussetzung fürs Wohlbefinden.

Den Funktionalismus relativierte auch Max Bill, einer der grössten Schweizer Modernisten, als er 1950 sagte: «Es wird nur funktionieren, wenn wir die Schönheit wieder einführen auf gleicher Ebene wie die Funktionalität.» Und er vermutete, die funktionale Bauweise sei deshalb so beliebt, weil sie einfacher umzusetzen sei, wie Sagmeister den Meister zitiert. Ästhetisch ansprechende Bauten zu realisieren, ist für ihn keine Frage des Geldes. «Schönheit muss nicht teuer sein, aber es ist immer viel schwieriger.» Investitionen in sie lohnten sich, weil die Dinge besser funktionieren und deren Wert steigt. So gesehen dienten Lösungen, die ästhetischen Kriterien genügten, auch langfristig der Werterhaltung. «Schönheit ist eine vernachlässigte Strategie der Nachhaltigkeit,» betont Sagmeister. Entscheidend sei, dass bei Bauten oder Gestaltungen das Engagement spürbar werde: «Hat jemand Liebe und Kraft hineingesteckt oder war alles einfach egal.»

Der aus Bregenz stammende Sagmeister sieht in der Schweiz Beispiele gelungener Architektur wie den Flughafen Zürich. Und «Schönheit» scheint in der Wahrnehmung wieder wichtiger zu werden. In Abfragen zum Begriff in den von Google digitalisierten Büchern der letzten dreieinhalb Jahrhunderte steigt die Zahl der Nennungen seit Jahren deutlich an. In der Literatur am wenigsten Erwähnung fand der Begriff in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, in den beiden voran­gegangenen war sie hoch.

Wachstumsmotor Flughafenregion

Innerhalb des Kantons Zürich nimmt die Flughafenregion, die sich von Dübendorf bis Bülach erstreckt, als Wirtschaftsmotor eine Sonderstellung ein. Die Wirtschaftszone mit 150 000 Einwohnern und 130000 Beschäftigten befindet sich im Grösse-Ranking auf Platz drei – mit weiterhin guten Prognosen.

Für die Region gehen diese bis 2030 von einem Wachstum von 20 Prozent aus. Eine Reihe von Grossprojekten sind in Planung, im Bau oder vor der Fertigstellung darunter auch mehrere Hochhäuser. In Planung oder im Bau sind zudem acht Hotels.

Der Hochhausgürtel entwickelt sich vor allem entlang der Glattalbahn, die das prognostizierte Passagieraufkommen deutlich übertrifft und als Wachstumstreiber gilt. Ein Vorprojekt für die Verlängerung der Bahn soll Ende 2019 vorliegen.

www.flughafenregion.ch

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

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