13:17 VERSCHIEDENES

Ausstellungstipp: Jahrtausende alte Bildhauerkunst

Geschrieben von: Silva Maier (mai)
Teaserbild-Quelle: Schweizerisches Nationalmuseum

Vor 4000 bis 5000 Jahren begannen die Menschen vom Kaukasus bis zum Atlantik ihre Abbilder in der Landschaft zu hinterlassen. Steinstelen in menschlicher Gestalt, Porträts ranghoher Männern und Frauen. Das Landesmuseum in Zürich hat ihnen eine Ausstellung gewidmet.

Blick in die Ausstellung "In Stein gemeisselt"

Quelle: Schweizerisches Nationalmuseum

Die Ausstellung versammelt insgesamt 40 Steinfiguren; sie stammen aus der Schweiz, Italien, Deutschland und Frankreich.

Sitten blickt auf eine Jahrtausende alte Geschichte zurück. Davon erzählen die Funde, die zwischen 1961 und 1968 an der Avenue Petit Chasseur gemacht worden sind: Archäologen förderten hier acht megalithische Gräber und 20 vor 4000 bis 5000 Jahren in Stein gehauene, menschliche Figuren zu Tage. Die Erbauer der Ruhestätten hatten die zum Teil mit komplexen, geritzten Mustern geschmückten Stelen als Baumaterial genutzt, weswegen sie je nachdem zurecht gehauen worden und deshalb nicht vollständig erhalten sind.

Weitere Grabungen folgten. So stiess man zwei Jahrzehnte später im Zuge eines Hausbaus in der Nähe der Petit-Chasseur-Fundstätte auf noch mehr Zeitzeugen: ein Dolmen und ein kleines Grab. Und in den Jahren 2018 und 2019 entdeckten Archäologen auf dem Grund der nahegelegenen, jüngeren keltischen Nekropole Don Bosco mit einem grossen Dolmen und fünf Figuren weitere Schätze.  Schliesslich fand man kurz darauf in der Umgebung eine ganze Stelenreihe; Von dieser haben mehrheitlich jedoch nur die dazugehörigen, in den Grund gerammten Sockel die Zeit überdauert.

Menschen statt Götter

Männliche Stele mit T-förmigem Gesicht

Quelle: Musées cantonaux du Valais, Sion. Hervé Paitier

Männliche Stele mit T-förmigem Gesicht, gemustertem Gewand, Pfeil und Bogen. Marmor. 2500–2200 v. Chr. Schweiz, Kanton Wallis, Sitten.

Ein paar der Stelen aus Sitten sind zurzeit in der Ausstellung «Menschen in Stein gemeisselt» im Landesmuseum in Zürich zu sehen. Besonders eindrücklich ist eines der beiden komplett erhaltenen Exemplare von der Fundstelle Petit-Chasseur aus der Zeit 2000 bis 2500 v. Chr. (siehe Bild). Den Archäologen zufolge dürfte es sich bei der zwischen 1972 und 1973 ausgegrabenen, rund 1.5 Meter hohen Marmorstele um einen Mann handeln. Ein feines Rauten- und ein Dreiecksmuster zieht sich über die Figur, das von einem Pfeil und einem Bogen unterbrochen wird. Wie die anderen ist aber auch diese Stele wieder verwertet worden, sie hat als Wand eines bronzezeitlichen Steinkistengrabs gedient.

Der Bogenschütze stellt vermutlich wie die übrigen Figuren eine Persönlichkeit dar, die einen besonderen Status in der Gesellschaft inne hatte. Um Götter dürfte es sich bei den Exponaten kaum handeln: «Die Tatsache, dass die abgebildeten Kleider, der Schmuck, die Waffen und die anderen Objekte zur Welt der Sterblichen gehören, sowie der Umstand, dass die Stelen eine beschränkte Lebensdauer hatten – sie wurden nach einer Weile bewusst zerbrochen und als Baumaterial wiederverwendet –, deuten eher darauf hin, dass Menschen dargestellt sind», heisst es im Katalog zur Ausstellung.

Nicht nur in Sitten stiess man auf Kunst aus der Kupfersteinzeit respektive aus der Zeit des Übergangs der Steinzeit in die Bronzezeit: Im Aostatal sind ähnliche Funde gemacht worden. Sie legen nahe, dass es kulturelle Verbindungen zwischen der damaligen Bevölkerung im heutigen Wallis und im Aastotal gegeben haben muss.

In der Ausstellung sind insgesamt 40 solcher menschlicher Abbilder zu sehen, nicht nur aus der Schweiz und Italien, sondern auch aus Deutschland und Frankreich. Sie werfen ein Streiflicht auf eine Gesellschaft, die weitgehend im Verborgenen liegt.

Menschen in Stein gemeisselt bis 16.Januar
Weitere Infos und Öffnungszeiten an den Feiertagen: www.landesmuseum.ch/menschen-in-stein

Publikation zur Ausstellung: Menschen in Stein gemeisselt , Hrsg. Schweizerisches Nationalmuseum, Christoph-Merian-Verlag, 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-85616-961-9, 32 Franken 90

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