14:17 KOMMUNAL

Wird die Schweiz zur Batterie Europas?

Teaserbild-Quelle: Matthias Mahr

Wie genau die Stromversorgung nach dem Ausstieg aus der Atomenergie aussehen wird, ist noch offen: Die detaillierten Pläne will der Bundesrat in den nächsten Tagen oder Wochen vorlegen.

Die Energiekommission des Nationalrats hatte vom Bundesrat umfassende Informationen zur Stromversorgung mit erneuerbaren Energien im europäischen Kontext gewünscht. In seinem Bericht bekräftigt der Bundesrat, die erneuerbaren Energien seien ein wesentlicher Eckpfeiler der neuen Energiepolitik.

Steigerung um 22 Terawattstunden bis 2050

Die erneuerbare Stromproduktion könne bis 2050 um 22 Terawattstunden gesteigert werden. Eine Terawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden und damit dem Stromverbrauch von rund 300'000 Durchschnittshaushalten pro Jahr. Die fünf Schweizer Atomkraftwerke produzieren zusammen jährlich insgesamt rund 25 Terawattstunden Elektrizität.

Der Ausbau der Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen bedinge jedoch den gleichzeitigen Ausbau des Elektrizitätsnetzes, heisst es weiter im Bericht. Zudem sei beispielsweise die Windenergie in der Schweiz nur beschränkt nutzbar, insbesondere wegen des Landschaftsschutzes.

Windenergie reicht für ganz Europa

Im Ausland dagegen dürfte die Windenergie stark ausgebaut werden. Der Bericht geht davon aus, dass Windenergie je nach Standort ab etwa 2020 mit den konventionellen Technologien wettbewerbsfähig sein wird. Nach den Ereignissen in Fukushima seien diese Aussagen als eher konservativ einzustufen, halten die Autoren fest.

Doch die Windenergie wird nicht nur billiger: Mit dem verfügbaren Windenergiepotenzial könnte der gesamte Stromverbrauch der EU abgedeckt werden. Bis 2030 werde das wirtschaftliche Potenzial für Windenergie auf insgesamt 30'000 Terawattstunden geschätzt, was dem Siebenfachen des dann zu erwartenden Stromverbrauchs in Europa entspreche, heisst es im Bericht.

Schweiz als Drehscheibe

In diesem Zusammenhang sieht der Bundesrat Potenzial für die Schweiz als Stromdrehscheibe im europäischen Markt. Die Schweiz habe die Möglichkeit, sich in Europa als «Batterie» zu positionieren und gleichzeitig die eigene Versorgungssicherheit auszubauen, schreibt er.

Durch den Zubau von einem Gigawatt (1 Gigawatt entspricht einer Million Kilowatt) Pumpspeicherleistung könnten zusätzlich vier bis fünf Gigawatt Leistung aus Wind- und Sonnenenergie ins System integriert werden.

Mit den bis 2020 geplanten Pumpspeicherleistungen in Österreich, Deutschland und in der Schweiz könnten die witterungsbedingten Schwankungen der Sonnen- und Windanlagen mit einer Gesamtkapazität von bis zu 60 Gigawatt ausgeglichen werden.

Beitrag zur Wertschöpfung

Falls gemäss der neuen Energiepolitik bis 2050 die Fotovoltaik auch in der Schweiz wesentlich ausgebaut werden sollte, würden die Pumpspeicherkraftwerke natürlich auch inländisch benötigt, hält der Bundesrat fest.

Der Ausbau der Pumpspeicherkraftwerke könnte gemäss dem Bericht aber nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Integration der erneuerbaren Energien leisten, sondern auch zur Wertschöpfung in der Schweiz beitragen. Aus dem Energieverkehr mit dem Ausland resultierte 2010 ein Einnahmenüberschuss von über 1,3 Milliarden Franken.

Zügiger Netzausbau nötig

In den Schweizer Alpen sind heute Wasserkraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt 13,3 Gigawatt installiert. Die Pumpspeicherkraftwerke haben eine Turbinenleistung von 1,7 Gigawatt. Bis zum Jahr 2020 werden gemäss dem Bericht voraussichtlich zusätzlich 6 Gigawatt an Erzeugungsleistung und 4 Gigawatt an Pumpenkapazität dazukommen.

Damit Pumpspeicherkraftwerke einen wesentlichen Beitrag leisten können, müsse aber der Netzausbau in der Schweiz zügig vorangetrieben und mit den europäischen Ausbauvorhaben koordiniert werden, hält der Bundesrat fest. Bereits heute gebe es zu bestimmten Zeiten an einzelnen Punkten des Netzes Engpässe. Sollten Atomkraftwerke in der Schweiz vorzeitig abgeschaltet werden, würde sich die Situation verschärfen.

Bau von Gaskombikraftwerken


Das Bundesamt für Energie untersucht derzeit, was die verschiedenen Möglichkeiten für die künftige Energieversorgung für den Netzausbau bedeuten. Die Ergebnisse sollen in die Vorlage zur künftigen Energieversorgung einfliessen, die der Bundesrat in die Vernehmlassung schicken wird.

Im Bericht bekräftigt der Bundesrat, dass es zur Deckung der Nachfrage auch einen Ausbau der fossilen Stromproduktion mit Wärmekraftkoppelung sowie Gaskombikraftwerken brauche.

Über deren Zahl war in den vergangenen Tagen auf Basis interner Unterlagen aus dem Umweltdepartement heftig diskutiert worden. Im Bericht hält der Bundesrat lediglich fest, er wolle an den klimapolitischen Zielen festhalten. (sda/mrm)

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