12:20 VERSCHIEDENES

Zeitreise in die Vergangenheit: EPFL bildet Lausanne von 1831 nach

Teaserbild-Quelle: 2025 EPFL - CC-BY-SA 4.0

Wie sah Lausanne vor fast 200 Jahren aus? Forscher der ETH Lausanne (EPFL) bilden die Stadt um 1831 derzeit in einem digitalen Modell nach. Dies mit Hilfe historischer Katasterdaten, Volkszählungen und künstlicher Intelligenz.

Ein von der Time Machine Unit erstelltes 3D-Modell zeigt das rekonstruierte Lausanne anhand der Vektorisierung des «Melotte»-Katasterplans von 1721 - 1727. (Video: Time Machine Unit, Vimeo)

Grundlage der Rekonstruktion von Lausanne aus dem Jahr 1831 bilden unter anderem der sogenannte Berney-Kataster sowie Volkszählungen von 1832. Ersterer ist gemäss einer Mitteilung der EPFL von Montag die wichtigste Quelle für das Verständnis der Stadtentwicklung von Lausanne in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Kataster wurde zwischen 1827 und 1831 erstellt und deckt das gesamte Gebiet von Lausanne ab.

Der Kataster dokumentiert als einer von wenigen aus dieser Zeit umfassend die stadtnahen Gebiete wie Bauernhöfe und Weiler rund um Lausanne und bietet dadurch ein grosses wissenschaftliches Potenzial für die Erforschung der damaligen Stadt und ihrer Geschichte. Mit dem Projekt «Lausanne Time Machine» soll der Berney-Kataster vektorisiert und damit digital verständlich sowie durchsuchbar gemacht werden.

Realisiert wird das Vorhaben von der sogenannten Time Machine Unit an der EPFL. Diese entwickelt seit über fünf Jahren am College of Humanities diverse Tools und Methoden, um virtuelle Zeitreisen zu ermöglichen. Mit Hilfe von 3D-Modellen, historischen Karten, Fotografien, Steuererklärungen, Volkszählungen sowie weiteren Daten bildet das Team Städte aus der Vergangenheit nach.

Historische Daten zugänglich machen

«Ich sehe meine berufliche Aufgabe darin, den Zugang zu historischen Daten zu demokratisieren», erklärt Isabella di Lenardo, Koordinatorin der Time Machine Unit, in der Mitteilung. Jede neue Technologie verändere die Art und Weise, wie Informationen über die Vergangenheit weitergegeben würden. Dies etwa in Form von Manuskripten auf Pergament, Büchern, Webseiten oder künstlicher Intelligenz.

Di Lenardo: «Wie wandeln wir Informationen aus alten Medien, Archiven, Büchern und Papier um und machen sie über neue Schnittstellen verfügbar?» Genau dieser Frage widmet sich das Team der Time Machine Unit. Ziel sei es, historische Informationen, die für eine breite Öffentlichkeit kaum zugänglich sind, mit Hilfe modernster Technologie zu übersetzen, um sie indexierbar und durchsuchbar zu machen.

Maschinelles Lernen hilft bei Kartografie

Dank jüngster Fortschritte bei grossen Sprachmodellen könnten heute komplexe Aufgaben weitgehend automatisiert werden. So sei es möglich, handschriftliche Texte in Verwaltungsdokumenten zu lesen, Ortsnamen aus Karten zu extrahieren und Geometrien aus Katasteraufzeichnungen des 19. Jahrhunderts abzurufen. Zudem lassen sich Szenen aus Gemälden und alten Karten automatisch neu positionieren.  

Lausanne und Vevey um 1830

Quelle: Schweizer Nationalbibliothek, Public Domain

So hatte Lausanne um 1830 ausgesehen: Stich um 1830 aus dem "Vevey, Lausanne, Genève",

«Bevor maschinelles Lernen in die Kartografie Einzug hielt, wurden alle Arbeiten zur Konvertierung einer analogen Karte manuell durchgeführt», erklärt di Lenardo. «Jemand musste beispielsweise das Strassennetz, die Gebäude, einfach alles mit einer Software von Hand neu zeichnen.» Heute könnten diese Daten in grossem Umfang vollautomatisch extrahiert werden. Das sei aber nicht einfach: «Wir müssen Algorithmen finden, die generisch genug sind, um alle Arten von Karten zu verstehen.»

Es sei ein langer Verfeinerungsprozess, um eine Kombination aus menschlicher Überprüfung und maschineller Validierung zu finden. «Je älter die Karte ist, die wir verarbeiten, desto besser können wir neue Karten verarbeiten.» Die Maschine lernt kontinuierlich, wie sie mehr Daten extrahiert, und nutzt diese, um ihr Lernen zu verbessern. «Die Datensätze, über die wir heute an der EPFL verfügen, sind so leistungsfähig, dass wir Tausende von Karten verarbeiten und die meisten darin enthaltenen Informationen automatisch extrahieren können», so die Forscherin.

Buch zu Lausanne 1831

Diesen Sommer will das Team gemäss Mitteilung das Buch «Lausanne 1831» veröffentlichen. Dieses beinhaltet unter anderem Daten des «cadastre parcellaire» und enthält eine morphologische und sozioökonomische Analyse von Lausanne, der Landschaft und den Wäldern vor den grossen städtischen Umwälzungen.

Alle mit computergestützten Methoden transkribierten und analysierten Daten werden im Text und auf der Webseite der Time Machine Unit publiziert und öffentlich zugänglich sein. Das Buch umfasst auf mehr als 400 Seiten über 30'000 transkribierte Datensätze und soll den Lesern damit auch einen Eindruck vermitteln, wie viel Informationen nötig sind, um historische Daten umfassend zu untersuchen. (mgt/pb)

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