Biber schaffen Lebensräume für Fledermäuse
Viele Arten profitieren von den Lebensräumen, die Biber durch den Bau von Dämmen schaffen – und zwar nicht nur Wasserlebewesen. Eine neue Untersuchung der WSL und Eawag zeigt, dass in Biberrevieren mehr Fledermäuse jagen als ausserhalb.
Quelle: Christof Angst
Biber sind Landschaftsarchitekten.
Bis auf wenige tausend Tiere war der Biber im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas ausgerottet, heisst es in einer Mitteilung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL von Donnerstag. Heute gibt es dank Jagdverbot und Auswilderungsprojekten wieder über 1,4 Millionen Biber weltweit – in der Schweiz sind es gemäss Mitteilung rund 4900.
Echolot-Rufe aufgezeichnet
Indem die Nager Bäche stauen und Bäume fällen, schaffen sie Lebensräume und Nahrung für viele andere Lebewesen – vor allem für Fische und andere aquatische Tiere. Weniger klar war bislang aber, wie sich die Bautätigkeit des Bibers auf Tiere und Ökosysteme an Land auswirkt, heisst es in der Mitteilung.
Genau das hat nun ein Team der WSL und der Eawag mit der nationalen Biberfachstelle beim Nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Fauna (Info Fauna) für Fledermäuse untersucht. Die Forschenden verglichen dafür an acht Flüssen im Schweizer Mittelland jeweils zwei Abschnitte, einen mit Biberdamm und einen ohne Bibereinfluss.
Zudem zeichneten sie die Echolot-Rufe der Fledermäuse bei der Insektenjagd auf, um deren Menge zu schätzen, und zählten Fluginsekten, die sie mit speziellen Fallen fingen. Ausserdem schaute sich das Team die Qualität der Vegetation mit und ohne Biber an: Die Zahl der stehenden und liegenden toten Bäume, die Pflanzenarten und die Waldstruktur – also wie lückig und unterschiedlich hoch das Kronendach ist.
Quelle: Valentin Moser
Biber produzieren stehendes Totholz, ein wertvoller Lebensraum für viele Tierarten.
Gefährdete Fledermausarten
Im Schnitt kamen laut der WSL pro Nacht bei Biberteichen fünf und an den anderen Bachabschnitten vier von schweizweit dreissig einheimischen Fledermausarten vor. Auch flogen laut der WSL an Biberteichen öfter bedrohte Arten der roten Liste und die Fledermäuse jagten in Biberrevieren 2,3-mal häufiger als in den Kontrollstrecken, was sich an der Struktur der Echolot-Rufe ablesen liess.
«Ich hätte nicht mit einer so deutlichen Zunahme der Fledermäuse gerechnet», sagt Valentin Moser in der Mitteilung, der die Studie als Teil seiner Doktorarbeit an der WSL durchgeführt hat. Was lockte die Fledermäuse an? Zum einen waren das der vielfältigere, offenere Baumbestand und das tote Holz in den Biberrevieren, aber auch die grössere Anzahl an Insekten. «Die Qualität des Lebensraums ist in Biberrevieren besser und die Futtermenge höher als ausserhalb», sagt Moser.
Eine der bedrohten Arten, die Mopsfledermaus, schlafe zum Beispiel unter abblätternden Rindenstücken an stehenden, toten Bäumen. «In den Bibersystemen gibt es diese häufig», sagt Moser. Ein Teil der Bäume stirbt, weil Biber sie fällen, ein anderer, weil sie im gestauten Wasser absterben. «So stehen die Baumstämme noch jahrelang da und bieten einen sehr wertvollen, weil seltenen Lebensraum.»
Quelle: Christof Angst
Stehendes Wasser, Lücken im Wald und tote Bäume: hier finden Fledermäuse gute Jagdbedingungen.
Biber als natürliche Unterstützer
Ihre Resultate haben die Forschenden im Fachjournal «Journal of Animal Ecology» veröffentlicht. Darin betonen sie, dass Biber als natürliche Unterstützer beim Schutz von bedrohten Arten wie Fledermäusen helfen können.
Dem schliesst sich Christof Angst an, der Leiter der nationalen Biberfachstelle bei Info Fauna: «Fast alle Fledermäuse sind gefährdet und stehen auf der Roten Liste. Die brauchen Unterstützung und der Biber scheint genau das für uns zu übernehmen.» Die nationale Biberfachstelle hatte die Gesamtleitung des Biberforschungsprojekts des Bundesamtes für Umwelt inne, dem sich die Forschenden im Rahmen der Forschungsinitiative Blue-Green Biodiversity von WSL und Eawag anschlossen.
Derzeit erarbeitet die Biberfachstelle einen Synthesebericht zuhanden des Bundes, der aufzeigt, wie man den Biber am besten in Naturschutzprogramme integrieren kann und was man vermeiden soll, um zukünftige Konflikte zu umgehen. «Der Biber schafft wieder funktionale, sehr artenreiche und widerstandsfähige Gewässer, und zwar billiger und besser als der Mensch mit Ingenieurskunst und Baggern», sagt Angst. (mgt/pb)
Zur Mitteilung der WSL: www.wsl.ch