Neues Lüftungssystem: Mit Keramikfilter gegen Coronaviren
Mit Coronaviren belastete Aerosole sind in Räumen ein Problem. Über offene Fenster Frischluft zuzuführen, bleibt vielfach ein frommer Wunsch. Bei Lüftungssystemen müssen daher alte Gewissheiten überdacht werden. Ein Start-up hat dazu im Rahmen eines interdisziplinären Pilot- und Forschungsprojekts neue Erkenntnisse gewonnen.
Quelle: National Institute of Allergy and Infectious Diseases, NIH
Viren sind relativ einfach aufgebaut. Sie bestehen aus einem oder mehreren Molekülen, und sie sind manchmal von einer Eiweisshülle umgeben.
In einem Unterrichtsraum der Rudolf-Steiner-Sonderschule in Lenzburg AG testet die Nano Clean Air GmbH ein neues Lüftungssystem. Erforscht werden soll im Rahmen eines Pilotprojekts die Wirkung von Keramikfiltern gegen das Coronavirus. Die installierte Anlage soll auch grundsätzlich neue Erkenntnisse liefern über die Auslegung von Lüftungssystemen und den Umgang mit Aerosolen.
Beim Start-up, das seit Frühjahr
2020 aktiv ist, arbeiten und forschen Spezialisten mit einer langjährigen
Erfahrung. Im Interview mit dem Baublatt äussern sich Heinz Burtscher, Physiker
und emeritierter Professor an der Fachschule Nordwestschweiz, und Andreas
Mayer, Maschineningenieur mit Spezialgebiet Schadstoffemissionen. Das
Forschungsprojekt wird auch vom Bundesamt für Umwelt unterstützt und von der
Eidgenössischen Kommission für Lufthygiene begleitet.
Welche Filtersysteme für Reinluft in Räumen kommen aktuell
vor allem in Gebäuden zum Einsatz?
Heinz Burtscher: Wenn man von eigentlichen Reinräumen oder
Operationssälen und dergleichen absieht, dann wird die Ventilationsluft in
Gebäuden entweder gar nicht oder relativ grob gefiltert, in erster Linie
handelt es sich dabei um Pollenfilter. Kleine Partikel wie Viren oder Feinstaub
aus dem Strassenverkehr werden dabei meist überhaupt nicht entfernt. Zum
Einsatz kommen dabei vor allem Faserfilter.
Welche Typen von Filtertechniken bei Lüftungen werden
grundsätzlich unterschieden?
Andreas Mayer: Die Filter sind in der Regel plissierte
‹Papiere›, die aus feinen Fasern aufgebaut sind wie Ansaugluft-filter bei
Autos. Die Qualität der Filter ist geregelt durch SIA- und DIN-Normen. Die
höchsten Klassen sind die High Efficiency Particulate Absorbing beziehungsweise
HEPA-Filter, die ab einer Partikelgrösse von 300 Nanometern eine Abscheidung
von 99,999 Prozent erreichen. Für kleinere Partikel wie Viren mit einer Grösse
von 50 bis 150 Nanometern oder Russpartikel sind aber keine Normen definiert,
und sehr häufig versagen diese Filter im Nanometerbereich.
Was sind dabei die Unterschiede?
HB: Je besser die HEPA-Filter sind, desto kleiner muss die Geschwindigkeit der durchströmenden Luft sein. Um den Druckabfall aufzufangen, braucht es grössere Filter und mehr Energie für die Gebläse. Mit den höheren Anforderungen steigen somit der Bauraum und die Kosten. Auch die Häufigkeit des Austauschs steigt, dass die Filter nicht gereinigt werden können.
Quelle: zvg
Bei der Versuchsanordnung im Unterrichtsraum der Schule in Lenzburg wird die Luft an der Decke über Röhren abgesogen, was Vorteile bringt.
Was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile der
unterschiedlichen Arten von Filtertechniken?
HB: Ein Vorteil einfacher Filter mit bescheidener
Abscheidung ist der geringe Gegendruck beim Luftstrom. Damit verbunden sind
somit geringe Betriebskosten. Die Auswahl des Filters ist daher je nach
Situation wegen des Druckabfalls immer ein Kompromiss zwischen Effizienz,
Grösse und Kosten.
Worauf ist bei der Filtertechnik für Schulräume speziell zu
achten?
AM: Wenn es nicht nur um die Filterung von grobem Schmutz
oder Pollen geht, ist die Ansteckungsgefahr bei Viren zu berücksichtigen. Dabei
kann eine sehr geringe Dosis eine Ansteckung mit dem Coronavirus verursachen.
Konkret braucht es dazu lediglich einmalig einige 100 oder 1000 Viren. Dabei
muss man bedenken, dass ein infizierter Mensch mehrere Millionen Viren pro
Kubikmeter Atemluft ausatmen kann. Das bedeutet, dass Filter in der Lage sein
müssen, Partikel weit unter 1000 Nanometern abzuscheiden, damit diese auf
keinen Fall aus dem Filter entweichen können. Filter müssen somit sehr hohe
Abscheidegrade erreichen, auf jeden Fall mehr als 99 Prozent. Bei Viren ist
anstelle eines Filters auch eine Deaktivierung mit UV-Licht möglich. Auch
damit kann eine sehr hohe Effizienz bei relativ kleinem Druckabfall erreicht
werden. Das gilt allerdings nur für Viren. Von aussen eindringender Feinstaub,
etwa vom Verkehr, müssen wirkungsvoll gefiltert werden.
Was heisst das für die Luftzirkulation in Räumen?
AM: Neben den Filtern spielt auch die Art der Luftführung
eine sehr grosse Rolle. Diese sollte so konzipiert sein, dass es möglichst
wenig lateralen Luftaustausch von einer Person zu anderen gibt. Strömt die
Luft, wie es sehr häufig der Fall ist, aus der Decke nach unten, werden
aus-geatmete Viren erfasst und in die Breite verteilt. Damit besteht sofort ein
Ansteckungsrisiko für alle Menschen im gleichen Raum. Kommt die Luft vom
Fenster, so ist dieser Virenverteilmechanismus noch stärker und man muss sehr lange
lüften, bis die Luft im Raum durch die Aussenluft durch Verdünnung ersetzt
wird. Bei mobilen Luftreinigern entstehen ebenfalls Wirbel und ein horizontaler
Luftaustausch.
Wie unterscheidet sich das System der Nano Clean Air von
gängigen Lösungen der Luftfiltertechnik?
AM: Das System Nano Clean Air führt die Luft laminar vom Boden zur Decke. Ausgeatmete Viren werden dabei nach oben weggesaugt. Diese Bewegung des Luftstroms wird durch die Körperwärme unterstützt. An der Decke wird die Luft sofort flächig abgesaugt und einem Nano-filter zugeführt. Die beiden essentiellen Elemente sind die effiziente Nanofiltration und laminare Verdrängungsströmung von unten nach oben.
Quelle: zvg
Mit dem Nebulizer werden Kochsalzpartikel versprüht. Damit werden die Wirkungsweise und die Ausbreitung von Aerosolen im Raum simuliert.
Was kann die Filtertechnik der Nano Clean Air, was herkömmliche Filtersysteme nicht schaffen?
AM: Wir verwenden einen völlig anderen Filter, der vom Diesel-Partikelfilter abgeleitet ist. Dieser Filter ist speziell für die Abscheidung von Nanopartikeln gebaut. Er nutzt das Prinzip der Diffusion und erreicht daher auch bei sehr kleinen Partikeln von 10 bis 100 Nanometern einen Abscheidegrad von nahezu 100 Prozent. Die Entwicklung hat dazu geführt, dass dieser Filter auch die kleinsten Viren sogar noch besser abscheidet als Russpartikel, gemessen wurden 99,9999 Prozent. Dazu haben wir mit Beginn der Pandemie besondere Prüfstände aufgebaut und diese Forschungsarbeiten unter der Kontrolle von Schweizer Virologen an der Universität Fribourg betrieben. Ausserdem ist der Filter sehr klein gebaut, robust und unempfindlich gegen Feuchte und Temperatur. Zudem weist er einen geringen Gegendruck auf. Die Reinigung ist einfach und im Fahrzeugeinsatz erprobt, die Nutzungsdauer beträgt rund 20 Jahre. In diesem Filter werden Viren innerhalb von 48 Stunden vollständig deaktiviert. Der Filter kommt aus der Grossserie und ist entsprechend kostengünstig. Sollten sich Probleme mit Bakterien oder Pilzen ergeben, die in üblichen Faserfiltern oft eine Art Nest bilden, kann der Keramikfilter zwecks Sterilisation periodisch erhitzt werden. Die Filter sind skalierbar, und sowohl für Aufzugskabinen als auch für Grossräume geeignet.
Was ist der neue Ansatz?
HB: Der neue Ansatz besteht darin, Umluftventilation über laminare Verdrängung mittels der Vertikalströmung und hocheffizienter Filtration zu realisieren. Auf diese Weise lassen sich vier bis sechs Luftwechsel pro Stunde erreichen. Weil die Heizungswärme nicht bei jedem Luftwechsel abgeführt wird, ergibt sich zudem ein bedeutender energetischer Vorteil. Ein wenig Frischluft ist trotzdem nötig, um auch den Kohlendioxidgehalt zu kontrollieren. Doch die Luft wird nanogefiltert, und die Wärme kann in üblicher Weise mit der Fortluft getauscht werden.
Wie werden mögliche Keime und Viren herausgefiltert?
AM: Im keramischen Zellenfilter muss die Luft von einer Zelle durch die poröse Wand in die Nachbarzelle strömen. Deshalb nennt man diesen Filtertyp auch Wandstromfilter. Danach gelangt die Luft ins Freie. Die Poren sind im Mittel nur etwa 10 Mikrometer gross, und die Geschwindigkeit liegt dank der sehr grossen inneren Fläche im Bereich von Zentimetern pro Sekunde, sodass alle Viren durch die Brownsche Bewegung an die innere Oberfläche gelangen. Dort werden sie durch die van der Waalschen Kräfte sehr fest gebunden. Weil ein biologischer Wirt wie Zellen von Menschen oder Tieren fehlt, können sich Viren nicht vermehren. Innerhalb von 48 Stunden verlieren Viren ihre Aktivität und die Ansteckungsgefahr ist damit gebannt.
Inwiefern stellen Coronaviren bei Lüftungssystemen ein Problem dar?
AM: Übliche Lüftungssysteme arbeiten in der Regel nach dem Prinzip der Verdünnung und verteilten damit die in der Umgebung von infizierten Person befindlichen Viren im gesamten Raum. Dabei besteht die Gefahr von Massenansteckungen. Solche Massenansteckungen gab es beim Kreuzfahrtschiff Diamond Princess oder bei den Grossschlachtbetrieben von Tönnies. Problemfelder können aber auch Flugzeuge sein, deren individuelle Ventilation ja ausdrücklich völlig falsch angeordnet ist, nämlich von oben nach unten, was ja zur raschen weltweiten Ausbreitung des Virus geführt hat – was zwar immer noch von der Industrie geleugnet wird, obwohl es in zahlreichen Fällen nachgewiesen wurde. Ähnliches gilt für den öffentlichen Verkehr.
Auf welche Aspekte ist speziell zu achten?
AM: Eine noch so häufige Luftwechselzahl bei guter Filtration der zirkulierenden Luft ist ungenügend, wenn die unmittelbare laterale Ansteckung von Person zu Person nicht unterbunden wird. Dabei ist auch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der Luftstrom die Virenwolke auf einem langen Weg mit sich trägt. In einem solchen Fall können Menschen in Räumen angesteckt werden, in denen sich vorher nie eine infizierte Person aufgehalten hat.
Quelle: zvg
Um Lärmimissionen möglichst zu vermeiden, befindet sich das Filtergebläse in einem Nebenraum. Es erzeugt den Luftstrom im Lüftungssystem.
Wie oft müssen die Filter ausgewechselt werden?
AM: Die von der Nano Clean Air verwendeten Zellenfilter müssen aus heutiger Sicht nie ausgetauscht werden, da sie auf einfache Weise gereinigt und desinfiziert werden können. Faserfilter, wie sie heute üblich sind, kann man nicht wirklich reinigen. Sie werden ausgetauscht, wenn sie schmutzig sind. Das geschieht in der Regel einmal jährlich oder häufiger. Gegebenenfalls müssen sie mit Kostenfolgen als Sondermüll entsorgt werden. Auch der Faserverlust, der durch Luftströme verursacht wird, kann je nach Material, Dimensionen und Bruchverhalten ein Gesundheitsrisiko sein.
Welche Vorkehrungen sehen die Lösungen der Nano Clean Air vor, damit Keime und Viren im Filter unschädlich gemacht werden?
HB: Die feinzelligen Strukturen der Keramikfilter lassen sich wie übliche Katalysatoren mit viruziden und bakteriziden Beschichtungen ausstatten. In Frage kommen dabei Silber- oder Kupferbeschichtungen. Diese Technologien sind bereits verfügbar. Zudem kann man die Keramikfilter zwecks Desinfektion periodisch beheizen. Manche dieser Keramikwerkstoffe haben eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit.
Welche weiteren Herausforderungen stellen sich bei Luftfilteranlagen?
AM: Dabei ist vor allem der Widerstand der Industrie zu nennen. Diese setzt immer noch oft auf Systeme, die Luftströme von oben nach unten führen. Es findet kein Umdenken statt. Im Übrigen ist das auch bei Flugzeugen und Eisenbahnen der Fall. Darüber hinaus ist es nicht einfach, den Menschen diese Gefahr klarzumachen, denn der Gefahrstoff ist nicht sichtbar und man kann ihn nicht riechen. Zudem kommt er nicht dauernd überall vor. Weil der Nachweis von Viren in Räumen schwierig ist, behilft man sich in manchen Fällen mit statistischen Schätzungen. Wir sind also im Bereich der Prophylaxe.
Welche neuen Erkenntnisse lieferte die Anwendung bei der Rudolf-Steiner-Sonderschule Lenzburg bisher?
HB: Ursprünglich haben wir über den Tischen die Luft mit Schirmen abgesaugt, die der Form von Lampen nachempfunden waren. Doch wir haben schnell gelernt, dass wir viel flächiger und vor allem ganz oben an der Decke absaugen müssen. Entscheidend dabei ist, abgesaugte Luftströme laminar zu konzipieren, sodass Wirbelbildungen oder Lateralströmungskomponenten vermieden werden können. Das führte zur Lösung mit den porösen Schläuchen, was übrigens auch kostengünstig ist. Noch bessere Ergebnisse liessen sich vielleicht mit porösen Decken erreichen, aber das ginge wohl erst bei einem Neubau. Wichtig war auch, dass wir im gesamten Raum Partikelsensoren verteilt und auch die Kohlendioxidwerte gemessen haben. Damit erreichten wir Schritt für Schritt eine homogene Verteilung der Reinigungswirkung.
Was sind die wichtigsten Schlüsse daraus?
AM: Während der Filter für uns bereits ein Standardelement ist, das wir gut kennen, in einem eigens dafür aufgebauten Prüfstand validiert und in allen Varianten verfügbar haben, sind die porösen Schläuche oder Rohre etwas Neues, das man sicher noch optimieren kann. Da werden auch Bauphysiker und Architekten ein Wörtchen mitreden.
Liesse sich die Lösung der Nano Clean Air auch mit anderen Lüftungssystemen kombinieren?
AM: Dieser neue keramische Zellenfilter oder Wall Flow Filter kann eigentlich generell angewendet werden, wird aber vermutlich nur im oberen Qualitätssegment zum Einsatz kommen, wo wirklich hohe Abscheidegrade für Nanopartikel gefordert werden. Das Prinzip der vertikalen Luftführung von unten nach oben muss nicht zwingend mit Zirkulation und einer anspruchsvollen Filterung der Innen- und Aussenluft verknüpft werden, aber man verliert dann natürlich wichtige Eigenschaften, welche für die Gesundheit und für den Energiehaushalt wichtig sind. Diese Quelllüftung findet man ja vereinzelt bereits in Hörsälen oder in Konzerthäusern.
Inwiefern sehen Sie Anwendungsfelder auch in anderen Bereichen wie Spitälern und Unternehmen?
HB: Jedes Unternehmen braucht anspruchsvolle Meeting-Räume für Treffen mit externen Personen, von denen man nicht wissen kann, ob sie allenfalls ein Risiko darstellen. Daher sollte jedes Unternehmen einige virenfreie Räume anbieten können. Das sollte zum Standard werden. Der Aufwand ist nicht grösser als in einem Schulzimmer oder im Warteraum einer Arztpraxis. In Spitälern gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, etwa im Bereich von Krankenbetten oder beim Transport in Aufzugskabinen. Zu denken ist allenfalls auch an die räumliche Situation beim Coiffeur oder bei Zahnarztpraxen, an Bankschalter sowie an die Situation in Einkaufscentern. Darüber hinaus ist für uns auch der öffentliche Verkehr wichtig. Überall sollten Lüftungssysteme nach dem gleichen Prinzip funktionieren. Denn es besteht der Verdacht, dass man dort mit wenigen Atemzügen Viren einfangen kann, wenn die Konzentration hoch ist. Ein Beispiel ist ein kleiner Lift in einem chinesischen Wohnblock, in dem sich 70 Personen angesteckt haben, die nie Kontakt mit dem infizierten Virenträger hatten. Er ist aber eben zwischendurch immer wieder alleine mit dem Lift gefahren.
Quelle: zvg
Keramikfilter eignen sich wegen der Wartung für den Einsatz in Lüftungssystemen. Viren werden zurückgehalten und verlieren innerhalb von 48 Stunden ihre Aktivität.
Wie hat sich die Luftfiltertechnik in den letzten 20 Jahren grundsätzlich verändert?
AM: Der grösste Fortschritt ist nach unserer Einschätzung bei den Abgasfiltern zu verzeichnen. Davon gibt es inzwischen gegen 300 Millionen auf den Strassen der ganzen Welt, und die Zahl nimmt rasch zu. Ihre Besonderheit ist der hohe Abscheidegrad bei Nanopartikeln. Von dieser neuen Bauart sind die von uns verwendeten Virenfilter abgeleitet. Bei den Faserfiltern liegt der grössere Entwicklungsschub weit zurück. HEPA-Filter sind erstmals während des Manhattan-Projekts entwickelt worden, weil man Reinräume brauchte. Mit der Halbleiterindustrie wurden die Ansprüche weiter hochgeschraubt, aber am Prinzip hat sich wenig geändert, ausser dass mit den Elektretfiltern auch statische Elektrizität mit einbezogen wurde. Diese wiederum sind abgeleitet von den Elektrofiltern. Bei Verbrennungsanlagen und Kraftwerken werden diese am meisten eingebaut.
Was sind dabei die neusten Entwicklungen?
AM: Im eigentlichen Sinn sind es diese extrudierten Keramik-Zellenfilter, die heute mit Zelldichten bis 300 Zellen pro Quadratzoll angeboten werden.
Was wären neue Bedürfnisse bei der Filtertechnik, und in welche Richtung könnten diesbezüglich Weiterentwicklungen gehen?
AM: Entscheidend ist, dass man in den 90er-Jahren vor allem im Bereich der Arbeitsmedizin erkannt hat, dass pathogene oder auch inerte Schadstoffpartikel dann umso gefährlicher sind, je kleiner sie sind. Partikel, die kleiner sind als 500 Nanometer durchdringen die Alveolarmembran und gelangen innerhalb von wenigen Stunden durch die Hirnschranke und die Plazentaschranke und über andere Wege schliesslich in alle Organe. Die WHO hat das bis heute nicht umgesetzt. Sie geht für ihre Grenzwertdefinitionen immer noch von Partikelgrössen von 2500 bis 10 000 Nanometern aus, hat aber in ihrer letzten Publikation vom September 2021 auf die Bedeutung dieser ultrafeinen Partikel aufmerksam gemacht. Bei den Abgasgrenzwerten ging man in der Schweiz bei den Anforderungen an Partikelfilter erstmals 1998 auf eine Partikelgrösse von zehn Nanometern hinunter. Das haben in der Zwischenzeit alle Industriestaaten ausser den USA übernommen. In den Normen für Luftfilter in Gebäuden ist diese Erkenntnis immer noch nicht angekommen. Dort liegt im Allgemeinen die unterste Partikelgrösse, für welche gemessen werden muss, bei 300 Nanometern, in manchen Normen sogar bei 1000 Nanometern, was das Gesundheitsrisiko völlig unterschätzt. Bevorzugt werden nach wie vor Impaktionsfilter eingesetzt, die kleiner und billiger sind, statt der Diffusionsfilter, die man für sehr kleine Partikel braucht.
Auf wie hoch beziffern Sie den finanziellen Aufwand, um ein Schulzimmer mit einer effizienten Luftfilteranlage nachzurüsten?
HB: Das können wir in dieser frühen Phase noch nicht mit Sicherheit sagen. Die Kosten der Komponenten dürften unterhalb von 3000 Schweizer Franken liegen, bei Projekten mit mehreren Zimmern vermutlich unter 2500 Franken, aber die Arbeitskosten für die Installation sind für uns schwer einzuschätzen, dazu suchen wir Kooperationspartner in der Branche.