Archäologie: Metallhandwerk vor 1500 Jahren in Büsserach SO
Wo heute die Mittellandstrasse am Dorfkern des solothurnischen Büsserach vorbeiführt, befand sich vor über Tausend Jahren ein Handwerkerviertel, in dem vor allem Eisen verarbeitet worden war. Dies zeigten zwei grossangelegte Grabungen im Zusammenhang mit dem Bau der Strasse. Dieser Tage erscheint nun eine Publikation zu den Grabungen.

Quelle: Zeichnung: Benoît Clarys, Désaignes F.
Frühmittelalterliche Eisenerzverhüttung im Rennofen. Die Rekonstruktion erfolgte nach Verhüttungsöfen, wie sie von anderen frühmittelalterlichen Fundstellen im Jura bekannt sind.
Immer wieder gelangen im Zuge von Bauarbeiten archäologische Schätze zum Vorschein. So geschehen auch im solothurnischen Büsserach, im Jahr 2008 während der Arbeiten für die neue Mittellandstrasse, nördlich des Dorfkerns: im Boden befanden sich zahlreiche Eisenschlacken.
Wenig später gingen Fachleute den Entdeckungen mit zwei Grossgrabungen im Jahr 2010 respektive 2011 auf den Grund. Dabei zeigte sich, dass sich auf dem Areal ein Handwerkerquartier befunden hat, in dem vom 6. bis 9. Jahrhundert hauptsächlich Eisen gewonnen und verarbeitet worden war. Das entsprechende Eisenerz stammte aus der Umgebung und wurde vor Ort in sogenannten Rennöfen zu schmiedbarem Eisen verhüttet. Dabei sind insgesamt beinahe fünf Tonnen Abfall in Form von Schlacken übrig geblieben: An ihnen lässt sich ablesen, mit welchen Verfahren das Eisen wahrscheinlich aus dem Erz herausgeschmolzen worden ist. Wie die solothurnische Kantonsarchäologie dazu seiner Medienmitteilung anmerkt, machen die Untersuchungen deutlich, dass die frühmittelalterlichen Handwerker von Büsserach in ihren Werkstätten ein hochspezialisiertes Metallhandwerk betrieben haben. Damit gibt die Fundstelle an der Mittelstrasse gibt laut dem Amt für Denkmalpflege und Archäologie wiederum wichtige Einblicke in die Geschichte der Eisengewinnung, die bis weit ins 20. Jahrhundert ein wichtiger Industriezweig im Kanton gewesen ist.
Keramik und Lederverarbeitung

Quelle: Kantonsarchäologie Solothurn, M. Bösch
Diese Brosche aus Bronze aus dem 8./9. Jahrhunderts n. Chr. ist ein Unikat.
Allerdings: In der über 500-jährigen Geschichte des Quartiers wurden neben der Metallverarbeitung auch noch andere Handwerkskünsten nachgegangen, der Textil- und Lederverarbeitung – wenn auch in geringerer Zahl. Die Handwerker hatten sich ihre Werkstätten in einfachen, in den Boden eingetieften Holzbauten eingerichtet . Die Grabungskampagnen von 2010 und 2011 brachten insgesamt 24 dieser sogenannten Grubenhäuser ans Licht.
Es sollten allerdings nicht die letzten Grabungen bleiben: Weitere Bauprojekte an der Mittelstrasse haben nach 2011 abermals archäologische Ausgrabungen und Baubegleitungen ausgelöst. Die jüngsten Untersuchungen fanden 2024 statt. Wie das Amt für Denkmalpflege und Archäologie schreibt, geben Entdeckungen immer mehr Einblicke in das frühmittelalterliche Büsserach: 2019 konnte man an der Mittelstrasse 20 erstmals ein grösseres Wohngebäude nachweisen. Derweil sind weitere Teile der Handwerkersiedlung noch immer im Boden verborgen. (mai/mgt)
Ein frühmittelalterliches Eisengewerbeviertel in Büsserach – Ausgrabungen an der Mittelstrasse 2010 und 2011, Beiträge zu Archäologie und Denkmalpflege im Kanton Solothurn, Band 5, 2025. Herausgegeben vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie. Umfang 128 Seiten, broschiert, ISBN 978-3-9525441-3-6, Preis 30 Franken
Erhältlich ab 26. Juni beim Amt für Denkmalpflege und Archäoloigie des Kantons Solothurn oder Downlaoddbar auf so.ch/adso-beitraege

Quelle: Kantonsarchäologie Solothurn, C. Leuenberger
Diese «grau-dichte Verhüttungsschlacke» fiel als Abfallprodukt bei der Eisenherstellung zwischen 550 und 680 n. Chr. in einer Büsseracher Werkstatt an.

Quelle: Empa
Bunt-glasige Schlacke im Anschliff: Dieser Schlackentyp weist darauf hin, dass in Büsserach im 8. Jahrhundert das Erz bei sehr hohen Temperaturen geschmolzen wurde.

Quelle: Kantonsarchäologie Solothurn
In den beiden Grabungskampagnen 2010 und 2011 wurden fast 5 Tonnen Schlacken und andere Schmiede- und Verhüttungsabfälle geborgen, gewaschen, sortiert und statistisch erfasst.

Quelle: Kantonsarchäologie Solothurn
Grundriss eines 2,4 x 3 Meter grossen Holzgebäudes mit vier Eckpfosten (zwei davon verstärkt bzw. ersetzt). Im Boden zeichnet sich zudem die dunkle Verfüllung einer Vorratsgrube ab.

Quelle: Kantonsarchäologie Solothurn
Schnitt durch die ehemalige Vorratsgrube, links als Foto und rechts in der zeichnerischen Umsetzung. Die Bodenproben (im Foto freipräpariert) lieferten Informationen zur Entstehung und Funktion der Grube.