Pilotanlage auf San Bernardino: Astra testet Stromproduktion an Autobahn
Das Bundesamt für Strassen (Astra) will bis 2030 die Eigenproduktion von erneuerbaren Energien fördern. Erste Erkenntnisse soll hierzu eine Testanlage an der A13 auf der Südrampe des San Bernardinos liefern.
Quelle: Bundesamt für Strassen
Photovoltaik trifft auf Nationalstrasse: Die Pilotanlage des Bundesamt für Strassen an der Südrampe des San Bernardinos.
In einem Blogeintrag liess das Bundesamt für Strassen (Astra) jüngst verlauten, dass entlang der Schweizer Nationalstrassen «ein grosses Potenzial» an Strom schlummere, das mit Photovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden und Mauern erschlossen werden könnte.
Die Erkenntnis ist nicht neu, denn im Rahmen der Umsetzung des «Klimapakets Bundesverwaltung» will das Astra die Eigenproduktion von erneuerbarer Energie erhöhen und bis ins Jahr 2030 35 Gigawattstunden (GWh) Strom pro Jahr selber produzieren, wie es schreibt.
90 Quadratmeter grosse Flächen
Diesen Sommer wurde an der A13 im Kanton Graubünden deshalb eine entsprechende Pilotanlage in Betrieb genommen. Auf der Südrampe des San Bernardinos sind bei der Galerie Cozz an einer Wandmauer Solarpanels montiert worden.
Diese zweimal 90 Quadratmeter grossen Flächen seien mit unterschiedlichen Photovoltaikmodulen ausgestattet worden, schreibt das Astra. Im Endausbau solle noch ein drittes Feld hinzukommen, sodass insgesamt drei je 20 Meter lange Felder zur Verfügung stehen werden.
Strom nur für Eigenproduktion
Die Anlage soll dem Astra erste Erfahrungen in Sachen eigener Stromproduktion liefern. Weiter wolle man Erkenntnisse mit verschiedenen Photovoltaikmodulen, Montageformen und Oberflächenbeschichtungen sammeln, so das Astra. «Geplant ist, dass wir auf dem gesamten Abschnitt zwischen Ghiffa und Isola auf einer Länge von rund sechs Kilometern Solarpanels montieren.» Damit könnte jährlich insgesamt zwei Gigawattstunden Strom produziert werden.
Der Strom, welcher durch das Astra produziert wird, dürfe aus rechtlichen Gründen nur für den Eigenbedarf verwendet werden und sollte möglichst dort produziert werden, wo er auch gebraucht wird. «Wenn mehr produziert wird als direkt gebraucht, wird überschüssiger Strom in eine Sub-Bilanzgruppe Bund eingespeist, um ihn beispielsweise für einen weiter entfernten Tunnel der Nationalstrasse zu verwenden», schreibt das Astra weiter.
Quelle: Tiefbauamt Graubünden
Die Solaranlage besteht aus 72 Panels, die jährlich rund 21‘000 Kilowattstunden Strom produzieren sollen.
Was passiert bei einem Unfall?
Solarpanels an Nationalstrassen sind in der Schweiz noch
nicht weit verbreitet. Wie steht es dabei beim Thema Sicherheit, sollte ein
Auto mit der Anlage kollidieren?
Die Anlage sei so gebaut, dass bei einer Kollision keine
zusätzliche Gefahr für die Verkehrsteilnehmenden entstehe, schreibt ein
Verantwortlicher des Astras in einer Antwort auf einen Kommentar auf den
veröffentlichen Blogbeitrag. «Die Verbindung zwischen der Photovoltaikanlage
und dem Stromnetz wird überwacht und bei Beschädigung abgestellt.»
Eine entsprechende Anfrage des Baublatts zum Thema
Sicherheit blieb vom Astra innert Wochenfrist unbeantwortet. Ebenso die Frage
nach künftigen weiteren Standorten.
Anlage versorgt Tunnel mit Strom
Im Kanton Graubünden ist kürzlich noch ein weiteres,
ähnliches Projekt gestartet. Seit Mitte Juni wird die Betriebs- und
Sicherheitsausrüstung des Tunnels an der Oberalpstrasse in Trin teilweise mit
Solarstrom betrieben. Erzeugt werde der Strom von einer neuen Anlage, die beim
Ostportal des Tunnels erstellt wurde, wie der Kanton Graubünden in einer
Mitteilung schreibt. 72 Solarmodule würden dort nun auf einer Gesamtfläche von
130 Quadratmetern jährlich rund 21‘000 Kilowattstunden Strom produzieren.
Damit liesse sich insgesamt rund sechs Prozent des jährlichen Energieverbrauchs des Tunnels abdecken, wie der Kanton weiter mitteilte. Die Anlage in Trin ist die erste ihrer Art im Kanton Graubünden. Das soll aber nicht so bleiben: Vier weitere befinden sich gemäss Mitteilung bei den Tunnels Crestas, Plattas, Lavin und Rongellen 2 bereits in der Vorbereitungsphase.
Quelle: zvg
Lärmschutzwände sollen für die Solarstrom-Produktion genutzt werden. Im Bild: Eine Photovoltaikanlage, die 2014 auf einer Lärmschutzwand an der Forchautostrasse in Zumikon ZH installiert wurde. (Archivbild)
Beitrag zur Energiestrategie 2050
Mit den geplanten Anlagen leiste der Kanton einen Beitrag zur Energiestrategie 2050 des Bundes für eine klimaneutrale Schweiz sowie zur Nutzung erneuerbarer Energie in Graubünden, heisst es weiter. Anlass für die Realisierung einer ersten Solaranlage für die Tunnelstromversorgung war der «Aktionsplan Green Deal», der 2019 vom Grossen Rat beschlossen worden ist.
Mit dem Impulsprogramm fördert der Kanton Massnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Teil davon ist auch die verstärkte Nutzung von Solarstrom für kantonseigene Infrastrukturanlagen – dazu zählen auch die Betriebs- und Sicherheitsausrüstungen von Strassentunnels. Da diese auch tagsüber auf Energie angewiesen sind, eignen sie sich laut Mitteilung besonders für eine unterstützende Versorgung mittels Solarstorm.
Analyse mit 68 Standorten
Aufgrund eines Vorstosses im Grossen Rat führte das Tiefbauamt bereits 2020 eine Potenzialanalyse an 68 Standorten im Umfeld kantonaler Tunnel und Galerien durch. Als wichtigstes Kriterium stellten sich dabei passende Montageflächen in Tunnelnähe heraus. Diese müssten gut besonnt sowie vor Steinschlag und Schnee geschützt sein und dürfen das Landschaftsbild nicht stören.
Bei neuen Strassenbauprojekten – etwa Tunnels, Galerien oder grossen Stützmauern – wird das Tiefbauamt gemäss Mitteilung nun künftig die Möglichkeit zur Nutzung von Sonnenergie für die Stromproduktion bereits in der Projektphase prüfen. Die Solaranlage in Trin kostete nach Angaben des Bündner Tiefbauamts rund 135‘000 Franken.