13:44 BAUPROJEKTE

SBB-Grossprojekt «Mehrspur»: Vier Spuren durchs Unterland

Geschrieben von: Ben Kron (bk)
Teaserbild-Quelle: SBB / Visualisierung: nightnurse images, Zürich

Die Zugstrecke durchs Unterland zwischen Zürich und Winterthur ist mit je nur einer Fahrspur ein SBB-Flaschenhals. Das 12 Milliarden teure Projekt «MehrSpur», mit einem neun Kilometer langen Tunnel als Kernstück, soll bis in zehn Jahren Abhilfe schaffen.

Visualisierung Portale des Brüttenertunnels

Quelle: SBB / Visualisierung: nightnurse images, Zürich

Das Portral des Brüttener Tunnels nahe bei Bassersdorf, durch dessen Bau die Eingriffe in die Landschaft auf ein Minimum reduziert bleiben.

Die Betreibergesellschaft des Flughafens Zürich reitet momentan auf einer Erfolgswelle. Derweil hat die Bahn Ausbaubedarf. Das Parlament hat deshalb 2019 einen Verpflichtungskredit von knapp 13 Milliarden Franken gesprochen, um den «Ausbauschritt 2035» zu finanzieren.

Dieser umfasst einige Projekte zur Erweiterung der Bahninfrastruktur, unter anderem den Bau einer neuen Doppelspurlinie zwischen Zürich und Winterthur. Diese ist nötig, weil das Passagieraufkommen zwischen der grössten und der immerhin sechstgrössten Stadt des Landes stark wächst. Zudem ist Zürich über Winterthur an die Ostschweiz angebunden. Aktuell verkehren zwischen den beiden Städten täglich 670 Züge und 116’000 Passagiere. In zehn Jahren sollen es 230 Züge oder 40’000 Menschen mehr sein.

Das Projekt «MehrSpur Zürich-Winterthur» beinhaltet vor allem den Bau eines neuen Tunnels: Der Brüttener Tunnel zwischen Winterthur Töss und Dietlikon sowie Bassersdorf wird neun Kilometer lang und verschlingt einen Grossteil der auf 2,9 Milliarden Franken geschätzten Kosten des Mammutprojekts. Er verfügt über zwei Röhren mit je einem Gleis und 20 Querverbindungen, wobei die Röhre nach Bassersdorf die Strecke über den Flughafen bedient. Die Tunnellösung wurde gewählt, weil sie in der dicht besiedelten Region die wenigsten Eingriffe in die Landschaft bedeutet.

Acht Minuten schneller

Im Tunnel sollen die Züge mit 160 Stundenkilometern fahren können, so dass die Passagiere sich gerade mal drei Minuten im geschätzt 1,15 Milliarden Franken teuren Bau aufhalten. Die Fahrzeit zwischen den beiden Städten wird sich durch die neue Streckenführung um acht Minuten verkürzen, neben der höheren Kapazität ein weiterer Vorteil.

Grosse Umbauprojekte erfolgen in den Bahnhöfen Bassersdorf, Dietlikon, Wallisellen, Zürich Stadelhofen und Winterthur. Letzteres benötigt eine 800 Meter lange Brücke, welche die neuen Gleise über die bestehende Trasse führt. Dazu braucht es einen kurzen Tunnel. Zwischen dem Portal des Brüttener Tunnels und dem Bahnhof müssen zudem 24 Kilometer Gleise, 900 Fahrleitungsmasten, 67 Kilometer Fahrleitungen, 129 Signale und 104 Weichen installiert oder erneuert werden. Dazu gibt es auch ein neues Stellwerk.

Übersichtskarte Brüttenertunnel

Quelle: SBB

Die geplante Streckenerweiterung im Überblick: Kern des Projekts ist der Brüttener Tunnel, der die Fahrzeit zwischen Zürich und Winterthur von heute 24 auf 16 Minuten reduziert.

Grossprojekt Stadelhofen

Bassersdorf erhält zwei neue Bahnhofsunterführungen. Dazu muss ein Gleis verschoben werden. Dietlikon erhält einen komplett neuen Bahnhof, einen kurzen Tunnel und eine neue Strassenunterführung. In Wallisellen schliesslich wird eine neue, 580 Meter lange Brücke errichtet. Dazu werden im Bahnhof die Mittelperrons verbreitert und Zugänge angepasst.

Ein separates Projekt ist die Erweiterung des Bahnhofs Zürich Stadelhofen, der zuletzt 1990 ausgebaut worden war: Es umfasst den Bau eines vierten Gleises am Bahnhof und einen zweiten Tunnel nach Zürich Tiefenbrunnen. Mit diesem Kapazitätsausbau soll der Bahnhof bereitgemacht werden für das erweiterte Angebot, welches der Ausbauschritt 2035 der SBB bringen wird.

Baustart in Aussicht

Im Laufe dieses Jahres werden das Be­willigungsverfahren und die öffentliche Auflage für das 1,1 Milliarden Franken teure Projekt durchgeführt. Wenn es dabei nicht zu substanziellen Beschwerden kommt, soll der Baustart in den nächsten Jahren erfolgen.              

Zahlreich waren auch die Einsprachen gegen das Grossprojekt «MehrSpur»:  Während der Auflage im Sommer 2023 gingen total 206 Einwendungen ein, sowohl von Privatpersonen, als auch von Gemeinden, Verbänden, Vereinen und Firmen. Unter anderem gehörte die Stadt Winterthur selbst zu den Einsprechern. In der Zwischenzeit konnten diese Einsprachen bearbeitet werden, und das geänderte Projekt liegt wieder auf. Von den breit gefächerten Änderungen betreffen einige das Thema Lärm – sowohl während der Bauzeit als auch im späteren Betrieb. Der Baustart war ursprünglich für 2026 geplant, ist aber aktuell in der Schwebe: Wegen der laufenden Auflage können die SBB keine Aussagen zum Zeitplan oder den zusätzlichen Kosten machen.

Geschrieben von

Freier Mitarbeiter für das Baublatt.

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