Projekt für Pantanal-Voliere des Zoo Zürich: Stahlbauunternehmen in provisorischer Nachlassstundung
Mit dem Auftrag für die Stahlbauarbeiten an der Pantanal-Voliere des Zoos Zürich hat die Baltensperger AG kein Glück: Nach monatelangem Streit mit dem Zoo hatte das Stahlbauunternehmen den Auftrag vor rund drei Wochen verloren. Nun befindet es sich in provisorischer Nachlassstundung.
Quelle: Zoo Zürich, Region Five Media
Ein Reich für die Fauna und Flora des Pantanal: die geplante Patanal-Voliere.
Löwenäffchen, Sonnensittiche, Flachlandtapire und Flamingos sollen im Zoo Zürich mit der Pantanal-Voliere ein neues Zuhause bekommen. Doch wann sie genau einziehen können, ist aktuell nicht klar. Der Grund liegt im Stahlbau der Voliere, mit dem der Zoo Zürich die Baltensperger AG beauftragt hatte: Konkret geht es um ein filigran anmutendes Gebilde aus einem rund 1400 Tonnen schweren Stahlnetz, das von zehn Stahlbögen getragen wird. An seiner höchsten Stelle misst es 35 Meter, zudem ist es freischwebend – es kommt somit ohne Stützpfeiler aus. Unter dem aus der Luft entfernt an ein gigantisches durchsichtiges Croissant erinnernden Bau ist eine dem gleichnamigen brasilianischen Feuchtgebiet nachempfundene Anlage vorgesehen, die sich über rund 11'000 Quadratmeter erstreckt.
Ursache für den ungewissen Einzugstermin der künftigen Volierenbewohner ist gemäss Medienmitteilung des Zoos Zürich von vor rund drei Wochen die Unterkonstruktion für die Voliere, die es braucht, um die Stahlbögen exakt und auf den Millimeter genau montieren zu können. Dem Unternehmen respektive der Baltensperger AG ist es laut Zoo nicht gelungen, die vereinbarte Präzision innert nützlicher Frist zu erreichen. Dies gemäss Zoo, obwohl man monatelang Aufschub der vereinbarten Fertigstellungstermine gewährt und das Stahlbauunternehmen mit externen Fachleuten zusätzlich unterstützt hatte. Schliesslich beendete der Zoo die Zusammenarbeit «aufgrund schwerwiegender Vertragsverletzungen seitens der Stahlbaufirma». Die technischen Fähigkeiten der Firma hätten nicht ausgereicht, und der benötigte Zeitaufwand sei zu umfangreich geworden.
Stahlbauunternehmen kontert Anschuldigungen
Die Baltensperger AG liess die Vorwürfe nicht auf sich sitzen und nahm, nachdem verschiedene Medien über den Eklat berichtet hatten, in einer ausführlichen Medienmitteilung zu den vom Zoo erhobenen Vorwürfen Stellung: «Das Stahlbauprojekt Pantanal weist in der Umsetzung eine um ein Vielfaches – nach fachlicher Einschätzung rund das Zwanzigfache – höhere geometrische und systemische Komplexität auf, als in der Ausschreibung und im Leistungsverzeichnis beschrieben wurde.» Insbesondere betreffe dies die Unterkonstruktion, auf der die Bogenträger aufliegen, über die später das Stahlnetz gespannt wird.
Die Baltensperger AG führt an, dass sich die vom Zoo vorgegebenen Toleranzen und Anforderungen laut unabhängigen Stahlbauexperten «in wesentlichen Punkten als physikalisch nicht einhaltbar oder nur mit unverhältnismässig hohem Aufwand realisierbar» erwiesen haben. Unter den Experten befand sich laut Communiqué auch der «europaweit anerkannte» Prüfingenieur Martin Mensinger, den der Zoo selbst als neutralen Experten beigezogen hatte. Wie das Stahlbauunternehmen schreibt, habe er «in der überwiegenden Mehrheit der Fragestellungen die fachlichen Einschätzungen der Baltensperger AG bestätigt». Ausserdem betont die Baltensperger AG, dass sämtliche durch sie gefertigten Bauteile den technischen Anforderungen entsprächen, einwandfrei seien und ohne Weiteres verbaut werden könnten. «Bemerkenswert ist zudem, dass das vom Zoo als Referenz für die Ausschreibung herangezogene Musterelement anstelle der geforderten maximalen Abweichung von 5 Millimetern tatsächlich bis zu 27 Millimeter aufweist – und dennoch vom Zoo für den Einbau freigegeben worden ist.»
Und schliesslich habe sich die Konstruktion im Projektverlauf gemäss Baltensperger AG in zentralen Aspekten auch weit über den ursprünglich definierten Rahmen hinaus entwickelt: «Bauherrenseitige Anpassungen, zusätzliche Anforderungen sowie die schrittweise erhöhte geometrische und systemische Komplexität führten dazu, dass der bei Vertragsunterzeichnung dargestellte Leistungsumfang in wesentlichen Teilen nicht mehr der tatsächlichen Projektrealität entsprach.»
Provisorische Nachlassstundung bis April 2026
Der Streit dauerte rund sechs Monate an - und gipfelte nun im Aus der gemeinsamen Zusammenarbeit. Mittlerweile befindet sich die Baltensperger AG in provisorischer Nachlassstundung, damit sind mehr als 70 Arbeitsplätze in Gefahr. Wie gestern dem Amtsblatt des Kantons Zürich zu entnehmen war, hat das Bezirksgericht Bülach diese ab dem 23. Dezember bis April 2026 gewährt. Damit kann die Baltensperger AG nun nicht mehr betrieben werden. Je nach Verlauf kommt es zu einer definitiven Nachlassstundung, die mit der Sanierung der Firma enden kann. Am Schluss des Prozesses kann aber auch der Konkurs des Unternehmens möglich sein.
Im Januar sind laut der Nachrichtenagentur SDA weitere Gespräche zwischen dem Zoo Zürich und der Baltensperger AG angesetzt. Zu einem Vermittlungsangebot des Stahlbau-Branchenverbands habe sich der Zoo wegen der laufenden Gespräche bisher nicht geäussert. (mai/mgt/sda)