Wenn das Parkett so smart ist, dass es Strom liefert
Was wäre, wenn Parkettböden aus Holz nicht nur ästhetisch, sondern auch mit Sensorik überzeugten – und den Strom dafür gleich selbst lieferten? Ein Team der ETH Zürich und der Empa zeigt in einem gemeinsamen Projekt mit einem Parketthersteller Bauwerk Group, wie moderne, nachhaltige und smarte Parkettböden aussehen könnten.
Quelle: Matias Eduardo, Unsplash
Bewegung von Menschen erzeugt auf Holzboden eine elektrische Spannung - allerdings genügt sie nicht. Sie kann aber mit einem Nebenprodukt der Weinproduktion verstärkt werden.
Wie sich Parkettböden künftig nicht nur ressourcenschonender herstellen lassen, sondern auch elektrische Spannung erzeugen, hat ein Team der ETH Zürich und Empa zusmamen mit der Bauwerk Group erforscht. Im Zentrum des Innosuisse geförderten Projekts standen zwei Fragen: Wie kann nachhaltiges Parkett mit Holzarten hergestellt werden, die bisher wenig oder nicht genutzt worden sind, aber auch in Zeiten des Klimawandels als Ressource zur Verfügung stehen? Und wie kann Holz so bearbeitet werden, dass es durch mechanische Verformung – wenn etwa Menschen darüber gehen – genügend elektrische Spannung erzeugt, damit es zum Beispiel als Sensor fungieren kann?
Wenn Pappelholz dieselben Eigenschafte wie Eichenholz erhält
Wegen seiner Härte aber auch seiner Optik ist Eichenholz zwar die bevorzugte Wahl für Parkett, aber es ist nur begrenzt verfügbar. Zudem erhöhen kostengünstige Holzimitate aus Plastik den Druck auf den Markt. Wie können diese Herausforderungen nachhaltig adressiert werden? Ein Team unter der Leitung von Ingo Burgert von der Empa suchten deshalb nach Alternativen: Es entscheid sich für Pappelholz, das bisher für die Parkettherstellung keine Bedeutung hat, aber künftig mehr Aufmerksamkeit erfahren könnte, weil Pappeln recht widerstandsfähig gegen Klimaveränderungen sind. Da Pappelholz allerdings weicher als Eichenholz ist, wurde es mit «grüner Chemie» mit Hilfe von Lignin modifiziert und verdichtet. Das Ergebnis überzeugte. Laut kam dabei ein nachhaltiges, widerstandsfähiges Parkett heraus, mit Eigenschaften vergleichbar mit einem Eichenparkett.
Mit Rochelle-Salz den piezoelektrischen Effekt steigern
Im zweiten Teilprojekt wurde untersucht, wie sich Parkett so modifizieren lässt, dass durch die Bewegung von Menschen elektrische Spannung erzeugt wird. Wird Holz mechanisch beansprucht, entsteht eine geringe elektrische Spannung durch den sogenannten piezoelektrischen Effekt. Bei natürlichem Holz ist die Spannung jedoch zu klein, um genutzt werden zu können. Um diese zu steigern, wurde Rochelle-Salz, ein Nebenprodukt der Weinproduktion, in die modifizierte Holzstruktur eingebettet. Rochelle-Salzkristalle sind bekannt für gute piezoelektrische Eigenschaften, aber ihre Sprödigkeit schränkt die Nutzung ein. In Verbindung mit Holz entstand nun eine nachhaltige Hybridstruktur, die erfolgversprechend und zudem rezyklierbar ist. In dieser Kombination konnten das Forschungsteam zeigen, dass das modifizierte Parkett als Sensor eingesetzt werden kann, weil es durch die Bewegung von Menschen elektrische Spannung erzeugt.
Piezoelektrische Parkett: Vom Labor in den Flughafen oder ins Einkaufszentrum?
Mögliche Anwendungen für das piezoelektrische Parkett finden sich zunächst im Bereich «Smart Home»: So könnten in den Boden integrierte Sensoren zum Beispiel an Türen oder unter Fenstern erkennen, wenn eine unbefugte Person den Raum oder das Haus betritt und automatisch ein Signal auslösen. Langfristig wird auch die Herstellung von stromerzeugendem Parkett angestrebt, wie die Empa mitteilt. Vor allem stark frequentierte Orte wie Flughäfen oder Einkaufszentren bieten sich dafür an. Auch das Tanzhaus Zürich zeigte bereits Interesse.
Ingo Burgert betont die Bedeutung der Industriekooperation: «Jede Zusammenarbeit erweitert unser Verständnis dafür, wie wir in Zukunft das Hochskalieren noch besser adressieren können.» Er schätzt den direkten Einblick in die Produktion und das Umfeld der Partner. «Es ist unser Anspruch, grundlegende Forschung zu betreiben, die umgesetzt werden und zu besseren, vor allem nachhaltigeren Produkten und Prozessen führen kann,» fasst er zusammen.
Mit dem «Piezo-Parkett» gehörte sein Team unter dem Projekttitel «LignoVolt» zu den fünf Nominierten für den «Evergreen Prize for Innovation» der HS Timber Group. (mgt/mai)