15:12 BAUPRAXIS

Nach 50 Jahren: Betonträger mit Klebebewehrung hält noch immer

Teaserbild-Quelle: Empa

Seit 50 Jahren läuft an der Empa ein Versuch, bei dem das Langzeitverhalten von verklebten Stahlbewehrungen untersucht wird. Aktuelle Vermessungen zeigen: Der Stahlbetonträger zeigt auch nach einem halben Jahrhundert praktisch keine Schwächen.

Das Dauerexperiment läuft bereits seit einem halben Jahrhundert und befindet sich im grössten Prüflabor der Empa in Dübendorf. Dabei handelt es sich um einen um 1970 hergestellten Stahlbetonträger, der mit einer auf seiner Unterseite aufgeklebten Stahllamelle zusätzlich verstärkt wurde. Seit Beginn des Experiments ist das Bauteil einer permanenten Belastung von etwas mehr als sechs Tonnen ausgesetzt.

Epoxidharz als Kleber für Stahllamellen-Befestigung

Die Expozidhard-Verklebung zeige nach 50 Jahren unter 87 Prozent der mittleren Bruchlast keine Schwächen, wie Christoph Czaderski in einer Mitteilung der Empa von Dienstag erklärt. Der Ingenieur hat das Experiment in den letzten Jahren betreut. Die geklebten Stahllamellenbewehrungen hätten den Langzeittest somit bestanden. Der Stahlbetonträger ist eines von ursprünglich sechs Exemplaren, die alle unterschiedlichen Tests unterzogen wurden.

Den fünf anderen Bauteilen war jedoch kein so langes Leben beschieden: Sie fielen statischen Bruch- und dynamischen Ermüdungsversuchen zum Opfer, bei denen ihre Belastungsgrenze überschritten wurde. Im Rahmen der Tests sollte eruiert werden, wie gut sich Epoxidharz als Kleber zur Befestigung einer Stahllamelle an einem Betonträger bewährt. Beim Langzeitversuch zeigen sich laut Czaderski nach 50 Jahren in der Klebefuge «praktisch keine Verschiebungen».

Versuch war eigentlich auf wenige Monate angesetzt

Das Dauerexperiment wurde ins Leben gerufen, nachdem in den 60er Jahren bei einem neuen Industriebau in Kreuzlingen an diversen Sheddach-Fertigelementen aus Stahlbeton ungewöhnliche Rissbildungen auftraten. Die Elemente wurden daraufhin nachträglich durch das Aufkleben von dünnen Stahllamellen verstärkt. Damals war diese Technik allerdings erst in Ansätzen bekannt. Erfahrungen, insbesondere über die Langzeitstabilität, fehlten.  

Daraufhin unternahm die damalige Empa-Abteilung «Massivbau» verschiedene Tests mit statischen Belastungen bis zum Bruch, einem dynamischen Ermüdungsversuch sowie Langzeituntersuchungen. Ursprünglich sollte der Langzeitversuch bei einer dafür überdimensionierten Belastung nur wenige Monate dauern.

Aufgeklebte Stahllamelle auf der Unterseite des Betronträgers

Quelle: Empa

Die aufgeklebte Stahllamelle auf der Unterseite des Trägers. Solche nachträglichen Verstärkungen wurden ab 1990 durch eine an der Empa entwickelte Methode mit Lamellen aus CFK (kohlestofffaser-verstärkter Kunststoff) abgelöst.

Und er trägt immer noch

Heute, 50 Jahre nach dem Start der Untersuchung, befindet sich der Träger noch immer in der Prüfhalle der Empa in Dübendorf. Die beteiligten Ingenieure befürchteten beim Start des Experiments, dass sich die Verstärkungswirkung des aufgeklebten Stahls durch das Kriechen in der Klebefuge mit der Zeit verringern könnte. Diese Befürchtung hat sich nicht bewahrheitet, wie die Empa weiter schreibt. Bis heute haben in der Klebefuge keine wesentlichen Verschiebungen stattgefunden. Dies sei ein erstaunliches und bedeutsames Ergebnis, so Christoph Czaderski.

Zwar ist das «Bauwerk Schweiz» laut dem Ingenieur heute mehr oder weniger gebaut. Aufgrund von Alterung und höheren Anforderungen müsse dieses aber laufend Instand gesetzt oder sogar verstärkt werden, da Abbruch und Neubauten zu teuer wären und sehr viel mehr CO2 produzieren würden. Die Entwicklung von einfachen und günstigen Verstärkungsmethoden sei aus diesem Grund enorm wichtig für Gesellschaft, Wirtschaft und die Eigentümer der Bauwerke.

Kohlefaserverstärkte Kunststoffe und Formgedächtnislegierungen

Die Empa-Abteilung «Ingenieur-Strukturen» entwickelt und erforscht schon seit vielen Jahren neue, einfache und günstige Verstärkungsmethoden mit modernen Materialien wie Epoxidharzen, Kohlefaserverstärkten Kunststoffen und Formgedächtnislegierungen. Der Langzeitversuch mit dem verklebten Stahlbetonträger ist ein typisches Beispiel dafür.

Die an der Empa durchgeführten Studien und der weltweit einzigartige Langzeitversuch hätten dazu beigetragen, dass die Klebebewehrung als Verstärkungsmethode heute Stand der Technik sei und die Ingenieure Vertrauen in diese Bauweise hätten. (mgt/pb)

Zur Mitteilung der Empa: www.empa.ch

Biegekriechversuch bei der Empa

Quelle: Empa

Seit dem 24. März 1970 trägt der verstärkte Betonträger eine Last von etwas mehr als sechs Tonnen.

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