12:59 BAUBRANCHE

Strom vom Berninapass

Teaserbild-Quelle: Repower

Im Südtal Puschlav will das Bündner Energieunternehmen Repower mit dem Projekt „Lago Bianco“ ein Mega-Pumpspeicherwerk bauen. Gestern, Sonntag, hat die Gemeinde Poschiavo dem Konzessionsgesuch mit einem deutlichen Mehr zugestimmt. Damit hat das 1,5 Milliarden Franken schwere Projekt eine erste wichtige Hürde genommen.

Beim Projekt „Lago Bianco“ handelt sich um das grösste Wasserkraftwerk in Graubünden: Es wird ein 1000-Megawatt-Pumpspeicherwerk sein, dessen Leistung etwa jener des Atomkraftwerks Gösgen entspricht. Dazu werden der Lago Bianco (ca. 2230 m ü. M.) am Berninapass und der Lago di Poschiavo (ca. 960 m ü. M.)durch einen 17,4 Kilometer langen Druckstollen sowie einen Druckschacht von drei Kilometern zu einem System verbunden. Bei schwacher Stromnachfrage wird Wasser mittels der Kraftwerkszentrale in Camp Martin am Lago di Poschiavo zum Lago Bianco hinauf gepumpt. Wird nach Strom verlangt, schiesst das Wasser über eine Höhendifferenz von 1250 Metern zu Tal und wird verstromt. Klappt alles nach Plan, starten die Bauarbeiten im 2013, 2019 soll das Werk in Betrieb gehen.

Bis es soweit ist, muss als zweite Gemeinde noch Pontresina über das Konzessionsgesuch befinden. Das geschieht voraussichtlich am 13. Dezember. Wird das Werk realisiert, kann Poschiavo namhafte Einnahmen verbuchen. Die einmalige Konzessionsgebühr beträgt 5,1 Millionen Franken. Während der Konzessionsdauer von 80 Jahren fliessen zudem 2,6 Millionen Franken jährlich an Wasserzinsen und Pumpwerksteuern. Ausserdem kann die Gemeinde jedes Jahr Gratisenergie im Wert von 2,2 Millionen Franken beziehen.

Umweltverbände mit im Boot

An der Ausarbeitung des Konzessionsprojektes wirkten auch die Bündner Sektionen der Umweltorganisationen von WWF und Pro Natura mit. Sie halten das Pumpspeicher- Kraftwerk aus Umweltsicht grundsätzlich für machbar und wollen auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung ihre Anliegen einbringen. Die Auswirkungen des Pumpspeicherbetriebs sind vor allem in den beiden Seen im Gegensatz zu einem natürlichen Zustand - der laut Repower jedoch wegen der aktuellen Bewirtschaftung schon heute nicht gegeben ist - erheblich. Deshalb braucht es entsprechende Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen. Gleichzeitig ergeben sich im Talfluss Poschiavino hingegen wegen des Wegfalls von Schwall und Sunk markante ökologische Verbesserungen.

"Lago Bianco" ist eines von drei neuen Pumpspeicherwerken in der Schweiz, allerdings das am wenigsten weit fortgeschrittene. Bereits im Bau sind die Projekte Linthal 2015 der Kraftwerke Linth-Limmern im Kanton Glarus sowie Nant de Drance der Nant de Drance SA im Kanton Wallis. (mai/sda)

Der Bau

Laut der Website zum Projekt werden für die Realisierung des Projekts zwei Grossbaustellen nötig sein – eine im Bereich des Cambrenadelta am Berninapass, die andere bei Camp Martin am Lago di Poschiavo. Eine dritte mittelgrosse Baustelle wird auf Plan di Laghet (ca. 2100 m ü. M.) errichtet werden. Darüber hinaus sind drei kleinere Baustellen (Torn, Li Mandri, Cancian) vorgesehen.

Druckschacht und Druckstollen werden vorwiegend mit zwei Tunnelbohrmaschinen ausgebrochen, Zugangsstollen, Apparatekammern, Wasserschloss und ein Teil der Wasserwege werden ausgesprengt. Die Grossbaustellen seien mit Strasse und Rhätischer Bahn gut erschlossen, bei den anderen Baustellen seien Optimierungen bei der Erschliessung nötig, wobei zu einem grossen Teil auf das bestehende Netz von Erschliessungsstrassen aufgebaut werden könne, heisst es weiter. Des Weiteren will man die Baustellen von Plan di Laghet und Torn werden durch eine Bauseilbahn ab Camp Martin erschliessen.

Zur Unterbringung der Arbeiter sind zwei Baustellendörfer geplant, eines oberhalb von Miralago und eines am Berninapass. Beide sind laut Repower per Strasse und Bahn erreichbar. Die Zahl der Arbeiter ist während der rund sechs Jahre dauernden Bauzeit stark schwankend. Im Raum Bernina werden im Schnitt 100 Arbeiter, maximal 220 im Einsatz sein, bei Miralago gilt es durchschnittlich 250, zu Spitzenzeiten rund 450 Arbeiter unterzubringen.

Eine logistische und ökologische Herausforderung ist der Umgang mit dem Ausbruchmaterial: Rund ein Drittel des Materials, insgesamt rund 3,5 Millionen Tonnen, kann grösstenteils für den Bau der Anlagen wiederverwertet werden. Ein Teil des Materials wird für Seeschüttungen eingesetzt. Das übrige Material schliesslich muss deponiert werden. Dafür wurden Bereiche im Umfeld der Baustellen gesucht, wo solches ökologisch und landschaftlich vertretbar ist. - Der Transport des Materials von Camp Martin nach Li Geri erfolgt per Transportschiff über den Lago di Poschiavo. (mai/mgt)

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