Strom aus Salz, Wasser und einer Membran
Ein natürliches Phänomen, das beispielsweise Kirschen im Regen platzen lässt, kann auch als Stromquelle dienen: Forschende der EPFL haben ein System entwickelt, um mit Süsswasser, Meerwasser und einer neuartigen Membran elektrischen Strom zu erzeugen. Das erlaubt eine höhere Ausbeute als bisher mit ähnlichen Systemen möglich war.
Sogenannte Osmosekraftwerke machen sich ein natürliches Phänomen – die Osmose – zunutze. Dahinter verbirgt sich der Drang zweier Flüssigkeiten, ihre Konzentrationen auszugleichen. Deshalb "saugen" sich beispielsweise reife Kirschen im Regen mit Wasser voll, bis sie platzen. Die Wissenschaftler um Aleksandra Radenovic von der ETH Lausanne (EPFL) stellen nun ein auf Osmose basierendes System vor, das eine bisher unerreichte Stromausbeute ermöglicht: Das Geheimnis steckt in einer neuartigen Membran, die nur drei Atome dick ist, wie die Hochschule mitteilt. Sie besteht aus Molybdändisulfid und trennt zwei Behälter, einer gefüllt mit Meerwasser, einer mit Süsswasser.
Abgezweigte Elektronen
Durch ein winziges Loch in dieser Membran – eine Nanopore – fliessen geladene Teilchen vom Meerwasser zum Süsswasser, um den unterschiedlichen Salzgehalt auszugleichen. Ihre Elektronen werden dabei an eine Elektrode übertragen. Ausserdem sei die Pore so beschaffen, dass sie nur positiv geladene Ionen hindurchlasse und die negativ geladenen grösstenteils zurückhalte, heisst es in der Mitteilung weiter. So entstehe eine Spannung zwischen den beiden Behältern, die den abgezweigten Elektronen erlaube, als Strom zu fliessen.
Die optimale Grösse für diese Nanopore zu bestimme,n war dabei kein leichtes Unterfangen: "Wenn sie zu gross ist, kämen negative Ionen hindurch und die resultierende Spannung wäre zu tief", erklärt Studienautor Jiandong Feng. "Ist sie zu klein, kommen nicht genug Ionen hindurch, und der Strom wäre zu schwach."
Ein Megawatt Leistung möglich
Den Berechnungen der Forscher zufolge könnte ein Quadratmeter dieser Membran etwa ein Megawatt Leistung produzieren – genug für rund 50'000 Energiesparlampen –, wenn knapp ein Drittel ihrer Fläche mit solchen Nanoporen bedeckt wäre. Die Herausforderung sei nun herauszufinden, wie man möglichst einheitliche Poren erzeuge.
Der Einsatz von Osmosekraftwerken bietet sich an Flussmündungen an, wo Süsswasser auf Meerwasser trifft. Einige Pilotprojekte gibt es bereits in Norwegen, den Niederlanden, Japan und den USA. Bisher werden in den meisten Systemen aber relativ empfindliche Membranen aus organischem Material benutzt, die wenig Strom produzieren, schreibt die EPFL. Wenn diese Technologie robuster werde, könne sie dereinst eine wichtige Rolle als saubere und zuverlässige Energiequelle spielen. Die Forschenden um Feng und Radenovic stellen ihr System im Fachblatt "Nature" vor. (sda)