17:11 BAUBRANCHE

Nachgefragt… bei Hansruedi Eberhard

Teaserbild-Quelle: Valentin Rabitsch

Der RC-Beton-Hersteller Hansruedi Eberhard betreibt in Rümlang ZH das stationäre Recyclingbeton-Werk Ebirec. Als Referent hat er schon an zahlreichen Fachtagungen die Unternehmerseite vertreten.

Valentin Rabitsch

Quelle: Valentin Rabitsch

Hansruedi Eberhard

Wann haben Sie mit der Herstellung von RC-Beton begonnen?

Hansruedi Eberhard: Im grossen Stil damit angefangen haben wir 1999 mit der Inbetriebnahme von Ebirec. Eines der ersten grossen Objekte mit RC-Konstruktionsbeton war die Überbauung Röntgenareal in Zürich. Dann folgte das Schulhaus Im Birch, was dann zum eigentlichen Durchbruch von Konstruktionsbeton mit Recyclingmaterial geführt hat.

Wie hoch ist der Anteil an Konstruktionsbeton, den Sie in Ihrem Werk herstellen?

Das Verhältnis zwischen Konstruktionsbeton und Magerbeton dürfte ungefähr bei 60 zu 40 Prozent liegen.

Wie viel kostet RC-Beton?

Beim Konstruktionsbeton sind die Preise vergleichbar mit traditionellem Beton – wir bewegen uns ja auch im selben Markt. Die Stadt Zürich hat uns hier viel geholfen, indem sie RC-Beton ausgeschrieben und Primärbeton nur zum Preisvergleich in PER-Positionen gestellt hat. Aber wir kämpfen immer noch gegen die verbreitete Vorstellung, dass RC-Beton billiger sein müsse als Primärbeton.

Gibt es vonseiten der Behörden wie etwa dem Bafu keine konkreten Fördermassnahmen für RC-Beton?

Die Förderung findet auf ideologischer Ebene statt. Das ist gut so, wir sind froh um alle, die positiv über RC-Produkte sprechen. Der Effekt ist aber zwiespältig. Viele klopfen uns RC-Beton-Herstellern lobend auf die Schulter, aber wenn es um das eigene Gebäude geht, verwenden sie dann doch lieber Primärbeton. Zumindest im Raum Zürich kann man aber sagen, dass der RC-Beton etabliert ist.

Erfordert Ihr RC-Beton einen besonderen Zement?

Beim RC-Beton verwenden wir keinen besonderen Zement. Wir experimentieren auch nicht mit verschiedenen Zementsorten. Der Zement sollte eine möglichst feste Grösse mit gleichbleibender Qualität sein: Wir haben bei den Gesteinskörnungen genug andere Parameter, die wir variieren können und müssen.

Welchen Zement verwenden Sie konkret?

Da unterscheiden wir uns nicht von anderen Betonwerken der Region. Wir verwenden Portlandkalksteinzement CEM II 42.5. Was wir nicht verwenden, sind hochwertigere Zemente. Wir stellen ja keinen Beton für Brückenbau her, es besteht also gar kein Bedarf an höheren Festigkeiten.

Erfordert Recycling-Granulat einen höheren Zementanteil als Primärmaterial?

Das ist umstritten. Bei uns trifft das nur beim Magerbeton zu – da verwenden wir generell 200 Kilo pro Kubikmeter, weil Mischgranulat einen erhöhten Feinanteil aufweist. Aber bei klassifizierten Betonsorten nach Norm 206 sind wir auf dem Minimum wie andere Werke auch. Der Unterschied zur Betonherstellung mit Primärmaterial besteht bei uns allenfalls in einer erhöhten Menge von Zusatzmitteln.

Wird der Wasserzementwert aufgrund der grösseren Porosität des Granulats verändert?

Nein, der muss gleich bleiben, sonst ist die Festigkeit nicht gewährleistet. Wenn die Festigkeit erhöht werden muss, gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: «Wasser runterfahren» oder «Zement hochfahren» – und «Zement hochfahren» ist schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll. Mit den regelmässigen, auf der Norm 206 basierenden Prüfungen haben wir ein Know-how im Umgang mit dem Ausgangsmaterial erlangt, mit dem wir uns jetzt immer mehr der Grenze der Mindestanforderung annähern können.

Was genau unternehmen Sie denn, um sich dieser Grenze anzunähern?

Wir verfügen zur Einlagerung und zum Abrufen der ausgesiebten Einzelfraktionen über 40 Silos à 500 Kubikmeter. Das gibt uns viele Variationsmöglichkeiten beim Zusammensetzen der Mischungen. Im Vergleich zu mobilen Aufbereitungsanlagen wissen wir hier einiges genauer, aus welchem Material unsere Mischungen bestehen. Zum Beispiel gibt es bei der Feinheit des Sands Schwankungen, die wir kontrollieren und beim Zusammenstellen der Granulatmischung berücksichtigen können.

Wo entstehen bei so viel Kontrolle noch am ehesten Probleme?

Die Schwierigkeit beim Beton ist immer die Verarbeitbarkeit – das ist das permanente Thema, auch beim Primärbeton. Es kann sein, dass der Beton irgendwo plötzlich nicht mehr durch die Pumpe läuft, dass er zu schnell oder zu wenig schnell abbindet. Mit solchen Problemen sind auch wir hin und wieder konfrontiert, und dann stehen wir als RC-Beton-Lieferanten natürlich besonders im Schaufenster. Gerade wenn ein Bauunternehmer wider Willen RC-Beton verwenden muss, kann es schwierig werden.

Wie funktioniert die Kontrolle des einkommenden Recycling-Materials?

Ein Gebäude wird schon vor dem Rückbau aufgrund von Bafu-Richtlinien und Umweltschutzgesetzen auf Altlasten geprüft. Das zum Rohbau zurückgebaute Gebäude sollte dann bereits von allfälligen Altlasten befreit sein. Das funktioniert normalerweise gut. Beim Eingang des Materials bei uns im Werk erfolgt dann nur noch eine visuelle Kontrolle, wobei auch vorkommen kann, dass der Geruch des Materials auffällt und Abklärungen nötig macht. Das sind aber seltene Fälle.

Wie viel Beton- und Mischgranulat stellen Sie im Verhältnis her?

Es dürften etwa 30 Prozent Mischgranulat und 70 Prozent Betongranulat sein. Was wir anzweifeln, sind die Prognosen der Forschungsstellen, die künftig mit einem höheren Anteil an Betonabbruch rechnen. Es gibt eine ganze Reihe von Wohnsiedlungen aus den 1950er-Jahren, die nächstens abgerissen werden. Da fällt zwar Betonabbruch an, aber die Gebäude haben zu wenig Substanz, um Teile aus Beton und Backstein vollständig zu trennen. Und sobald im Betonabbruch mehr als fünf Prozent Mischabbruch enthalten ist, gilt es als Mischabbruch.

Es gibt bei der Ausscheidung von Fremdkörpern das Nass- und Trockenverfahren…

Wir arbeiten hier nur trocken. Im Bauschuttrecycling wird wenig nass gearbeitet. Etwas anderes ist die Bodenwäsche, bei der es um die Elimination von Feinanteilen und Schadstoffen geht – da muss nass gearbeitet werden. Das Nassverfahren hat den grossen Nachteil, dass das verwendete Wasser dann auch wieder aufbereitet werden muss.

Kann man sagen, dass die Grenzen des RC-Betons nicht in seiner Festigkeit, sondern in seiner Dauerhaftigkeit liegen?

Unsere Philosophie ist es, alle in Gebäuden vorkommenden Betontypen als RC-Beton bereitzustellen. Wir streben aber nicht an, auch Beton für den Brückenbau herzustellen. Sobald Frost-Tausalz-Beständigkeit gefragt ist, gelangt RC-Beton an eine Grenze. Da liessen sich zwar mit einer aufwendigeren Aufbereitung noch Verbesserungen erzielen, das ergibt aber gar keinen Sinn. Die 20 Prozent des gesamten Bedarfs, die einen qualitativ höher stehenden Beton erfordern, können mit Primärbeton abgedeckt werden. Uns interessiert es, bei den restlichen 80 Prozent einen möglichst hohen Anteil an RC-Beton zu erreichen.

Kommt es oft vor, dass Bauteile speziell auf RC-Beton hin bemessen werden?

Nein, das ist selten. Es ist unerlässlich, dass der Beton nach Eigenschaften, den wir liefern, genau gleich bemessen werden kann wie ein normaler Primärbeton – ansonsten könnten wir unser Geschäft schliessen.

Wie blicken Sie als RC-Beton-Produzent in die Zukunft?

Angesichts all der Bekenntnisse zum umweltschonenden Bauen sollte man dem RC-Beton eigentlich eine gute Zukunft voraussagen. Meine Ungewissheit ist, wie konsequent solche Bekenntnisse tatsächlich umgesetzt werden. Wir können am Image des RC-Betons arbeiten. Den Entscheid, dass tatsächlich damit gebaut wird, wird aber von anderen gefällt.

Nehmen Sie beim Umweltbewusstsein einen Generationenwechsel in der Baubranche wahr?

Das ist schwer zu sagen: Dass man Abfälle trennen muss, auch beim Bauschutt, das hat die neue Generation schon zuhause in der Küche oder im Kindergarten gelernt. Dass aber die entsorgten Materialien auch wieder verwendet werden sollten, das ist noch nicht in den Köpfen drin – da bestehen immer noch Ängste. Das erfordert Aufklärungsarbeit, die wir auch zu leisten bereit sind. (vr)

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