Luxuswohnungen statt Freikirche – da scheiden sich die Geister
Die neuapostolische Kirche in Wollishofen wird dem Erdboden gleichgemacht, damit auf dem Land Luxuswohnungen entstehen können. Das polarisiert.
Die halbrunde und deshalb architektonisch interessante Liegenschaft an der Butzenstrasse geht ihrem Ende entgegen. Wie der Tagesanzeiger schreibt, hat die neuapostolische Kirche ihr Haus für „vorsichtig geschätzte drei Millionen Franken“ verkauft. Das Gotteshaus soll abgerissen und an dessen Stelle ein Betonbau hochgezogen werden. Die Immobiliengesellschaft Immooo wolle neun Luxuswohnungen mit Namen „Wooon“ bauen, heisst es. Der Kostenpunkt pro Wohnung soll zwischen 890‘000 und 1,8 Millionen Franken liegen. Das Projekt ist bereits ausgesteckt.
„Ausgerechnet eine Kirche“
Die Zürcher SP-Nationalrätin und Immobilienspezialistin Jacqueline Badran hat kein Verständnis: „Es kann doch nicht sein, dass ausgerechnet eine Kirche, die sich anderen Zielen als dem Geld verpflichtet fühlt, an einen renditeorientierten Immobilienentwickler verkauft. Auch die neuapostolische Kirche hat einen gemeinnützigen Auftrag“, lässt sie sich zitieren. Ausserdem führt sie einen Volksentscheid vom letzten September ins Feld. Die Stimmbürger der Stadt hatten sich seinerzeit mit einer deutlichen Mehrheit für mehr preisgünstige Wohnungen ausgesprochen. „Genossenschaften und Stiftungen bezahlen heute ebenfalls Spitzenpreise“, weiss die SP-Frau. Doch sie entzögen die Immobilien dem Markt und den steigenden Preisen.
„Eigentümer kann frei entscheiden“
FDP-Gemeinderat Albert Leiser scheint die Aufregung Badrans nicht zu verstehen. Wie der Tagesanzeiger schreibt, kennt der Direktor des Hauseigentümerverbands Zürich die Hintergründe nicht, die die Kirche veranlasst haben, ihr Gotteshaus zu verkaufen. Vielleicht baue sie an einem anderen Ort und brauche dafür das Geld. Er findet: „Grundsätzlich kann jeder private Eigentümer noch frei entscheiden, was er mit seinem Grundstück vorhat und an wen er es verkaufen will.“
Kirche stand zwei Jahre leer
Der Sprecher der neuapostolischen Kirche wehrt sich indes gegen den Angriff der Sozialdemokratin Badran. „Wir haben einen Käufer gesucht und einen gefunden“, so Andreas Grossglauser. Ausserdem sei der Kauf schon vor dem besagten Volksentscheid über die Bühne gegangen. Er nennt auch den Grund: Offenbar wird die Kirche schlicht nicht mehr gebraucht. Sie stand zwei Jahre leer, bis die Berner Künstlerin Chantal Michel sie in eine begehbare Ausstellung verwandelt hatte. (pd/mt)

Quelle: Google Streetview
Neuapostolische Kirche, Wollishofen