Leuchten und Solarzellen aus dem Drucker
Flimmernde Fassaden, gebogene Monitore, blinkende Kleidung, Leuchttapeten sowie flexible Solarzellen und das alles zum Ausdrucken. Das ist keine Vision, sondern wird mit neuen Druckverfahren bald möglich sein.

Quelle: Foto: Fraunhofer IAP / Till Budde
An der Bushaltestelle der Zukunft informieren flexible OLEDs die Fahrgäste. Hergestellt werden sie einfach per Drucker.
Die Zeit sperriger Fernsehgeräte, kantiger Leuchtreklamen und Displays in Geschäften oder an Flughäfen läuft ab. Denn bald heisst es zuhause: „Schatz, roll schon mal den Bildschirm aus, der Film fängt gleich an“. Und im öffentlichen Raum könnte fast jede beliebige Fläche zum Bildschirm werden. „Das sind zwar noch Visionen, doch sie haben gute Chancen, Wirklichkeit zu werden“, sagt Armin Wedel, Bereichsleiter am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm. Erste gebogene Bildschirme wurden auf der diesjährigen Internationalen Funkausstellung in Berlin präsentiert. Möglich machen das organische, lichtemittierende Dioden: OLEDs.
Wedel sieht neben Bildschirmen und Displays für die Unterhaltungselektronik zwei weitere Anwendungsfelder, in denen die Technik ihre Stärken ausspielen kann: Beleuchtungen aller Art und digitale Beschilderung. Damit gemeint sind Werbe- und Informationssysteme wie elektronische Plakate, Werbung, Grossbildprojektionen, Verkehrsschilder und -leitsysteme.
Zusammen mit dem Anlagenbauer MBRAUN haben die Forscher eine Fertigungsanlage konstruiert, mit der sich OLEDs, aber auch organische Solarzellen im industrienahen Massstab entwickeln lassen. Innovativ daran ist, dass sich jetzt OLEDs und Solarzellen aus einer Lösung leuchtender organischer beziehungsweise absorbierender Moleküle drucken lassen. So können sie einfach auf die Trägerfolie aufgedruckt werden. Üblicherweise geschieht dies bisher durch das Verdampfen von kleinen Molekülen im Hochvakuum, was den Prozess sehr teuer macht.
Grössere Serien möglich
Mit verschiedenen Drucktechniken haben die Forscher Bauelemente bisher nur im Labormassstab entworfen. Nun lassen sich grössere Musterserien realisieren. Das ist vor allem vorteilhaft für die vom IAP anvisierten Anwendungen bei grossen Leuchtflächen und Informationssystemen: Denn hier sind individuelle Lösungen und keine allzu grossen Stückzahlen gefragt. „Nun sind wir in der Lage, mit vergleichsweise geringem Aufwand organische Bauelemente unter industrienahen Bedingungen zu realisieren. So lassen sich neue Ideen in kommerzielle Produkte überführen“, sagt Wedel.
Das Herzstück der Pilotanlage ist ein Roboter, der verschiedene Drucker wie einen Tintenstrahler ansteuern kann: Die organischen Leuchtdioden werden aus verschiedenen Ausgangsstoffen Schicht für Schicht von den Druckern auf das Trägermaterial aufgetragen. Das geschieht sehr homogen, wodurch eine makellose Leuchtschicht entsteht. „Auf diese Weise können wir hochpreisige Nischenmärkte bedienen. Ähnlich wie beim Digitaldruck, lässt sich die organische Elektronik individuell aufbringen“, erklärt Wedel.
Branchenexperten schätzen gedruckte OLEDs als zukunftsträchtigen Milliardenmarkt ein. „Deutschland und Europa haben sich auf die OLED-Beleuchtung fokussiert, weil hier grosse Unternehmen wie Osram und Philips beheimatet sind“, erläutert Wedel. Damit sich OLEDs auf dem Markt durchsetzen, müssen aber noch einige Herausforderungen gemeistert werden. „Das Haupthemmnis sehe ich in der hohen Investitionssumme, die für eine Produktion nötig ist“, sagt Wedel. Er erwartet deshalb, dass OLEDs, zumindest bei der Beleuchtung, herkömmliche Leuchtmittel nicht ablösen, sondern ergänzen werden. Produktionstechnisch liefert er einen weniger zurückhaltenden Ausblick: „Meine Vision ist, eines Tages einfach die Tintenpatrone am Drucker auszutauschen, um sich selbst Leuchtelemente auszudrucken.“ (mgt)