Karpathos: Baumaschinen-Wracks säumen den Weg
Bis 2012 führte nur eine 21 Kilometer lange staubige Piste mit Schlaglöchern nach Ólympos mit seinen knapp 600 Bewohnern. Während die südliche Hälfte der griechischen Insel Karpathos, die zwischen Rhodos und Kreta liegt, gut auf Asphaltstrassen befahrbar ist, musste der Norden lange auf eine komfortable Erschliessung warten. Die EU zahlte 8,9 Millionen Euro an die Strasse durch die wilde Gebirgslandschaft hoch über der zerklüfteten Küste. Der aufwendige Bau dauerte sieben Jahre.
Bereits die Eröffnung der Piste im Jahr 1978 bedeutete für die Bewohner des Nordens einen riesigen Schritt in die Moderne. 1980 wurde Ólympos, die grösste Ortschaft der Region, ans Stromnetz angeschlossen. Zuvor war der Norden von Kapapathos nur zu Fuss, auf dem Esel oder mit dem Schiff erreichbar.
Lange Zeit lebten die Bewohner auf diesem Teil der Insel abgeschieden für sich und pflegten ihre eigenen Sitten und Bräuche. Doch viele kehrten dem kargen Leben den Rücken und wanderten aus. 8000 aus Ólympos stammende Bürger sind in der ganzen Welt zerstreut. Insbesondere in Amerika schlossen sich die Olymbiten in vielen Städten zu eigenen Gemeinden mit Schule, Kirche und Klub zusammen und pflegen bis heute ihr Brauchtum, wie Antje und Gunther Schwab für den Reiseführer des Michael-Müller-Verlags recherchierten. Auch in den umliegenden Siedlungen war der Auswanderungsdruck hoch.
Da auf der 48 Kilometer langen Insel mit ihren insgesamt 6000 Bewohnern Recyclingkreise fehlen, säumen ausgediente Baumaschinen die neue Stasse. Den Touristen, die Ólympos besuchen, liefern sie eine skurrile Kulisse. Das Dorf selbst klebt imposant an einem 200 Meter hohen Bergrücken und ist das Musterbeispiel einer verdichteten Bauweise. Enge Gassen führen von einem Bach mit terrassierten Gärten hinauf zum Glockenturm der Kirche, der über dem Dorf tront. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnten in Ólympos noch 3000 Leute. (Urs Rüttimann)