15:23 BAUBRANCHE

Grosser Bruder

Teaserbild-Quelle: Ben Kron

Ohne Hochhaus keine Eishalle und umgekehrt: Das neue Zuger Wahrzeichen namens „Uptown“ und die angrenzende Eishalle sind eng miteinander verbunden. Die Verwandtschaft ist finanzieller, energetischer und architektonischer Natur.

Beteiligte Firmen

■ Bauingenieur

Berchtold + Eicher Bauingenieure AG, Zug

■ Elektroingenieur

Hefti. Hess. Martignoni. Zug AG

■ Innere und äussere Malerarbeiten

■ Trockenbau und innere Verputzarbeiten

MVM AG, Luzern und Emmen

■ Fassadenplaner

Pro Optima AG, Elgg ZH

■ Metallfassaden, Metalldächer

Dach & Wand Systembau AG, Beckenried NW

■ Unterlagsböden

Flooratec AG, Rotheburg LU

Das neue Zuger Eisstadion und das angrenzende Hochhaus gehörten schon zusammen, bevor die erste Mauer hochgezogen war: Um die neue Heimstätte des EV Zug zu finanzieren, verkaufte die Stadt die Parzelle neben dem Stadion an die Anliker AG. Die Kosten des Projektes konnten so von 61 auf netto 22,5 Millionen Franken gesenkt werden. Im Februar letzten Jahres hat das Stimmvolk diesen Handel abgesegnet. Inzwischen ist die Bosshard-Arena, so der Name der neuen Eishalle, vollendet. Im Frühjahr 2011 wird das teilweise öffentliche Parkhaus fertiggestellt, im Herbst das Ausseneisfeld und im nächsten Winter der Stadtplatz.

Höchstes Zuger Gebäude

Parallel dazu laufen die Bauarbeiten an «Uptown», dem mit 63 Metern höchsten Zuger Gebäude. Der Credit Suisse Immobilienfonds, der das baubewilligte Projekt von Anliker übernommen hat, investiert 86 Millionen Franken in das markante Scheibenhochhaus, das 3900 Quadratmeter Büro- und 7900 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung stellen wird. Entworfen wurde «Uptown» vom Luzerner Büro Scheitlin + Syfrig, das die beiden benachbarten Bauwerke auch architektonisch in eine Beziehung zueinander gesetzt hat.

Baubeginn war offiziell am 1. März 2009. «Da dies ein Sonntag war, konnten wir natürlich erst am 2. März beginnen», erzählt Projektleiter Ingo Kosakowski. Und ergänzt schmunzelnd: «Aber diesen Rückstand haben wir inzwischen wieder aufgeholt.» Inzwischen hat man sogar einen Vorsprung auf den Zeitplan: Ende Dezember hätte der Rohbau fertiggestellt sein sollen, doch das traditionelle Aufrichtefest konnte schon am 8. November stattfinden. «Wir haben es geschafft, mit dem ganzen Planungsteam einen guten Vorlauf zu schaffen», erklärt Kosakowski. «So konnten wir auch unsere Baumeister frühzeitig mit Plänen bestücken und hier viele Synergien ausnutzen.»

Beeindruckende Landmarke

Die Investoren zeigen sich schon jetzt von ihrem neuen Objekt begeistert: «Eine beeindruckende Landmarke», nennt es Karin Schwerzmann, die Leiterin Kommunikation Immobilienanlagen bei der Bauherrin CS. Und das, obwohl dem Hochhaus sein endgültiges Kleid, die Metallfassade, noch fehlt. Im Moment wird in den unteren fünf Stockwerken, wo die Büros zu liegen kommen, der Ausbau beendet. «Der bei Bürogebäuden übliche Doppelboden ist schon drin und die Nasszellen sind ebenfalls fertig», berichtet Kosakowski. Sodass man damit rechnet, die Räume schon am 1. Februar für den individuellen Innenausbau übergeben zu können; einen Monat früher als geplant. Um den Mietern hierbei viel Spielraum zu lassen, wurde das Gebäude im Inneren mit möglichst wenigen tragenden Elementen versehen. «Nur gerade die Wände der beiden Treppenhäuser sind statisch relevant.»

Von der sechsten bis zur siebzehnten Etage folgen die insgesamt 70 Wohnungen, die von unten nach oben ausgebaut werden. Ingo Kosakowski: «Im sechsten Stock ist der Innenausbau schon im vollen Gange, während im zwölften noch Trockenbau angesagt ist, also Wände hochgezogen werden.» Alles darüber sei noch erweiterter Rohbau. «Da installieren wir im Moment zum Beispiel die Haustechnik.»

Ausgeklügelte Logistik

Dieses Nebeneinander verschiedener Bauphasen erfordert eine ausgeklügelte Logistik, zumal gleichzeitig vor dem Hochhaus ein Parkhaus erstellt wird, was den zur Verfügung stehenden Platz weiter einengt. «Wir arbeiten mit Just-in-Time-Anlieferungen», so Kosakowski. Das bedeutet: Grössere Lieferungen müssen mindestens 24 Stunden im Voraus angemeldet werden und erhalten dann ein Zeitfenster von 90 Minuten zum effektiven Abladen des Materials. Wer zu spät kommt, muss auf die nächste Gelegenheit warten, seine Lieferung loszuwerden. Dieses Nebeneinander der beiden Baustellen hat aber auch einen Vorteil: Die Bauleitungen der zwei unterschiedlichen Vorhaben, die von verschiedenen Quellen finanziert werden, teilen sich die Büroräume im Obergeschoss der benachbarten Curlinghalle.

Neben den sehr beengten Platzverhältnissen schränken auch die Anforderungen des Nachhaltigkeits-Labels «Green Property»-Labels die Möglichkeiten auf der Baustelle ein. Kosakowski: «Wir müssen genauestens darauf achten, dass wir nur gesundheitlich unbedenkliche Materialien am Bau einsetzen; also Farben, Kleber, Hölzer und so weiter. Auch unsere Partner, die den Ausbau vornehmen, haben sich hierauf verpflichtet. Bei Vertragsabschluss mussten sie dokumentieren, was genau sie einsetzen.» Bei der Anlieferung würden die Materialien dann noch einmal überprüft und mit den vorhandenen Dokumentationen verglichen. «Hierbei wurden wir von Amstein + Walthert, die den Bau begleiten, hervorragend unterstützt», lobt der Projektleiter. «Am Ende werden wir ein in jeder Hinsicht sehr positives Bauwerk vor uns haben.»

Wärme von der Eisaufbereitung

Ein wichtiger Faktor bei «Green Property» ist die Energieversorgung. Hier weist «Uptown» nach der Finanzierung und der Architektur eine dritte enge Verbindung zur angrenzenden Eishalle auf: Das Hochhaus bezieht seine gesamte Heizenergie aus der Abwärme der Eisaufbereitung, die per Fernwärmeleitung transferiert wird. Das Gebäude selbst erreicht seine hervorragenden Energiewerte dank der Dreifachverglasung. Um all die Vorgaben des Öko-Labels auch einhalten zu können, gibt es für die zukünftigen Mieter einen kleinen Wermutstropfen: Der Luftaustausch erfolgt via Klimaanlage; pro Raum lässt sich jeweils nur ein Fensterflügel öffnen. Dem Interesse an den Zweieinhalb- bis Fünfeinhalb-Zimmer-Wohnungen ist dennoch gross: Zum Zeitpunkt der Aufrichte waren gerade noch acht der insgesamt 70 Wohnungen noch nicht vermietet.

Das 18. und damit oberste Stockwerk von «Uptown» ist einer speziellen Nutzung vorbehalten: der Skylounge. Dies war eine Auflage der Stadt Zug beim Umsetzungsentscheid. Auf über 60 Metern Höhe kommt der nach Süden ausgerichtete öffentliche Raum zu liegen. Die Details der Gestaltung sind noch offen; ein Restaurant ist vorgesehen. So oder so aber hat jede Zugerin und jeder Zuger – ganz ohne Konsumationszwang – freien Zugang zum «himmlischen Aufenthaltsraum», der eine prachtvolle Sicht über Stadt und See bietet.

So wird sich für die Credit Suisse die Investition rechnen. Die Stadt Zug erhält mit dem Hochhaus ein markantes neues Wahrzeichen, das auch in Sachen Ökologie Vorbildcharakter hat. Seinen Status als höchstes Zuger Gebäude wird «Uptown» aber nicht lange behalten: In Sichtweite stehen bereits die Baugespanne für ein neues Wohn- und Büro-Hochhaus. Dieses, mit Namen «Park Tower» soll 2013 fertig sein und 81 Meter in die Höhe ragen.

Nachgefragt bei Andi Scheitlin

Andi Scheitlin ist Mitbegründer des Architekturbüros Scheitlin Syfrig Partner AG in Luzern.

Welches war der Leitgedanke bei der Gestaltung des Uptown-Hochhauses?

Der Entwurf lässt sich auf drei Ebenen erklären: Städtebaulich schliesst das Hochhaus die Reihe grosser öffentlicher Bauten entlang der General-Guisan-Strasse ab und leitet über zu kleinmassstäblicheren Volumen mit Wohnnutzungen.Als Zweites definiert «Uptown» zusammen mit der Eishalle, der angrenzenden Turnhalle und der Wohnüberbauung «Schutzengel» einen neuen städtischen Raum. Als Drittes bilden Hochhaus und Eishockey-Stadion eine architektonische Komposition, hier «Uptown» mit seinem relativ kleinen Fussabdruck und der grossen Höhe, dort das Stadion, welches sich in der Fläche ausbreitet.

Uptown ist das erste realisierte Hochhaus Ihres Büros. Wie sind Sie an dieses Projekt herangegangen?
Wir hatten schon mehrere Hochhäuser in Wettbewerben geplant, Wettbwerbs- und Ausführungprojekt sind jedoch verschiedene Dinge, bei der Umsetzung merkt man, dass die Randbedingungen bei einem hohen Gebäude sehr komplex sind. Aber wir haben uns gründlich eingearbeitet und bei der Projektierung auch viel gelernt.

Wie entwirft man ein Hochhaus? Was ist anders gegenüber sonstigen Bauten?
Die Anforderungen der Feuerpolizei und der Gebäudeversicherung sind ungleich höher als bei einem «normalen» Wohnungsbau. Vor allem die vertikalen Erschliessungen wie Lifte, Treppen und Schächte für die Haustechnik haben uns gefordert. Im Wettbewerb hatten wir diese Aspekte etwas stiefmütterlich behandelt und wir mussten zusehen, dass wir die Qualität der Wohnungen so beibehalten konnten, wie im Wettbewerb angedacht. Schliesslich haben wir uns mit der Schräge selber noch ein Problem eingebrockt: Diese war im Inneren nicht so einfach zu bewältigen. Trotzdem mussten die Wohneinheiten attraktiv gestaltet sein, damit der Investor sie vermarkten kann.

In Basel ist das Roche-Hochhaus von Herzog und De Meuron projektiert, das in der Form Ähnlichkeiten mit «Uptown» aufweist. Wer hat da wen inspiriert?
Das ist mir auch aufgefallen. Diese Ähnlichkeiten sind aber zufällig, zumal das Basler Projekt jünger ist. Es besteht auch ein gewichtiger Unterschied: Die Schräge ist bei uns ein Dach und keine Fassade. Beim Roche-Hochhaus sind es Tablare, die sich mit zunehmender Höhe zurückstaffeln. Das Dach wollten wir übrigens ursprünglich geschlossen gestalten. Jetzt ist es perforiert, was für die Wohnungen attraktiver ist. Wir haben aber Dachschrägenfenster gewählt, also eine andere Typologie von Fenstern als auf den Seiten des Gebäudes.

«Uptown» steht gleich neben der neu gebauten Eishalle. Wie sind die beiden Gebäude miteinander verbunden, wie voneinander abgegrenzt?
Die zwei Gebäude sind wie Geschwister und bedingen sich gegenseitig. Das Stadion hat ein gefaltetes Dach. Die Idee war nun, dass sich ein Teil des Daches verabschiedet und in die Höhe steigt. Es nimmt dann das Hochhaus gleichsam unter seine Fittiche. Die Verwandtschaft zeigt sich auch in den Materialien: Das Hochhaus wird mit demselben Colinal, einer Art Aluminium, beplankt wie das Stadion. Nur, dass die Fassade beim Stadion eine Gitterstruktur aufweist, beim Hochhaus aber mit glatten Blechen ausgeführt wird. Die Gebäude sind also in der kubischen Komposition, der Materialisierung und der Farbigkeit verwandt.

Sind Sie zufrieden mit Ihrem Bauwerk?
Ja, wir sind glücklich mit unserem Bau. Je nach Blickwinkel imponiert uns die Grösse immer noch. Man plant ja so ein Gebäude und macht Modelle. Aber wenn man es dann in der Ausführung sieht, ist das immer noch eine Überraschung. Und wir waren bei «Uptown» nicht negativ überrascht, sondern sehr zufrieden. Wir hoffen, dass das bis zum Schluss so bleibt.(bk)

Weitere beteiligte Firmen

■ Bauherr

Immobilienfonds Credit Suisse Real Estate

Fund Green Property, Zürich

■ Architekt

Scheitlin Syfrig Partner AG, Luzern

■ Totalunternehmer

Anliker AG Generalunternehmung, Emmenbrücke LU

■ Fassadenplaner

Pro Optima AG, Elgg ZH

■ Metallfassaden, Metalldächer

Dach & Wand Systembau AG, Beckenried NW

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