15:06 BAUBRANCHE

Erstmals seit 1942 sind die Nominallöhne gesunken

Teaserbild-Quelle: Cosmix, Pixabay

Wegen der Coronakrise sind die Nominallöhne in der Schweiz im 2021 erstmals leicht gesunken. Und weil gleichzeitig die Teuerung angezogen hat, ist hatten die Arbeitnehmenden in der Schweiz real deutlich weniger im Portemonnaie. – Allerdings stellen Experten stellen diese Zahlen in Frage.

Vergangenes Jahr sind die Nominallöhne um 0,2 Prozent gesunken. Dies teilte das Bundesamt für Statistik (BFS) heute mit. Es ist damit der erste Rückgang seit Einführung des schweizerischen Lohnindexes im Jahr 1942. - Parallel dazu ist 2021 die Inflation um 0,6 Prozent angestiegen. Ursache hierfür sind höhere Öl- und Mietpreise. Damit mussten die Angestellten in der Schweiz real einen Rückgang ihrer Kaufkraft um 0,8 Prozent hinnehmen. – Im 2020 noch hatte sich die Kaufkraft um 1,5 Prozent erhöht; dies bei einer um 0,7 Prozent rückläufigen Teuerung, aufgrund der von der Coronapandemie verursachten Konjunkturverlangsamung.                                       

Zum 15. Mal geringere Kaufkraft

Seit 1942 ist es das 15. Mal, dass die Kaufkraft gesunken ist. Sechs Mal ist dies in diesem Jahrhundert geschehen: 2000 (-0,3%), 2005 (-0,2%), 2008 (-0,4%), 2017 (-0,1%) und 2018 (-0,4%) sowie im 2021.

Einen derart starken Rückgang wie im vergangenen Jahr findet man jedoch nur im Jahr 1981, als die Reallöhne im Zuge der galoppierenden Inflation um 1,0 Prozent gesunken sind. Dass die Nominallöhne gesunken sind – das gab es hingegen in der Schweiz seit dem zweiten Weltkrieg noch nie. Weiter zurückgehen die Daten des BFS in diesem Zusammenhang nicht. Selbst in der Finanzkrise (2008: +2,0%) oder nach dem Frankenschock (2015: +0,4%) stiegen die Gehälter.

Die Coronapandemie spielte eine entscheidende Rolle wie Didier Froidevaux, Sektionschef Löhne und Arbeitsbedingungen im BFS, erklärt: Als die Löhne für 2021 im Herbst 2020 ausgehandelt worden waren, seien die wirtschaftlichen Aussichten nicht sehr gut gewesen. „Das führte wahrscheinlich zu einer gewissen Zurückhaltung bei den Lohnverhandlungen.“

Angestellte mit einem Gesamtarbeitsvertrag erzielten mit plus 0,4 Prozent Nominallohn übrigens bessere Ergebnisse.

Im Baugewerbe blieben Löhne unverändert

In den einzelnen Wirtschaftszweigen des Sektors entwickelten sich die Löhne jedoch sehr unterschiedlich und bewegten sich in einer Spanne von -3,1 und +2,1 Prozent.

Die stärksten Zunahmen verzeichneten die Wirtschaftszweige «Reparatur und Installation» (+2,1%) sowie «Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Energie- und Wasserversorgung, Abfallentsorgung» (+0,5%) zu beobachten. Am anderen Ende der Rangliste lagen die Wirtschaftszweige «Kokerei und Mineralölverarbeitung, Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen» (–3,1%), «Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten und
elektrischen Ausrüstungen und Uhren» (–1,1%) sowie «Maschinen- und Fahrzeugbau» (–1,0%). Derweil sind die Nominallöhne im «Baugewerbe/Bau» (+0,0%) unverändert geblieben.

Allerdings hatten im Jahr 2021 nur die Männer weniger Geld: Ihre Reallöhne sanken um 1,3 Prozent, während die Kaufkraft der Frauen unverändert blieb. Nominal sanken die Löhne und Gehälter der Männer um 0,7 Prozent, während Gehälter der Frauen um 0,6 Prozent stiegen. Die geschlechtsspezifisch differenzierte Entwicklung zeigt, dass sich der durchschnittliche Abstand zwischen Männern und Frauen allmählich verringert, so das BFS.

Verzerrungen wegen der Pandemie

Allerdings bezweifelten die von Wirtschaftsnachrichtenagentur AWP befragten Experten die vom BFS erhobenen Daten: Sie gehen von höheren Löhnen im 2021 aus. Denn das Bundesamt erhebe seine Daten auf Basis aufgrund der Meldungen an die Suva und andere Unfallversicherungen. Die Pandemie habe daher schon 2020 zu massiven Verzerrungen geführt. - Denn wer im Lockdown nichts unternehmen kann, kann sich auch nicht verletzten. „Junge Leute und damit auch viele Tieflohnbezüger haben sich weniger verletzt und sind nicht in der Datenbasis aufgetaucht“, so ein Experte gegenüber der AWP. Das habe 2020 zu einer eher zu hohen BFS-Schätzung geführt und 2021 zu einer zu tiefen.

Froidevaux ist sich dieser Problematik bewusst. „Wir haben daher die Zahlen kalibriert, um den Einfluss der Pandemie zu eliminieren oder zumindest zu minimieren.“ (awp/sda/mgt/mai)

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