Erste Aufnahmen von Amazonas-Korallenriff
Ein ungewöhnliches Korallenriff im Mündungsgebiet des Amazonas im Atlantik elektrisiert internationale Forscher. Ein Team von Wissenschaftlern und der Umweltschutzorganisation Greenpeace konnte nun erstmals Unterwasseraufnahmen machen.
Das Riff-System mit Schwämmen, Fischen und Korallen vor der Küste Brasiliens ist rund 9500 Quadratkilometer gross. Seine Länge beträgt 1000 Kilometer. Es liegt in einer Tiefe von bis zu 120 Metern. Seine ganze Dimension wurde letztes Jahr von einem brasilianischen Forscherteam entdeckt. Zum Vergleich: Unser grösster Kanton Graubünden ist rund 7100 Quadratkilometer gross. «Das ist ein Sensationsfund», sagt die deutsche Meeresbiologin Sandra Schöttner, die bei der Expedition dabei ist, an der erstmals Unterwasseraufnahmen gemacht worden sind. Die Entdeckung sei einer der wichtigsten meeresbiologischen Funde seit Jahrzehnten, da bisher solche Riffe im Mündungsbereich von Flüssen nicht bekannt gewesen seien.
Flüsse transportieren viel Sediment und organisches Material, weshalb das Wasser trüb ist. Und Korallenriffe entwickeln sich eigentlich nur bei starker Lichtdurchlässigkeit. Zudem mischt sich in der Amazonasmündung Süss- und Salzwasser, und auch der Sauerstoffgehalt ist ungewöhnlich für Korallenriffe.
Das Ökosystem könne vermutlich einen Einblick liefern, wie Riffe in Zukunft aussehen könnten, die durch Klimawandel und Erosion unter erschwerten Umweltbedingungen überleben müssen, so Schöttner.
Petition gegen Ölbohrungen
Den widrigen Lebensumständen in der Flussmündung trotze das Riff zwar erfolgreich, doch menschliche Eingriffe könnten dem ein Ende bereiten, schreibt Greenpeace in einer Mitteilung. Denn es werde durch geplante Ölbohrungen bedroht. Der Konzern Total habe vor, in nur acht Kilometern Entfernung nach Öl zu suchen. Auch BP bereite Bohrungen vor. Die Umweltschutzorganisation ist überzeugt: «Ein solches Industriegebiet vor der Küste Brasiliens würde das Leben unter Wasser beeinträchtigen und die Unversehrtheit des Riffs gefährden – dazu benötigt es nicht einmal den Extremfall eines Lecks: Der Lärm der Arbeiten und der Aushub der Bohrlöcher belasten das Ökosystem bereits.» Um die Ölförderpläne zu verhindern, hat Greenpeace die Petition «Rette das Amazonas-Riff» lanciert. (sda/mt)