09:30 BAUBRANCHE

Endlager: Kantone wollen Nördlich Lägern nicht ausschliessen

Der Ausschuss der Kantone ist in Sachen Atom-Endlager anderer Meinung als die Nagra. Anders als sie möchte er, dass Nördlich Lägern im Zürcher Unterland und im aargauischen Zurzibiet als möglicher Standort weiterverfolgt wird.

Die Nationale Genossenschaft zur Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat Nördlich Lägern letztes Jahr als möglichen Standort für ein geologisches Tiefenlager aus dem Rennen genommen. Sie fand damals, dass sich entweder Jura Ost oder Zürich Nordost am besten für die Lagerung von Atomabfällen eignen. Ebenfalls nicht in die engere Auswahl kamen Jura Südfuss (SO/AG), Südranden (SH) und Wellenberg (NW/OW).

Der Ausschuss der Kantone (AdK) hat diesen Vorschlag nun geprüft. Mit Ausnahme der Zurückstellung des Standorts Nördlich Lägern ist er mit den Schlussfolgerungen der Nagra mehr oder weniger einverstanden. „Die Gründe für die Zurückstellung vermögen einer kritischen Prüfung nicht standzuhalten“, schreibt der Ausschuss in einer Mitteilung. „Sie basieren teils auf unzutreffenden Modellvorstellungen (Geomechanik), teils auf unsicherer Datenlage (2D-Seismik).“ Dies habe zur Folge, dass einerseits ein tiefer gelegenes Lager möglich sei, andererseits auch bedeutend mehr Platz zur Verfügung stehen könne, als die Nagra erwarte.

Der AdK ist auch zum Schluss gekommen, dass die Standorte Zürich Nordost und Jura Ost grössere Schwächen haben als von der Nagra angenommen. Im Gegensatz zu Nördlich Lägern mit grösseren Tiefenlagen seien sie der Erosion durch Gletscher und Durchbruchsrinnen stärker ausgesetzt.

Ebenfalls anderer Meinung als die Nagra ist der AdK in Sachen sicherheitstechnische Eignung. In ihren Dosisberechnungen komme die Nagra zum Schluss, dass alle Standortgebiete sicherheitstechnisch geeignet und gleichwertig seien – dem könne nicht gefolgt werden, findet der Ausschuss. „Hierzu sind die heutigen Kenntnisse der Geologie an den jeweiligen Standorten zu wenig gesichert.

Sicherster Standort soll übrig bleiben

Die Kantone fordern, dass sowohl Jura Ost als auch Zürich Nordost und Zürich Lägern weiter untersucht werden. Denn alle erfüllten heute die sicherheitstechnischen Mindestanforderungen, wiesen aber unterschiedliche Stärken und Schwächen auf. „Nur so ist zu gewährleisten, dass der vergleichsweise sicherste Standort übrig bleibt.“ Dabei sollten gezielt die heute erkannten Ungewissheiten und möglichen Schwächen der einzelnen Standorte angegangen werden. „Ein solches Vorgehen ist zielführend und effizient.“

Bei der Regionalkonferenz Nördlich Lägern nimmt man zur Kenntnis, dass die Kantons-Experten zu einem anderen Schluss kommen als die Nagra, schreibt die Nachrichtenagentur sda. „Wir hoffen, dass wir nun nicht in einen Streit der Experten hineingezogen werden“, so Präsident Hanspeter Lienhart. Es dürfe auf keinen Fall der Verdacht aufkommen, dass bei der Beurteilung der Standortregionen politische Überlegungen eine Rolle spielten. Gemäss Lienhart ist klar, dass die Sicherheit im Vordergrund stehen muss.

Der Bericht der Kantons-Experten wird nun dem Bundesamt für Energie zugestellt. Ob Nördlich Lägern wieder in die engere Auswahl aufgenommen wird, ist aber noch unklar. Der Bundesrat will bis Ende 2018 über die Vorschläge entscheiden.

Messungen im Zürcher Weinland

Auf der Suche nach dem Endlager ist gestern im Zürcher Weinland (Standort Nordost) eine weitere Etappe in Angriff genommen worden. Wie es in der sda heisst, werden dort im Auftrag der Nagra ergänzende seismische Messungen durchgeführt. Auf einer Fläche von 20 Quadratkilometern werden die Gesteinsschichten in der Tiefe untersucht. Vibrationsfahrzeuge schicken hierzu Schwingungen in den Untergrund, wo sie von den verschiedenen Schichten reflektiert werden. Innerhalb weniger Sekunden erreichen die Schwingungen als „Echos“ wieder die Erdoberfläche und werden aufgezeichnet. So entsteht ein dreidimensionales Bild des Untergrunds.

Nötig wurden diese seismischen Messungen, weil das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) im September letztes Jahr bemängelt hatte, dass die Nagra „ungenügende und nicht nachvollziehbare Daten“ zur maximalen Tiefenlage der Standortgebiete geliefert hatte. Die Nagra holt dies nun nach. (pd/sda/mt)

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