09:51 BAUBRANCHE

Ein Atomkraftwerk als Kunstprojekt

Wer ein Atomkraftwerk noch nie von innen gesehen hat, kann das in China nachholen: Das AKW «816», die weltweit grösste Militäranlage, dient heute als überdimensionales Kunstprojekt und ist für Touristen zugänglich.

Nahe Chongqing im Südwesten Chinas befindet sich das Atomkraftwerk mit dem Namen «816». Das Bauwerk stammt noch aus dem Kalten Krieg. Als die Sowjetunion vom Verbündeten zum Feind wurde, fürchtete sich China vor einem nuklearen Anschlag. Als Vorbereitung für das Worst-Case-Szenario wurde mit dem Bau der riesigen Nuklearanlage begonnen.

Das grösste AKW der Welt macht seinem Namen alle Ehre: 18 grosse Haupthöhlen, mehr als 130 Strassen und 20 Kilometer an Tunnels kann das Bauwerk vorweisen. Die Fläche des unterirdischen Komplexes beläuft sich auf rund 10'000 Quadratkilometer. Unter anderem gibt es Wege für Autos, Windtunnel, Ableitungskanäle und Lagerhallen für Waffen und Nahrungsmittel. Bei einem potenziellen Krieg kann der unterirdische Komplex Erdbeben von Stärke acht sowie Atom- und Wasserstoffbomben standhalten.

Mit dem Bau wurde 1966 begonnen, rund 60'000 Soldaten arbeiteten fast 17 Jahre lang am Megaprojekt. Der Plan ging allerdings nicht ganz auf: Noch vor Fertigstellung der Militäranlage war der Kalte Krieg vorbei. Aus diesem Grund wurde der Bau Mitte der 80er Jahre gestoppt.

Fast drei Jahrzehnte später, im Jahr 2010, öffnete ein kleiner Teil von «816» kurzzeitig für Touristen. Die Türen schlossen sich aber bald darauf wieder. Nicht ohne Grund: Das AKW wurde in eine Mischung aus Lichtshow, Kunstwerk und Museum verwandelt und ist heute für jedermann geöffnet. Die Besucher müssen sich dabei keine Sorgen wegen radioaktivem Material und ungesunder Strahlung machen, da die Anlage nie in Betrieb war.

Bemerkenswert: Bis heute ist vom gesamten Bauwerk nur ein Drittel für Touristen zugänglich. Die restlichen Höhlen sollen aber auch bald freigegeben werden. Gemäss Yang Yan, einem Verwalter der Anlage, müssen Besucher immer vorsichtig sein: Folgt man auf der dreistündigen Tour durch den Baukomplex nicht stets dem Guide, wird man sich verirren. (pb)


Bilder zu der Ausstellung finden Sie hier.

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