14:47 BAUBRANCHE

Die Sonne als Haupt-Energiequelle

Teaserbild-Quelle: zvg

An innerstädtischer Lage in Zürich – direkt beim stark frequentierten Bahnhof Stadelhofen - entstehen zurzeit zwei Bauten, die vorbildlich für eine nachhaltige Baukultur stehen. Die Hauptenergiequelle wird die Sonne sein, welche bisher kaum in der Konsequenz für Bauten in der Innenstadt genutzt worden ist.

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Das Haus an der Zürcher Mühlebachstrasse schliesst eine sensible Lücke in der Blockrandbebauung.

Die beiden sechsgeschossigen Wohn- und Bürohäuser sind ganz in vorfabrizierter Holzkonstruktion erstellt und werden Minergie-P-Eco zertifiziert. Schon beim Konzept des Entwurfs wurde hohes Gewicht auf eine optimale Energiebilanz des Projektes gelegt. In der Ausführungsplanung wurde dann nicht nur die Minimierung der Betriebsenergie, sondern auch die investierte graue Energie genau analysiert und optimiert.

Die bestehenden Gebäude, ein Gewerbebau aus dem Jahr 1910 und auch eine 250-jährige Villa, die nicht mehr in die Mühlebachstrasse passte, mussten abgerissen werden. Obwohl der Bauplatz sehr zentral liegt, ist die Lage relativ ruhig und sowohl für Wohn- als auch Büronutzung geeignet. Der Neubau an der Mühlebachstrasse schliesst eine das Strassenbild der Gründerzeit störende Baulücke in der Blockrandbebauung. Dank seiner ruhigen Fassade mit grossen Fensteröffnungen und kleinteiligen Naturschieferplatten wird das Haus zwischen den Nachbarn vermitteln – einem Jugendstilhaus mit Sichtmauerwerk und einem Bürohaus aus den 1970er-Jahren.

An der Hufgasse bildet ein ebenfalls sechsgeschossiger, leicht gerundeter Bau den Abschluss der in den 1940er-Jahren begonnenen Häuserzeile. Die spezielle Form schafft einerseits einen Abstand zum klassizistischen Solitärbau im Süden der Parzelle und definiert andererseits die Aussenräume besser. Durch die zwei Neubauten wird die vor über hundert Jahren konzipierte Blockrandbebauung vervollständigt. Dazwischen entsteht ein ruhiger und begrünter Hofraum.

Die beiden Gebäude unterscheiden sich am meisten in ihrer Nutzung. An der Mühlebachstrasse sind flexible Grundrisse geplant, die sowohl als Büroräume als auch für Wohnräume genutzt werden können. Das Gebäude an der Hufgasse hingegen ist aufgrund der zurückliegenden Lage für eine reine Wohnnutzung prädestiniert. Die Tragstruktur und die technischen Installationen lassen aber auch hier spätere Nutzungsänderungen ohne weiteres zu.

Die Konstruktion der beiden Häuser ist auf maximale Flexibilität getrimmt. Um das innen liegende Treppenhaus mit Lift passt sich die Grundrissstruktur der Gebäudeform an. Beim Hofgebäude wird dadurch auch im Inneren die Rundung des Gebäudes akzentuiert. Die beiden sechsgeschossigen Immobilien sind als Holzsystembauten ausgeführt. Die tragenden Aussenwände sind aus grossformatigen Holzfertigelementen mit integrierten Stützen aus Brettschichtholz konstruiert. Die meisten Innenwände sind nicht tragend ausgeführt, um die besagte, grösstmögliche Nutzungsflexibilität zu gewährleisten. Die Decken sind als vorfabrizierte Holzbetonverbunddecken mit sichtbaren Brettstapelelementen als Untersicht ausgeführt. Die Grauenergiebilanz dieser Decken ist um ein Mehrfaches besser als diejenige einer konventionellen Betondecke. Der Brettstapel ist nämlich nicht verleimt, sondern nur gedübelt, und im Beton gibt es dadurch nur ein sehr schwaches Armierungsnetz. Trotzdem werden die Anforderungen bezüglich Statik, Schallschutz und Brandschutz problemlos erreicht. Die Betondecken mit Holzuntersicht werden sich gegenüber den heute üblichen Betondecken optisch und akustisch positiv absetzen.

Die Treppenhäuser mit integriertem Liftschacht sind in Sichtbeton – und zwar mit Recycling-Beton – ausgeführt. Ebenso wurde bei diesem Projekt der Versuch unternommen, auch sämtliche erdberührende Wände des Untergeschosses in Recycling-Beton auszuführen.

Die Sonne als Energieträger

Die Materialisierung der Fassaden verbindet die Gebäude trotz der volumetrischen Unterschiede zu einer gestalterischen Einheit. Die kleinteiligen Naturschieferplatten werden die Fassaden je nach Tageszeit und Witterung ganz unterschiedlich erscheinen lassen. Die Attikageschosse hingegen sind mit grossformatigen, hellgelben Fassadenplatten ausformuliert und treten so in den Hintergrund.

Bei den Fenstern handelt es sich um dreifach verglaste Holz-/Metallfenster, die aussen bündig zur Fassade angeschlagen werden. Die grossen Fenster lassen viel Tageslicht in das Innere der Gebäude dringen und nutzen den passiv-solaren Ertrag maximal.

Die beiden Häuser sind über die gemeinsame Tiefgarage verbunden. Diese nimmt alle vorgeschriebenen Abstellplätze auf. Auch die Räume für die Gebäudetechnik sind gemeinsam angeordnet. Die Wärmeerzeugung erfolgt mittels einer Pelletanlage, die zur Aufbereitung von Warmwasser und zur Heizungsvorwärmung zusätzlich von vertikalen Flachkollektoren in der Hof-Fassade und Vakuumröhrenkollektoren auf dem Dach unterstützt wird. Die Flachkollektoren werden als Fassadenelemente eingesetzt und fügen sich hervorragend in die architektonische Gestaltung ein. Für einen optimalen Betrieb und die Speicherung der Energie werden mittels eines semi-zentralen Systems in beiden Häusern Wassertanks eingesetzt. Das Pellets-Lager ist zweigeschossig und befindet sich in den Untergeschossen des Gebäudes an der Mühlebachstrasse.

Noch nicht entschieden ist, ob auch der elektrische Strom inhouse produziert werden soll. In Prüfung sind ein mit der Pelletheizung betriebener Stirlingmotor und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Falls man diese Massnahmen realisiert, würden die Häuser komplett autark funktionieren.

Die Lüftungsanlage funktioniert für die beiden Häuser separat, um einen möglichst einfachen Regelungsmechanismus zu erhalten. Die Luft wird mittels Erdsonden vorgewärmt oder gekühlt. Die Luftmenge kann je nach Wohnung oder Büroeinheit separat reguliert werden.

Die Überbauung zeigt, dass auch innerstädtische Bauten sehr ökologisch und energieeffizient erstellt werden können. Durch das Zusammenspiel der hochwertigen, energetisch und ökologisch optimierten Materialien und der ausgeklügelten Gebäudetechnik werden die Minergie-P Anforderungen gut erreicht, und die Zertifizierung nach den Eco-Kriterien wird explizit angestrebt. (Sigrun Rottensteiner, dipl.-ing. architektin tu, at; Mitarbeiterin Projektierung Anita Simeon, dipl. arch. ETH, Fachjournalistin)

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