Deutsche Regulierungswut: Ministerin wollte Paternoster verbieten
Die deutsche Arbeitsministerin Andrea Nahles ortete beim Paternoster – nicht beim Gebet, sondern beim Personenumlauf-Aufzug – Gefahr für das arbeitende Volk und wollte ihn per Gesetz praktisch verbieten. Nach heftigen Protesten hat sie nun aber wieder einen Rückzieher gemacht.
Quelle: gemeinfrei
Paternoster-Aufzug, Symbolbild
Seit kurzem ist in Deutschland ein merkwürdiges Verbot in Kraft: Arbeitnehmer dürfen den historischen Aufzug namens Paternoster (Personalumlauf-Aufzug) nicht mehr benutzen; es sei denn, der Arbeitgeber hat im Vorfeld dafür gesorgt, dass seine Arbeiter gründlich eingewiesen worden sind. Die Frankfurter Allgemeine berichtete darüber. Demnach stammt die entsprechende Verordnung – die sogenannte Betriebssicherheitsordnung – aus dem Haus von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Das Bundeskabinett hat eine Neufassung im Frühjahr beschlossen – und vielleicht vor lauter Paragrafen (immerhin umfasst das Papier 100 Seiten) gar nicht so genau gewusst, was es da eigentlich beschliesst. Wie auch immer: Seit 1. Juni ist in Sachen Paternoster Vorsicht geboten, wenn man nicht eine saftige Busse riskieren will.
„Überregulierung“
Es ist nicht sonderlich überraschend, dass die neue Vorschrift auf heftige Kritik gestossen ist. Zum Beispiel im Landtag von Schleswig-Holstein, der selbst über einen Paternoster verfügt. Die Regelung wurde als Symbol für Überregulierung kritisiert. Auch die Münchner Stadträtin Ulrike Boesser hat kein gutes Haar am Paternoster-Verbot gefunden. Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn wollte sich ebenfalls nicht mit der skurrilen Regelung abfinden. Immerhin würden die Aufzüge in seinem Rathaus von durchschnittlich 1800 Personen am Tag genutzt; überdies sei der Rathaus-Paternoster eine grosse Touristenattraktion.
Gefahrenschilder
Der Protest wurde gehört. Vor wenigen Tagen hat sich das Bundeskabinett mit einer Änderungsverordnung zu dieser Betriebssicherheitsverordnung befasst, schreibt die Frankfurter Allgemeine. Vorgelegt hat sie – auch sie hat die Kritik offenbar laut und deutlich gehört – Arbeitsministerin Andrea Nahles. Die Änderung verlagert die Verantwortung für die Sicherheit der Paternoster auf die einzelnen Betreiber. Diese sollen technische Vorkehrungen treffen oder über Gefahren aufklären, zum Beispiel mit Schildern. Wenn auch der Bundesrat keine Einwände erhebt, könnten die wieder gelockerten Regeln noch vor der Sommerpause in Kraft treten. (mt/pd)