Denkmalschutz: Bern hat „ausgemistet“
Die Denkmalpflege der Stadt Bern hat sein Bauinventar gestrafft. Siedlungen wie Wylergut, Schlossmatt oder Jolimontweg stehen künftig nicht mehr unter Schutz. Das überarbeitete Inventar wird heute veröffentlicht.
Von rund 20‘000 denkmalgeschützten Gebäuden in der Stadt Bern sind in Zukunft nur noch 5000 „erhaltenswert“ oder „schützenswert“. Wie es in einer Mitteilung des Gemeinderats heisst, ist das städtische Bauinventar aktualisiert und gestrafft worden. Der Entwurf ist ab heute öffentlich zugänglich. Im nächsten Schritt würden bis Ende Oktober fachlich begründete Eingaben von Fachverbänden und Privaten eingearbeitet. Danach wird das Werk an den Kanton weitergegeben, der es ebenfalls noch genehmigen muss.
Zu den Siedlungen, die in Zukunft nicht mehr geschützt sind, gehören das Wylergut, die Schlossmatt und der Jolimontweg. Vor allem bei den Bewohnern des Wylerguts dürfte dieser Entscheid für Erleichterung sorgen. Wie der Bund schreibt, hat es dort nämlich immer wieder Ärger gegeben. „Man kann von einem zerrütteten Verhältnis sprechen“, wird Siedlungsgenossenschaftspräsident Thomas Gees zitiert. Die Denkmalpflege mische sich zunehmend in Detailkram ein. Einen Wildwuchs erwartet er jetzt aber nicht. Denn in den Statuten der Genossenschaft stünde geschrieben, dass man Sorge zum Siedlungsbild tragen müsse. „Künftig wird die Eigenverantwortung mehr Gewicht erhalten.“
Das sieht auch Stadtpräsident Alexander Tschäppät so. In der Lockerung des Denkmalschutzes ortet der SP man aber auch „ein Verdichtungspotenzial“ – insbesondere dort, wo grössere Gebiete nun den Denkmalschutz verlieren sollen. Zu ihnen gehören die Schlossmatt und der Jolimontweg.
Dem Rotstift zum Opfer gefallen sind laut Bund primär Häuser, die als „erhaltenswert“ eingestuft sind. Es gibt aber auch Bauten aus der höheren Kategorie „schützenswert“. Angesetzt hat man vor allem bei Liegenschaften aus den 40er- und 50er-Jahren. Die Denkmalpflege hat sich mit der Reduktion offenbar schwer getan. „Sie tut weh“, sagt denn auch Denkmalpfleger Jean-Daniel Gross. Aber man habe die Zeichen erkannt. Denn auch der Grosse Rat hat sich letztes Jahr für eine Reduktion entschieden. Im ganzen Kanton sollen 11‘000 der 39‘000 geschützten Objekte den Status „schützenswert“ oder „erhaltenswert“ verlieren.
Was die städtischen Gebäude anbelangt, so waren bei der Überarbeitung des Inventars ausschliesslich fachliche Kriterien massgebend. Laut gross haben wirtschaftliche oder raumplanerische Aspekte keine Rolle gespielt. Denn im Fall von Rekursen sollen die Entscheide fachlich wenig angreifbar sein.
Im neuen Inventar finden sich aber auch Bauten, die neu aufgenommen worden sind – vornehmlich Gebäude zwischen den 60er- und 90er-Jahren. Zu ihnen gehören das Gymnasium Neufeld und das Merzenackerquartier im Osten der Bundeshauptstadt. (pd/mt)
Hier finden Sie das überarbeitete Inventar

Quelle: zvg
Neu im städtischen Bauinventar: das Gymnasium Neufeld.