Bewohnen statt verfallen lassen
Im Tessin dürfen über 11'000 Rustici ausserhalb der Bauzonen in Ferienhäuschen umgewandelt werden. Ermöglichen soll dies ein Nutzungsplan, den das Kantonsparlament mit einem klaren Mehr gutgeheissen hat.

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Rustici auf dem Monte Generoso.
Rechtskräftig ist die Vorlage allerdings noch nicht: Gegen den Entscheid kann beim kantonalen Verwaltungsgericht Einsprache erhoben werden. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesamt für Raumentwicklung (Are) von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird. Denn zwischen dem Bund und dem Kanton Tessin war es in der Vergangenheit wegen der Rustici-Frage immer wieder zu Spannungen gekommen: Der Bund stiess sich an der fehlenden Rechtsgrundlage für die Umnutzung von Rustici. Deswegen erhob das Are seit Januar 2009 systematisch Einsprache gegen jedes Gesuch für einen Rustico-Umbau. Damit wurde faktisch eine Rustici-Blockade ausgelöst.
Die vom Grossen Rat abgesegnete Vorlage anerkennt nun 12'600 Rustici ausserhalb der Bauzonen als schützenswert. Während davon über 11'000 in Ferienhäuschen umgewandelt werden dürfen, können 1500 nur für landwirtschaftliche Zwecke verwendet werden. Letzteres war im Parlament heftig kritisiert worden: So wies Cleto Ferrari (Lega) etwa darauf hin, dass die meisten dieser 1500 Gebäude heute zu Lagerzwecken verwendet würden. Dürfe man sie nicht umnutzen, sei niemand bereit, Geld in diese Objekte zu stecken. Darum drohe solchen Rustici, die sich oft in der Nähe von Dorfkernen befinden würden, der Verfall. Als kulturelle Tragödie bezeichnete der Präsident der Gemeinde Centovalli Giorgio Pellanda (FDP) diese Aussicht und warf den Bundesbehörden Arroganz vor: "Bern will die besondere Situation des Tessins nicht anerkennen."
Hingegen betonte Umweltdirektor Marco Borradori (Lega), dass in den vergangenen Jahren auch die Tessiner Fehler begangen hätten. Es bestehe die Gefahr, dass in den kommenden Jahren einige illegal umgebaute Rustici abgerissen werden müssten. Den Nutzungsplan bezeichnete er als Meilenstein: "Wir haben damit mehrere Schritte gemacht, um das Verhältnis zu Bern zu verbessern." Sollte der Bund jedoch sein Veto dagegen einlegen, "dann würde die Konfliktphase weiter andauern", befürchtet Borradori. (sda)