Ausstellungstipp: Basel mit Merians Augen
Kupferstecher und Verleger Matthäus Merian der Ältere (1593-1650) hat als erster nördlich der Alpen Stadtansichten geschaffen, die auf exakten Vermessung beruhen. Vor genau 400 Jahren übergab er dem Basler Rat seine grosse Vogelschau der Stadt Basel. Dank ihrer Detailgenauigkeit ist sie bis heute eine wichtige Quelle für Basels Stadt- und Baugeschichte. Das Museum Kleines Klingental hat ihr mit „Merian 1615-2015“ eine spannende Ausstellung gewidmet.
Matthäus Merians Stadtansicht vermittelte erstmals ein getreues Abbild des noch mittelalterlich geprägten Basel, das sich durch seine Stadtmauern scharf vom Umland abgrenzte. Es diente 1950 als Basis für ein 3D-Modell, das in der Ausstellung zu sehen ist so die grafischen Darstellungen Merians dreidimensional anreichert. Zudem kann es als Glücksfall bezeichnet werden, dass in derselben Zeit, als Merians Vogelschau entstand, der Basler Stadtarzt Felix Platter um 1610/11 mit seinen Stadtbeschreibungen eine Art Adressbuch der Stadt zusammengestellt hat, das sich als ergänzende Quelle zu Merians Stadtansichten nutzen lässt. Für Stadtgeschichte und Denkmalpflege ist der Merianplan eine Quelle erster Güte. Dies zeigen Untersuchungen der Archäologischen Bodenforschung und der Bauforschung bei der Denkmalpflege immer wieder aufs Neue. Auch für die Stadtplanung ist der Blick aus der Vogelperspektive nach wie vor unverzichtbar.
Mit der Entdeckung neuer Erdteile durch die Seefahrer des 15. Jahrhunderts wuchs der Bedarf an Karten. Gleichzeitig verfeinerten sich die Techniken exakter Aufnahme von Ländern und Städten. In Italien entstanden um 1500 die ersten Vogelschau-Stadtansichten auf kartographischer Grundlage, in welchen jedes einzelne Gebäude verzeichnet ist. Nördlich der Alpen besass die Handelsstadt Augsburg 1521 als erste einen vergleichbaren Plan. Merians Werk beruht auf einer Vermessung der Stadt, allerdings hat er diese nicht selbst durchgeführt. 1588 erhielt der Maler Hans Bock vom Rat 40 Gulden für die Anfertigung eines Stadtgrundrisses, der vermutlich auch von Merian als Grundlage verwendet wurde. Die ausgestellten Handzeichnungen Merians dokumentieren, wie der Künstler seine gebaute Umgebung wahrnahm und für die spätere Verwendung in der Vogelschau aufzeichnete.
Die Schau im Museum Klingental wirft ein Licht auf Merians Vorbilder und Arbeitsweise. Zudem zeigt sie, wie der Kupferstecher im 17. Jahrhundert auch die spätere Sicht auf die Stadt geprägt hat – bis hin zur modernen, georeferenzierten Vermessung. (mai/mgt)
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„Merian 1615-2015, Basel im Stadtportrait“ bis 10. April
Museum Kleines Klingental, Unterer Rheinweg 26, 4058 Basel
Öffnungszeiten: Mittwoch und Samstag 14 bis 17 Uhr / Sonntag 10 bis 17 Uhr
Internet: www.mkk.ch
Internettipp
Auf www.merian.bs.ch kann man sich auf eigene Faust durch das Basels Merians bewegen: Die einzelnen Gebäude auf dem Druck des 17. Jahrhunderts sind mit dem ersten Katasterplan Basels um 1870 und mit dem aktuellen Stadtplan verknüpft. Mit Klicks können Informationen zur Bau- und Besitzergeschichte abgerufen werden. (mai/mgt)