16:07 VERSCHIEDENES

Schweizer Flüsse können bis zu 3.5 Grad wärmer werden

Teaserbild-Quelle: Tiia Monto, CC BY-SA 3.0

Ohne Klimaschutzmassnahmen erwärmt sich das Wasser in den Schweizer Flüssen bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 3.5 Grad. Dies trifft im Besonderen auf Flüsse in den Alpen zu. Diesen Schluss zieht ein Team der Eawag und der Universität Basel in einer Studie.

Plessur beim Älplihorn

Quelle: Tiia Monto, CC BY-SA 3.0

Die Plessur beim Älplihorn. (Symbolbild)

Der Klimawandel macht sich in den Schweizer Gewässern bemerkbar: In den letzten Jahrzehnten ist ihre Temperatur kontinuierliche angestiegen, ebenso haben sich die Abflussmengen verändert. Das ist nicht nur ein Problem für wärmeempfindliche Wasserlebewesen, sondern auch für den Menschen und seine Nutzung der Flüsse. Welche Flüsse sich besonders stark erwärmen dürften und was dies für die Zukunft bedeutet, ist Gegenstand eines Forschungsprojektes Wasserforschungsinstituts Eawag und der Universität Basel, das vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) finanziert worden ist.

Daten von 82 Abflussmessstationen und drei Szenarien

Für seine Untersuchungen griff das das Team auf Daten der 82 vom Bafu betriebenen Abflussmessstationen zurück. Die Stationen respektive ihr Standort im Gewässer unterteilten sie in unterschiedliche Typen, die für Temperaturveränderungen ausschlaggebend sind: Unterstromig-See, Mittelland, Reguliert und Alpin. So werden zum Beispiel in alpinen Gewässern Abflussmenge und Temperatur teils stark von der Schnee- und Gletscherschmelze beeinflusst. Hingegen herrscht in von Quellen oder vielmehr Grundwasser gespeisten Flüssen nahezu konstante Gewässertemperatur. So konnte für jeden dieser Typen eine künftige Entwicklung individuell modelliert werden. In die Arbeit des Forschungsteams flossen auch Prognosen zur bodennahen Lufttemperatur zu den Abflussmengen mit ein. 

Die Modellierungen wurden jeweils für drei verschiedene Szenarien der weiteren Entwicklung des Klimawandels erstellt: ein Szenario mit Klimaschutzmassnahmen, eines mit moderaten und eines ohne. Modelliert wurde für jedes Szenario der Temperaturanstieg in den Gewässern in naher Zukunft respektive für die Jahre 2030 bis 2059 und in ferner Zukunft oder für die Jahre 2070 bis 2099, jeweils im Vergleich zum Referenzzeitraum 1990 bis 2019. Das Team kam zum Schluss, dass die Fliessgewässertemperatur umso stärker steigen werden, umso weniger Klimaschutzmassnahmen ergriffen werden. Allerdings verläuft die Entwicklung laut den Fachleuten nicht kontinuierlich: Während sich die Erwärmung im Szenario ohne Klimaschutzmassnahmen mit der Zeit beschleunigt, erreicht sie im Szenario mit Klimaschutzmassnahmen Mitte dieses Jahrhunderts ein Plateau.

Steigende Lufttemperatur wirkt sich alpine Gewässer aus

Ausserdem unterscheidet sich das Ausmass der Gewässererwärmung je nach Gewässertyp.  Am stärksten fällt sie laut dem Forschungsteam in alpinen Gewässern aus: Sie erwärmen sich ohne Klimaschutzmassnahmen bis zum Ende des Jahrhunderts um 3.5 Grad Celsius. Der Grund dafür liegt im Anstieg der Lufttemperaturen, der in diesen Gebieten ebenfalls am stärksten ausfällt. Beinahe ähnlich stark dürfte die Erwärmung in Flüssen unterhalb von Seen ausfallen: Hier nimmt die Wassertemperatur im Extremfall um 3.4 °C zu. Denn da das Wasser in den Seen länger verweilt, kann es sich dort stärker erwärmen – was sich dann auch in den Flüssen unterhalb von Seen bemerkbar macht. Bei Messstationen unterhalb von Quellen, wo das Gewässer stark vom Grundwasser beeinflusst wird, verändert sich die Temperatur hingegen kaum –  sie nimmt um gerade Mal 0.05 °C in naher und um 0.1 °C in ferner Zukunft zu.

Neben der Entwicklung der mittleren Gewässertemperaturen wurde für die Studie auch die Veränderung der Abflussmengen und der extremen Gewässertemperaturen in den Sommermonaten unter die Lupe genommen. Dabei zeigte sich, dass die Abflussmengen im Sommer um 10 bis 40 Prozent sinken. Dies wiederum verstärkt die jahreszeitbedingte Erwärmung der Flüsse noch mehr und führt zu langen Trockenperioden. Im Gegensatz dazu steigen die Abflussmengen im Winter 10 bis 30 Prozent an. Die Experten der Eawag und der Universität Bern kommen zum Schluss, dass bis zum Ende des Jahrhunderts in Flüssen unterhalb von Stauseen «extreme Temperaturereignisse» am stärksten zunehmen, gefolgt von den Flüssen im Mittelland.

Mit Grundwasser Temperatur der Flüsse regulieren

Die gewonnen Erkenntnisse können laut den Wissenschaftlern dazu beitragen, Massnahmen gezielt zu planen, zum Beispiel um wärmeempfindliche Fische wie die Bachforelle zu schützen. Geschehen kann dies etwa, in dem die Ufer beschattet, das Management von Stauseen angepasst oder ein Fluss renaturiert wird. 

Ausserdem schlagen sie vor, Grundwasser vermerht für die Temperaturregulierung zu nutzen: Indem man im Winter Flusswasser in das Grundwasser infiltriert und im Sommer umgekehrt Grundwasser in die Flüsse einspeist, erhöht man ausserdem in sommerlichen Trockenperioden den Abfluss. Daher sei die nachhaltige Bewirtschaftung des Grundwassers ein wesentlicher Bestandteil von Klimaanpassungsstrategien. (mai/mgt)

Auch interessant

Anzeige

Firmenprofile

Huber-Bautechnik AG

Finden Sie über die neuen Firmenprofile bequem und unkompliziert Kontakte zu Handwerkern und Herstellern.

Reports

construction-report

Die neuen Baublatt Reports

Neben dem Report Baublatt Project Categories (ehem. Baublatt Analyse), bieten wir ab sofort zwei weitere brandneue Reports als Zusatz. Erfahren Sie hier was Baublatt Top Players und Baublatt Regional Projects zu bieten haben – wie gewohnt digital, prägnant und graphisch auf den Punkt gebracht.

Dossier

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten
© James Sullivan, unsplash

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten

Dieses Dossier enthält die Artikel aus den letzten Baublatt-Ausgaben sowie Geschichten, die exklusiv auf baublatt.ch erscheinen. Dabei geht es unter anderem um die Baukonjunktur, neue Bauverfahren, Erkenntnisse aus der Forschung, aktuelle Bauprojekte oder um besonders interessante Baustellen.

Bauaufträge

Alle Bauaufträge

Newsletter abonnieren

newsico

Mit dem Baublatt-Newsletter erhalten Sie regelmässig relevante, unabhängige News zu aktuellen Themen der Baubranche.