Mikrobielle Symbiosen: Teamwork der Kleinstlebewesen in der ARA
Mikroorganismen sind ein unersetzlicher Helfer, der in Kläranlagen zahlreiche Schadstoffe abbaut. Kannten wir bisher vor allem frei lebende Bakterien innerhalb dieser Gemeinschaft, hat eine neue Studie nun mikrobielle Symbiosen untersucht. Und festgestellt, dass diese viel weiter verbreitet und aktiv sind als bisher angenommen.
Quelle: Linus Matz Zeller / Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
Der Endosymbiont Candidatus Azoamicus mariagerensis und sein Ciliatenwirt unter dem Fluoreszenzmikroskop. Zu sehen sind der Endosymbiont (gelb) und der Ciliat (violett). Der Zellkern des Ciliaten ist mit einem DNA-Farbstoff (blau) angefärbt.
Schadstoffe aus landwirtschaftlichen, industriellen und häuslichen Abwässern werden in unseren Kläranlagen unschädlich gemacht. Dafür verantwortlich ist eine Gemeinschaft von Bakterien, die in den ARAs haust und die schädlichen Substanzen vertilgt. Schon gut untersucht sind heute die freilebenden Bakterien, welche für diese Funktion verantwortlich sind. Bisher kaum bekannt waren mikrobielle Symbiosen: Bakterien, die in einer Lebensgemeinschaft mit andere Mikroorganismen existieren.
Diese wurden vor ein paar Jahren von einem Forschungsteam vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie entdeckt. Sie bilden seltsame winzige Partnerschaften: Bakterien, die symbiontisch zusammenleben mit Ciliaten – das sind einzellige Lebewesen, die überall dort vorkommen, wo es Wasser gibt. Die Symbionten versorgen ihre Wirte, also die Ciliaten, mit Energie, eine ähnliche Struktur wie die Mitochondrien die als Mini-Kraftwerke unsere eigenen Zellen mit Energie versorgen.
Weit verbreitet im Abwasser-Mikrobiom
Durch die Analyse von Daten aus Kläranlagen auf der ganzen Welt identifizierten die Forschenden 14 neue Arten dieser endosymbiotischen Bakterien, die also viel weiter verbreitet und aktiver sind als bisher angenommen. Sie helfen einerseits den Bakterien, Nitrat aus dem Abwasser zu entfernen. Gleichzeitig unterstützen sie ihre Wirte bei der Energiegewinnung, indem sie schädliche Nitrate in Stickstoffgas umwandeln. Die Forschenden fanden solche Symbiosen in bis zur Hälfte aller untersuchten Kläranlagen. Sie sind also vermutlich ein wichtiger, aber bislang übersehener Teil des Ökosystems.
Eine Art der Symbiose sticht dabei negativ hervor: «Candidatus Azoamicus parvus» kann nicht nur keinen Sauerstoff veratmen, sondern ist auch nicht in der Lage, Lachgas (N₂O), weiter abzubauen, sondern setzt setzt dieses starke Treibhausgas in das umgebende Wasser frei, das 300 Mal stärker als CO₂ das Klima schädigt. Die Studie unterstreicht, wie wichtig es ist, die an den Klärprozessen beteiligten Mikroorganismen besser zu verstehen. Sie könnten der Schlüssel zur Verbesserung der Abwasserbehandlung und zur Verringerung ihrer Umweltauswirkungen sein. (bk)