Ausflugstipp: Auf dem Velo Industriegeschichte erfahren
Es muss nicht immer ein Museum sein. Wissenswertes über die frühe Industrialisierung und ihre Baukultur lässt sich auch vom Velosattel aus erfahren. Der Industrie-Veloweg in Winterthur machts möglich.

Quelle: Peter Weiss
Die landesweit einzige noch bestehende Fabrik ihrer Art: die Schweizerische Nagelfabrik produziert im Winterthurer Quartier Grüze schon seit 1895.
Rauchende Schlote und dunkle Fabrikhallen unweit der Altstadt - sie prägten das Antlitz und Image Winterthur als Arbeiterstadt bis in den 1980er-Jahren. Konzerne wie Sulzer und Rieter sind noch heute weit über die Eulachstadt hinaus ein Begriff. Zu ihren Wurzeln und auf weitere Spuren der Schweizer Wirtschaftsgeschichte führt der Industrie-Veloweg in Winterthur. Der 22,3 Kilometer lange Parcours startet am Bahnhof der Stadt.

Quelle: Peter Weiss
Ein Ort in Bewegung: das Sulzer-Areal Stadtmitte mit dem Programmkino Cameo (von links), dem Musik-Club Kraftfeld und dem Skills Park. Im Hintergrund sind die Bauprofil-Stangen für das Holzhochhaus Rocket zu sehen.
Dort lässt sich unter der Woche ein Velo mieten. Und an der Tourist-Info im Bahnhofsinneren liegt ein Faltblatt aus. Dieses enthält neben einem Routenplan Kurzbeschreibungen zu den wichtigsten der 20 Stationen auf dem Industrie-Veloweg. Aufschlussreich ist zudem ein kurzer Abriss der Geschichte. Darin steht zu lesen, dass die Entwicklung zur Industriestadt erst durch das Ende der Zürcher Herrschaft möglich wurde. 1798 fielen die Regeln und Vorschriften, welche die Ratsherren an der Limmat dem Winterthurer Gewerbe auferlegt hatten.
Industrie mit vielen Facetten
Das erwies sich als regelrechte Initialzündung. Zahlreiche Unternehmen entstanden. Und 1802 nahm mit der Spinnerei Hard in Wülflingen die erste Fabrik der Schweiz den Betrieb auf. Der imposante Gebäudekomplex, der seit 1986 diversen Gewerbebetrieben und rund 120 Menschen der Gemeinschaft Hard ein Zuhause bietet, ist die letzte Station. Die erste Etappe auf dem Industrie-Veloweg, der als Veloland-Route Nummer 205 des Netzwerks Schweiz Mobil durchgängig signalisiert ist, führt vom Bahnhof zum Lokdepot an dessen nordöstlichem Ende.
Weiter geht es via das weitläufige Areal der Brauerei Haldengut zur Reismühle in Hegi. Sie wurde 1429 erstmals erwähnt. Das beschauliche Mühlengebäude im dörflichen Quartier und das dazugehörige Fachwerkhaus für die Müllers-Familie stellen geographisch wie baulich einen Extrempunkt dar. Wenig später führt die Route über die 1,2 Kilometer lange Sulzer-Allee, vorbei an Wohn-Grossüberbauungen, alten Werkshallen und neueren Gewerbegebäuden auf beiden Strassenseiten. Auf der nächsten Informationstafel erfährt man, dass das gesamte soeben passierte Gebiet einst zum 1907 eröffneten Sulzer-Zweigwerk in Neuhegi gehörte.
Mehr Zeit einplanen
Auf den weiteren Infotafeln lässt sich vieles mehr erfahren, auch zu den damaligen Lebenswelten. Denn neben Werksgebäuden bilden auch Unternehmer-Villen und Siedlungen der Arbeiterfamilien Stationen des Industrie-Velowegs. Dieser ist auch für Untrainierte leicht zu bewältigen. Die einzigen Minuspunkte: Manche Infotafeln sind kaum aufzuspüren. Wer sie findet und nur schon ihre Texte liest, wird die Tour nicht in den angegebenen zwei Stunden absolvieren können. Um auch nur ein wenig in Winterthurs Industriekultur einzutauchen, sollte man mindestens drei Stunden einrechnen.

Quelle: Peter Weiss
Gilt als die erste Fabrik der Schweiz: die mechanische Spinnerei Hard am Rande des Quartiers Wülflingen. MIt ihrer Inbetriebnahme im Jahr 1802 ersetzte sie mehr als 8000 Spinnräder.
Weiterführende Links
Schweiz Mobil:
schweizmobil.ch/de/veloland/route-205
Industrie-Veloweg Winterhur:
winterthur.com