14:06 BAUBRANCHE

Windkraft-Initiativen stossen beim Bundesrat auf wenig Gegenliebe

Teaserbild-Quelle: Simon Landmann, Unsplash

Die Waldschutz- und die Gemeindeschutzinitiative fallen beim Bundesrat durch. Er lehnt die beiden Volksbegehren, die den Ausbau der Windkraft zum Schutz der Wälder und der Gemeinden einschränken wollen, ohne Gegenvorschlag ab. Deren Kernanliegen seien bereits erfüllt.

Windräder im Wald

Quelle: Simon Landmann, Unsplash

Der Bundesrat lehnt die Waldschutz- und die Gemeindeschutzinitiative ab. (Symbolbild)

Der Verein für Naturschutz und Demokratie hatte für die beiden Initiativen jeweils mehr als 100'000 Unterschriften gesammelt, wie die Bundeskanzlei Ende September bestätigte.

Die Initiative «Gegen die Zerstörung unserer Wälder durch Windturbinen» (Waldschutz-Initiative) richtet sich gegen das Bauen von Windparks in Wäldern. Demnach soll in der Bundesverfassung festgehalten werden, dass im Wald und im Abstand von 150 Metern zu Wald und Waldweiden keine Windkraftanlagen gebaut werden dürfen. Solche Anlagen müssten zudem abgebrochen werden, wenn sie nach dem 1. Mai 2024 erstellt wurden.

Die Initiative «Für den Schutz der direkten Demokratie bei Windparks» (Gemeindeschutz-Initiative) fordert derweil, dass alle Einwohner von Gemeinden sowie Nachbargemeinden, die vom Bau von Windturbinen betroffen sind, demokratisch über ein solches Projekt abstimmen können. Anlagen, die nach dem 1. Mai 2024 erstellt wurden, bedürften der nachträglichen Zustimmung durch die Stimmberechtigten.

Schwächung der Versorgungssicherheit befürchtet

Mit den beiden Volksbegehren haben die Initianten unter anderem den Beschleunigungserlass im Visier, den das Parlament zum Ende der Herbstsession unter Dach und Fach brachte. Eine Annahme der Initiativen würde den Ausbau der Windenergie in der Schweiz laut dem Bundesrat denn auch stark einschränken.

Da Strom aus Windenergie zu zwei Dritteln im Winterhalbjahr produziert wird, würde damit ein «Pfeiler der Versorgungssicherheit im Winter» wegbrechen. Dieser müsste dann mit anderen Produktionstechnologien oder Importen kompensiert werden, schreibt der Bundesrat weiter.

Die inländische Stromproduktion müsse aber ausgebaut werden, so die Landesregierung. Denn der Stromverbrauch werde in den nächsten Jahren durch die Dekarbonisierung zugunsten des Netto-Null-Ziels bis 2050, die zunehmende Digitalisierung und das Bevölkerungswachstum stark ansteigen.

Das Energiegesetz enthalte die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren inländischen Stromproduktion. Die Versorgungssicherheit im Winter soll gemäss Stromversorgungsgesetz durch Speicherwasserkraftwerke sowie Solar- und Windkraftanlagen von nationalem Interesse gestärkt werden. Dabei verwies der Bundesrat auch auf die Bestätigung seitens der Bevölkerung durch die Annahme des Stromgesetzes in der Volksabstimmung vom Juni 2024.

Eingriff in Kompetenz der Kantone

Der vom Parlament im September verabschiedete Beschleunigungserlass sieht denn auch ein konzentriertes Plangenehmigungsverfahren für den Bau von Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse vor. Dabei müssen die Standortgemeinden explizit zustimmen, wenn das kantonale Recht nichts anderes vorsieht.

Die Stellung der Gemeinden werde deshalb durch den Beschleunigungserlass gestärkt. Das Kernanliegen der Gemeindeschutz-Initiative sei somit bereits erfüllt, teilte der Bundesrat mit.

Ein Veto-Recht der Standortgemeinde und betroffenen Gemeinden in der Verfassung wäre aus seiner Sicht «ein weitgehender Eingriff in die verfassungsmässige Kompetenz der Kantone zur Regelung von Bau- und Planungsfragen sowie in die entsprechende Gesetzgebung der Kantone». Denn in den allermeisten Kantonen benötigten Windenergieprojekte bereits heute eine kommunale Nutzungsplanung und damit auch die Zustimmung der jeweiligen Standortgemeinde.

Ausnahmen sind die Kantone Luzern, St. Gallen, Schaffhausen, Neuenburg und Jura, wo die Planungs- und Bewilligungsverfahren für Windenergieprojekte kantonal geregelt sind. Im Kanton Zürich wird eine entsprechende Änderung des kantonalen Energiegesetzes diskutiert.

Abstandsklausel käme Technologieverbot nahe

Auch die Schutzinteressen des Waldes sieht die Landesregierung in der aktuellen Gesetzgebung bereits angemessen berücksichtigt: Windenergieanlagen von nationalem Interesse gelten laut Waldgesetz grundsätzlich als standortgebunden – und dürfen mit einer Rodungsbewilligung im Wald gebaut werden.

Die bundesrechtlichen Vorschriften im Waldgesetz, im Natur- und Heimatschutzgesetz und im Umweltschutzgesetz müssen dabei vollumfänglich eingehalten werden. Die Kantone legen gemäss Energiegesetz in ihren Richtplänen für die Nutzung der Windkraft geeignete Gebiete fest und müssen dabei die verschiedenen Schutzinteressen – wie zum Beispiel Biotope, Walderhaltung oder Landwirtschaft – berücksichtigen.

Ein Grossteil der von den Kantonen in den vergangenen Jahren ausgeschiedenen Windenergiegebiete befänden sich derweil zumindest in Waldnähe. Von der Waldschutz-Initiative betroffen wären mindestens hundert Projekte mit je drei bis neun Anlagen und fünf Projekte mit je 12 bis 19 Anlagen, rechnet der Bundesrat vor.

Die von der Initiative geforderten Abstände von 150 Metern beträfen somit fast die Hälfte der Landesfläche der Schweiz. Dies würde den Spielraum für die Kantone, geeignete Standorte festzulegen, drastisch einschränken.

Die Abstandsklausel von 150 Metern käme damit einem Technologieverbot nahe - und verletze auch die verfassungsmässige Vorgabe nach einer breit gefächerten Energieversorgung. 75 Prozent aller bereits weit fortgeschrittenen Projekte wären laut dem Bundesrat davon betroffen.

Die Botschaften zu den beiden Initiativen erwartet die Landesregierung für Mai 2026. (sda)

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