Parlament macht im Kampf gegen Staus Milliarden locker
Im Kampf gegen die vielen Staus auf den Autobahnen sind die Eidgenössischen Räte bereit, viel Geld auszugeben. Statt wie vom Bundesrat beantragt 4,4 Milliarden wollen sie für Ausbauprojekte 5,3 Milliarden Franken freigeben.
Quelle: Astra / a1-bern-nord.ch
Blick auf die Grauholz-Autobahn der A1 bei Bern. Zwischen Wankdorf und Schönbühl gibt es Pläne für den Bau einer zusätzlichen Spur pro Fahrtrichtung.
Der Ständerat hat am Mittwoch den Entscheid des Nationalrats gestützt, in den Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen auch einen Ausbau der A1 am Genfersee auf sechs Spuren aufzunehmen. Dies zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD. Das kostet rund 900 Millionen Franken.
Allerdings setzt der Ständerat dafür die Bedingung, dass der Bundesrat für dieses Projekt bis Ende Jahr das generelle Projekt genehmigt. Laut Verkehrsminister Albert Rösti wird das der Fall sein: Der Bundesrat entscheide bei einem Ja der beiden Räte zu diesem Projekt im Oktober, sagte er im Rat.
Bei den anderen Bestandteilen des Ausbauschritts geht es um den Ausbau der A1 zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl BE auf acht und zwischen Schönbühl und Kirchberg BE auf sechs Spuren. Dazu kommt der Bau einer dritten Röhre des Rosenbergtunnels der A1 bei St. Gallen und eine zweite Röhre des Fäsenstaubtunnel der A4 in Schaffhausen.
Auch soll die A2-Osttangente im Raum Basel mit einem neuen Rheintunnel zwischen Bisfelden BL und Kleinhüningen BS nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet werden.
Mazzone: «Verkehr ist wie Gas»
Die Befürworter des Strassenausbaus sagten etwa, nur drei Prozent der Strassen in der Schweiz seien Autobahnen. Doch auf ihnen wickelten sich 50 Prozent des motorisierten Individualverkehrs ab. Es lohne sich also, dort zu investieren – auch zum Schutz des untergeordneten Strassennetzes.
Gemäss Prognosen würde es ohne Ausbau langfristig auf fast 170 Kilometern des Nationalstrassennetzes jeden Tag stundenlange Staus oder stockenden Verkehr geben, sagte der Bundesrat im Vorfeld. Es brauche einen Ausbau von Strasse und Schiene, sagte Rösti im Rat.
Die Gegner sagten, angesichts des Klimawandels seien Strassenausbauten zu hinterfragen. Verkehr sei wie Gas, sagte die grüne Genfer Ständerätin Lisa Mazzone: Es habe die Fähigkeit, die ihm zur Verfügung gestellten Räume zu füllen. Das geschehe auch mit dem Verkehr, wenn man ihm Flächen zur Verfügung stelle.
Eine links-grüne Minderheit im Ständerat beantragte am Mittwoch, auf den Ausbau der Autobahn im Kanton Bern zu verzichten. Das seien reine Kapazitätsausbauten. Sie hatte aber keine Chance.
Weil der Ständerat zum Ausbau der A1 im Genferseegebiet eine Bedingung formulierte, geht die Vorlage zur Differenzbereinigung zurück in den Nationalrat. Die Organisation «Umverkehr» kündigte unmittelbar nach dem Entscheid des Ständerats das Referendum gegen den Bundesbeschluss an.
8,8 Milliarden für den Betrieb
Der Ständerat genehmigte am Dienstag insgesamt drei weitere Bundesbeschlüsse zu Nationalstrassen. Dazu gehört auch ein Zahlungsrahmen für den Betrieb, den Unterhalt und Anpassungen dieser Strassen in den Jahren 2024 bis 2027. 8,8 Milliarden gab die kleine Kammer unter diesem Titel frei. Der Nationalrat stimmte diesen drei Beschlüssen im Mai zu.
Der Ständerat genehmigte auch den Bundesbeschluss über die Verpflichtungskredite ab 2024 für die Beiträge an Massnahmen im Rahmen des Programms Agglomerationsverkehr. Es geht um 1,6 Milliarden für Infrastrukturprojekte im Bereich des öffentlichen Verkehrs, des motorisierten Individualverkehrs sowie für den Velo- und Fussverkehr.
Gegen Strassentunnel im Tessin
Knapp lehnte der Ständerat die Aufnahme des Strassentunnels Moscia-Acapulco bei Ascona TI in das Programm ab. Der Nationalrat hatte es im Mai aufgenommen. Es gehe nicht, ein solches Projekt ausserhalb des ordentlichen Verfahrens über den parlamentarischen Weg ins Agglomerationsprogramm aufzunehmen, findet die Mehrheit der kleinen Kammer.
Wegen dieser Differenz geht auch dieser Bundesbeschluss nochmals zurück in die grosse Kammer. Ein Antrag einer rot-grünen Minderheit, auf den Abzug von fünf Prozent vom Bundesbeitrag zu verzichten in Fällen, in denen Massnahmen aus früheren Programmen ungenügend umgesetzt worden sind, fand keine Mehrheit. (sda)