Beim Ausbau der Wasserkraft gibt es laut dem Bund viele Hürden
Viel theoretisches Potenzial, aber ebenso viele Hindernisse für die Realisierung: Die Betreiber von grossen Wasserkraftwerken stehen dem Ausbau ihrer Anlagen skeptisch gegenüber. Das zeigt ein neuer Bericht des Bundes.

Quelle: Micha L. Rieser
Blick auf die Stauanlage Zervreila: Laut einem Bericht des Bundes gibt es beim Ausbau von grossen Wasserkraftwerken noch viele Hindernisse.
Im Auftrag des Nationalrats führte das Bundesamt für Energie (BFE) zusammen mit dem Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband eine Umfrage bei den Kraftwerksbetreibern und den Kantonen durch. 82 der 190 Grosswasserkraftwerke mit einer installierten Leistung von mindestens 10 Megawatt nahmen daran teil.
Abgefragt wurden Angaben zur Anlage, zu bereits durchgeführten sowie zu möglichen künftigen Erneuerungen und Erweiterungen. Neben dem energetischen Potenzial der Massnahmen lieferten die Betreiber auch Angaben zu den Investitionskosten sowie eine Einschätzung zur Wirtschaftlichkeit und Realisierungswahrscheinlichkeit.
«Erhebliches» Ausbaupotenzial bei 64 Kraftwerken
Die Umfrageergebnisse zeigten gemäss einer Mitteilung von Freitag ein «erhebliches» Potenzial für Erneuerungen und Erweiterungen bei 61 Kraftwerken. Das Gesamtpotenzial belaufe sich auf eine Jahresproduktion von 1351 Gigawattstunden (GWh) – das entspreche dem jährlichen Strombedarf von rund 270’000 durchschnittlichen Haushalten in der Schweiz.
Der allergrösste Teil davon entfällt gemäss Mitteilung mit 1254 GWh auf Erweiterungen wie Staumauererhöhungen, die Fassung neuer Zuflüsse oder die Erhöhung der Ausbauwassermenge und der Leistung. Massnahmen mit Erneuerungen bergen dagegen ein Potenzial von «lediglich» 97 GWh pro Jahr.
Vom Gesamtpotenzial könnten nach Angaben der Betreiber jedoch nur knapp zwei Prozent ohne Förderung realisiert werden. Dabei handelt es sich um Massnahmen, die zum Erhalt der Betriebsfähigkeit ohnehin gemacht werden müssen, wie den Ersatz von Turbinen und Generatoren oder Dotierwassernutzungen.
792 GWh pro Jahr seien nach Einschätzung der Betreiber aufgrund der erwarteten Markterlöse «nicht rentabel». Sie könnten aber dank den heute bestehenden Förderinstrumenten realisiert werden. Weitere 430 GWh pro Jahr könnten nur mit einem Ausbau der Förderung oder bei besseren Marktbedingungen realisiert werden.
Einsprachen und fehlende Rentabilität als Hindernisse
Gemäss den Umfrageergebnissen gibt es zudem weitere Hindernisse für den Ausbau der Grosswasserkraft. So nannten die Betreiber Unsicherheiten in Zusammenhang mit dem Auslaufen der Konzessionen, umweltrechtliche Themen wie Restwassermengen, Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen und Schutzgebiete von nationalem Interesse, aber auch Beschwerden und Einsprachen sowie die fehlende Rentabilität.
Der Bericht plädiert indirekt dafür, die Förderung der Wasserkraft auszubauen oder die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das Parlament berät derzeit eine entsprechende Vorlage, den sogenannten Beschleunigungserlass. Dieser ist jedoch umstritten – insbesondere wegen der geplanten Abschwächung des Verbandsbeschwerderechts. (pb/mgt/sda)