Bautätigkeit Flughafenregion Zürich: In steilem Steigflug
Die Flughafenregion erreicht nach der Delle im letzten Jahr bei den Bauinvestitionen wieder die ihr angemessene Flughöhe. Der Wohnbau kann beim dynamischem Bevölkerungswachstum die Nachfrage grösstenteils befriedigen, während die öffentliche Hand im Nachgang in Gebäude für die Gesundheitsversorgung und für Bildungsreinrichtungen investieren muss. Die Industrie legt nach.

Quelle: Gebietsentwicklung Flugplatz Dübendorf / Filippo Bolognese Images
In Dübendorf ist neben dem Innovationspark auf elf Hektaren auch ein Natur- und Erholungspark geplant, der Erinnerungen an die ursprüngliche Riedlandschaft in diesem Gebiet weckt.
Anstatt in die Luft dürfte es auf dem Areal des Flughafens
Zürich bald in die Tiefen des Erdreichs gehen. Denn in den Bodenschichten
befindet sich eine ausgedehnte Eiszeitrinne. Geplant ist, ein Bohrloch bis auf
330 Meter abzuteufen. In dieser Tiefe besteht die Rinne aus einer
wasserführenden Schotterschicht, wie seismische Messungen und Sondierbohrungen
ergeben haben. Die glaziologisch gestaltete Formation bietet gute
Voraussetzungen für die Nutzung als Wärme- und Kältespeicher. Die Flughafen
Zürich AG schätzt die Investitionskosten für die Erforschung und den Brunnenbau
auf vier bis acht Millionen Franken, wobei die Höhe der Investitionen auch von
der Zahl realisierter Brunnen abhängt. Mit den Bauten will die Flughafenbetreiberin
bis 2040 ihr Klimaziel von Netto-Null erreichen.
Das Projekt für mehr Nachhaltigkeit dürfte die Flughafen
Zürich AG locker finanzieren können. Denn die Ertragskraft ermöglicht es dem
Unternehmen, konstant hohe Investitionen zu tätigen. Insgesamt wurden laut
einer Mitteilung des Unternehmens im letzten Berichtsjahr 571 Millionen Franken
in Sachanlagen und Projekte investiert (2023: 438 Mio.), davon 293 Millionen
Franken am Standort Zürich. Im Geschäftsjahr 2024 betrug das Konzernergebnis
327 Millionen Franken. Der Ertrag belief sich auf 1,326 Milliarden Franken, was
gegenüber dem Vorjahr einem Plus von sieben Prozent entsprach. Das
Immobiliengeschäft habe sich auch 2024 positiv entwickelt und bleibe ein
stabiler und wichtiger Pfeiler für die Wertschöpfung.
Wohnbauprojekt mit Anschluss in Kloten
Der Wohnbau befindet sich nach der Delle im Vorjahr wieder auf Wachstumskurs. Insbesondere das Segment Mehrfamilienhäuser konnte kräftig zulegen (+ 69,5 %) und bei den geplanten Investitionen ein überdurchschnittliches Ergebnis einfahren. Gesamthaft belief sich der auf Basis von Gesuchen ermittelte Wert geplanter Mehrfamilienhäuser auf 654,1 Millionen Franken, wie Zahlen der Infopro Digital Schweiz GmbH zeigen. Fast die Hälfte der Investitionen in mehrstöckige Wohngebäude entfällt auf die Städte Kloten und Wallisellen.
In beiden Gemeinden dürften Wohnungen auf eine rege Nachfrage stossen. Denn Kloten zählte 2024 ein Viertel mehr Einwohnerinnen und Einwohner als noch 2011, wie aus der Bevölkerungsstatistik des Kantons hervorgeht. Und in den letzten drei Jahren verlief die Bevölkerungsentwicklung noch dynamischer, was auch die Leerwohnungsziffer auf 0,53 Prozent drückte vergleichen mit 0,82 Prozent im Jahr 2021. Das Grossprojekt auf dem Areal Lirenächer direkt beim Bahnhof Kloten dürfte das Wohnangebot wieder erhöhen. Die geplante Überbauung für 70,5 Millionen Franken umfasst neben Gewerbeflächen auch 122 Wohneinheiten.

Quelle: Infopro Digital Schweiz GmbH

Quelle: DHPA Architekten, Winterthur
Direkt am Bahnhof Kloten ist laut dem privaten Gestaltungsplan «Lirenächer» ein Neubau vorgesehen mit Gewerbe- und Dienstleistungsflächen im Sockelbereich sowie 122 Wohneinheiten in den Obergeschossen.
Trio von Wohntürmen in Wallisellen
In der Stadt Wallisellen wiederum, in der heute 15 Prozent mehr Personen ansässig sind als noch 2011, hat sich das Wachstum abgeschwächt. Geplant ist, in der Stadt bis 2028 drei Türme hochzuziehen mit insgesamt 203 Wohnungen. Nach einer Wachstumsphase nahm die Bevölkerungszahl zwar noch zu, doch danach war die Entwicklung starken Schwankungen unterworfen. Zudem schnellte die Leerwohnungsziffer 2023 auf 3,53 Prozent hoch und verharrte im letzten Jahr auch auf diesem Niveau.
Gegenläufig ist die Entwicklung in Dübendorf. Die Stadt zählte letztes Jahr 23,6 Prozent mehr Einwohnerinnen und Einwohner als 2011. Allein im letzten Jahr erhöhte sich laut der Kantonsstatistik die Zahl der Stadtbewohner um 3,27 Prozent. Die Summe für geplante Mehrfamilienhäuser ging dagegen um 41,7 Prozent auf den tiefsten Wert der letzten Dekade zurück. Gleichzeitig fiel in der Gemeinde die Summe baubewilligter Projekte auf den tiefsten Wert der letzten zehn Jahre. Als Folge dürfte sich das Angebot an verfügbaren Wohnungen weiter verkleinern, zumal die Leerwohnungsziffer in Dübendorf in den letzten Jahren von 1,37 auf 0,93 Prozent zurückgegangen war.
Opfikon und Dietlikon gegenläufig
In Opfikon hat sich dagegen die geplante Summe für Wohnbauprojekte erhöht. Die mittlerweile drittgrösste Stadt der Flughafenregion ist seit 2011 bevölkerungsmässig um ein Viertel gewachsen. Doch 2024 war das Wachstum gering, was zu einem höheren Angebot an verfügbaren Wohnungen geführt haben dürfte. Entsprechend ist die Leerwohnungsziffer von 0,59 auf 1,18 Prozent angestiegen. Der Mietwohnungsmarkt dürfte sich in Opfikon daher vorerst etwas entschärfen, da hohe Investitionen in Neu- oder Umbauten von Mehrfamilienhäusern in Planung sind.
In Dietlikon wird sich die Wohnbautätigkeit dagegen abschwächen. Denn sowohl die auf Basis von Gesuchen ermittelte Summe für den Bau von Mietwohnungen als auch die geplanten Investitionen bereits baubewilligter Mehrfamilienhäuser war rückläufig. Seit Jahren weist die Gemeinde sehr tiefe Leerwohnungsziffern auf. Allerdings ist Dietlikon auch der Ort mit dem geringsten Bevölkerungswachstum der Flughafenregion. Letztes Jahr war der Nettosaldo von Zu- und Abwanderung negativ wie bereits 2022. Daher dürfte sich in der Stadt das Wohnungsangebot vorerst nicht verknappen.

Quelle: zvg
Damit die Gesundheitsversorgung mit der Bevölkerungszunahme im Zürcher Unterland Schritt halten kann, wird in Bülach das Spital mit vier Teilprojekten erweitert und erneuert.
In Bülach schwächt sich Bevölkerungswachstum ab
Beim Bevölkerungswachstum von einer besonderen Dynamik geprägt war Bülach. Rund 30 Prozent ist die Stadt seit 2011 gewachsen. Doch 2024 hat sich in der hinter Dübendorf zweitgrössten Stadt der Flughafenregion der Zuzug von Personen abgeschwächt. Gleichwohl sind Wohnungen nach wie vor knapp, was sich bereits in den letzten Jahren abzeichnete. 2024 ist die Leerwohnungsziffer auf 0,58 Prozent gesunken, verglichen mit 1,01 Prozent im Jahr 2022. Entlastung bei der Wohnungssituation dürften Neubauten bringen. Denn die geplanten Investitionen in Mehrfamilienhäuser bewegen sich auf dem Niveau der Vorjahre. Ein Grossprojekt ist sogar schon baubewilligt.
Erst der Wohnbau – dann Schulen und Spitäler
Nach dem dynamischen Wachstum der Bevölkerung ist es an der öffentlichen Hand, die medizinische Versorgung zu gewährleisten sowie die Gebäudeinfrastruktur für Bildung bereitzustellen. Denn das Bevölkerungswachstum dürfte im Zürcher Unterland weitergehen, zudem auch die Flughafenregion als funktionaler Wirtschaftsraum gehört. Laut Prognosen wird im Zürcher Unterland die Bevölkerungszunahme bis 2032 rund 13 Prozent betragen.
In Bülach betrifft ein Gesuch die Erneuerung des Behandlungstrakts «D» des Spitals. Rund 118 Millionen Franken wird die Spital Bülach AG in das baubewilligte Grossprojekt investieren. Zudem ist in der Gemeinde für 27,4 Millionen Franken die Erweiterung eines Alterszentrums vorgesehen.
Der Ausbau im Bildungsbereich betrifft die Sanierung einer Schule für 39,6 Millionen sowie den Neubau und das Provisorium von Schulanlagen für rund 26 Millionen Franken. Den Ausbau der Bildungsinfrastruktur planen auch zwei andere Grossgemeinden. In Opfikon umfasst ein Gesuch die Sanierung und Teilerweiterung einer Schulanlage für 42,6 Millionen, und in Dübendorf sind zwei neue Schulgebäude für 88 Millionen Franken geplant.

Quelle: Infopro Digital Schweiz GmbH
Industrie hält Schub bei Investitionen aufrecht
Die Investitionen von Industrie und Gewerbe in der Flughafenregion blieben überdurchschnittlich, trotz des Rückgangs, der auch auf den hohen Bezugswert im Vorjahr zurückzuführen ist. Obwohl weniger Grossprojekte lanciert wurden als im Jahr davor, ist die Investitionsbereitschaft nach wie vor hoch. In Bülach plant die Specogna Liegenschaften AG den Bau eines Industriegebäudes für 22,6 Millionen Franken. Und in Wallisellen will die Sonepar Suisse AG für 18,55 Millionen Franken ein Zentrallager errichten.
Ein Logistikcenter mit Lagerhalle für 13 Millionen Franken will die Hug Baustoffe AG in Volketswil hochziehen. In der Gemeinde ist ebenfalls der Neubau einer Energiezentrale vorgesehen. Das Unternehmen «Energie 360°» will 13 Millionen Franken investieren, um die Abwärme eines Datacenters einer Nutzung zuzuführen. Ebenfalls in Volketswil plant die Bereuter Holding AG auf dem Kieswerkareal für 10 Millionen Franken einen Ersatzneubau. In Kloten wiederum bauen die industriellen Betriebe der Stadt eine neue Energiezentrale für rund sieben Millionen Franken. Für die Projekte liegen die Baubewilligungen bereits vor.
Neue Werkhalle für Triebwerkwartung
Weil das Segment im letzten Jahr auch ein Grossprojekt umfasste, fiel der Rückgang der Bausumme gesamthaft entsprechend übermässig aus. Der Fünfjahresdurchschnitt wurde gleichwohl deutlich übertroffen. Einen zweistelligen Millionenbetrag investierte die SR Technics am Standort Kloten in eine neue Werkhalle und eine zweite Testzelle, in denen künftig die Triebwerke des Herstellers Pratt & Whitney gewartet und getestet werden.
Beim Bürobau gingen die geplanten Investitionen nach Jahren mit hoher Volatilität 2024 weiter zurück auf einen Tiefstwert in der Zeitreihe über zehn Jahre. Einen positiven Akzent im Segment Handel & Verwaltung wird die Necron Trade Center AG setzen, die für ein neues Handels-Depot in Rümlang neun Millionen Franken aufwerfen will.

Quelle: Infopro Digital Schweiz GmbH
Segment Gastgewerbe schenkt noch nicht ein
Der Schweizer Tourismus blieb letztes Jahr auf Wachstumskurs. Hotels konnten hierzulande eine Rekordzahl an Logiernächten verbuchen, wobei vor allem die Nachfrage ausländischer Gäste wieder gestiegen ist. Auch die Region Zürich konnte laut Zahlen des Bundesamts für Statistik so viele Logiernächte wie nie zuvor ausweisen. Bereits in den Vorjahren konnte die wichtigste Tourismusregion der Schweiz von Jahr zu Jahr die Zahl der Hotelbuchungen steigern, was eigentlich den Schluss nahelegen würde, dass das Hotel- und Gastgewerbe nach den Einbrüchen während der Pandemie definitiv wieder an frühere Erfolge anknüpfen kann.
Doch das Baugewerbe dürfte vorerst nicht von der potenziell besseren Ertragskraft der Hotelbetriebe profitieren können. Denn die Summe geplanter Bauprojekte in diesem Segment fiel gesamthaft auf einen tiefen und einen weit unterdurchschnittlichen Wert zusammen. Den Einbruch teilweise kompensieren dürfte die Entwicklung im Segment «Gesellschaft, Kultur und Freizeit», das letztes Jahr schweizweit hohe Zuwachsraten verzeichnete. Der grösste Anteil der Investitionen in der Flughafenregion wird zudem in ein Projekt in Kloten fliessen.
Sonderausgabe zur Flughafenregion Zürich
Die FRZ Flughafenregion Zürich veröffentlicht am 30. Mai 2025 gemeinsam mit dem Baublatt eine Sonderausgabe. In Fachbeiträgen werden unter anderem laufende oder geplante Projekte vorgestellt und die aktuelle Situation der Region beleuchtet. Alle Beiträge des Hefts werden in unserem Dossier «Die Flughafenregion Zürich im Fokus» gesammelt.