Kolumne zum Donnerstag: Zeit für Wünsche
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Regina Gorza, Geschäftsführerin von Baukader Schweiz, mit den Sorgen und Anliegen der Poliere.

Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
Wenn sich das Jahr langsam dem Ende zuneigt und Weihnachten
naht, ist es spätestens Zeit für das Mitarbeitergespräch. Zeit für die
Arbeitgeber, Danke zu sagen und ihre Anerkennung für das Geleistete
auszudrücken. Vor allem aber auch Zeit ihren Mitarbeitenden zuzuhören, ihre
Anliegen aufzunehmen und über eine allfällige Veränderung der
Arbeitsbedingungen zu sprechen.
Die befürchtete Corona-Krise ist in der Bauwirtschaft ausgeblieben. Zum Glück. Die Auftragsbücher sind gefüllt, es herrscht Vollbeschäftigung und entsprechend viel Arbeit gibt es. Gefragt sind einmal mehr die Baukader als Schlüsselpersonen auf dem Bau. Sie wirken als Verbindungspersonen zwischen dem Baustellenpersonal, den Auftraggebern und den Planern.
Im Herbst 2021 hat der Schweizerische Baumeisterverband eine
landesweite Umfrage lanciert, um die grössten Sorgen und Anliegen der Poliere
aus allen Landesteilen abzuholen. 563 Poliere haben daran teilgenommen. Die
Ergebnisse sollten die Arbeitgeber aufhorchen lassen. 92 Prozent der Befragten
geben an, dass sie unter zu hohem Zeitdruck stehen.
Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von
ungenügender Planung im Vorfeld bis zu einem intensiven Preisdruck, aufgrund
dessen ein Bauprojekt in kurzer Zeit mit wenig Personal zu realisieren ist. Der
Termindruck steigt dadurch zunehmend. Weiter geben die Studienteilnehmer an,
dass sie häufig mit ungenügend qualifizierten Leuten an vor- oder
nachgelagerten Stellen (Stufe Bauführer, Maurer, Strassenbauer EFZ)
zusammenarbeiten müssen. Die Qualität des Bauwerks muss aber trotzdem stimmen.
Jeder fünfte Polier würde laut Umfrage gerne sein
Arbeitspensum auf 80 Prozent reduzieren. Ein Wunsch der in der heutigen Zeit,
da es vielfältige Familienmodelle gibt, absolut verständlich ist. 60 Prozent
aller Poliere möchten zudem ihren Berufsalltag flexibler gestalten.
Gute Poliere sind heute gesucht. Dass der Baubranche ein
Fachkräftemangel droht, ist nichts Neues. Entsprechend sind Politik und
Baumeisterverband daran, mit dem Masterplan 2030 die Grundlagen für die
Ausbildung und die Prüfung der Baupoliere – wie für die Bauvorarbeiter und
Bauführer – zu modernisieren und an die aktuellen Anforderungen in der
Baustellenrealität anzupassen. Das ist gut so. Wichtig ist aber auch, den
Polieren Sorge zu tragen, die heute bereits im Berufsleben stehen. Hier gilt es
zu vermeiden, dass sie aufgrund des steigenden Drucks ausbrennen oder gar
frustriert den Beruf wechseln.
Das Jahresgespräch mit den Mitarbeitenden bietet Raum, genau
solche Dinge anzusprechen. Baumeister, die heute bereits überlegen, wie sie auf
die Bedürfnisse ihrer Poliere besser eingehen, haben gute Karten, ihre guten
Baupoliere zu halten und als attraktiver Arbeitgeber zu gelten. Die gewünschte
Flexibilität ist vermutlich nicht immer möglich. Die Lösungsansätze sollten die
Arbeitgeber mit ihren Baukadern entwickeln.
Auch an Weihnachten gehen nicht alle Wünsche in Erfüllung.
Aber es ist definitiv die richtige Zeit, um Wünsche anzumelden und sich solche
als Arbeitgeber auch anzuhören.